Kinder merken schnell, wenn sie nicht in die Norm passen
Die Kinder, die sich für Spielzeug oder Kleidung entscheiden, das nicht ihrem biologischen Geschlecht entspricht, merken laut der Autorin schnell, dass diese Wahl nicht in die Normen der Erwachsenen passt. "Gendermarketing zieht einen Graben zwischen Kinder und produziert Unterschiede, wo Kinder keine machen würden."
Ein Beispiel dafür sei ein grundsätzlicher Gegenpol, den schon Dreijährige verinnerlicht hätten: Jungs müssten cool und Mädchen schön sein. "Während Jungen häufiger Komplimente bekommen für ihr Handeln, erleben Mädchen häufiger, dass ihr Aussehen bewertet wird. Spielzeug spiegelt diesen unterschiedlichen Umgang mit Kindern wider", betont die Expertin.
Jungen bekämen häufiger Spielzeug, das sich für draußen eignet und zur Bewegung einlädt, Mädchen dagegen mehr Spielzeug, das mit Haushalt und Schönheit zu tun hat. "Und diese binäre Trennung durch die Erwachsenen beginnt in einem Alter, in dem Kinder selbst noch gar keine Wünsche äußern."
Langfristige Folgen
Besonders fatal seien auch die langfristigen Folgen dieser Einteilung. "Es ist ja kein Zufall, dass der Fachkräftemangel in Deutschland in genau den Berufen am größten ist, in denen die Geschlechtertrennung am stärksten ist und Klischees am stärksten wirken: Handwerk, MINT und Pflege", sagt Schnerring.
Auch Bildungsforscherin Holzberger weist darauf hin, dass naturwissenschaftliche Studiengänge und Jobs nach wie vor großteils männlich besetzt sind. Der soziale Bereich hingegen sei eher weiblich besetzt. Diese Aufteilung benachteilige Frauen stärker als Männer: Sogenannte Frauenberufe seien oftmals weniger angesehen und schlechter bezahlt.
Wie kann man mit den Stereotypen brechen?
Doch was könnte gegen diese limitierenden Rollenbilder getan werden? Schnerring zufolge sollten sich zum einen Eltern und pädagogische Fachkräfte häufiger mit Kommentaren oder Bewertungen zurückhalten, wenn etwas passiert, das nicht den eigenen Erwartungen entspricht - wenn beispielsweise der Junge gerne mit einer Puppe spielen möchte.
Zum anderen brauche es Menschen, die widersprechen, wenn andere über untypische Entscheidungen urteilen und Witze machen. "Vor allem dann, wenn ein Kind es hört".
Holzberger zufolge sollten Eltern, Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte mit Spielzeugklischees aufräumen und dafür ausgebildet werden. Das könne dazu beitragen, dass mehr Frauen besser bezahlte Karrierewege einschlagen und sich insgesamt Berufe von Rollenklischees lösen.
Zwar sei geschlechterspezifisches Spielzeug nicht allein für Rollenklischees im beruflichen Kontext verantwortlich, aber es verstärke diese Geschlechterstereotype, meint Holzberger. "Gleichzeitig steckt in Spielzeug somit auch das Potenzial, schon den Kleinsten in unserer Gesellschaft zu zeigen, dass ihnen viele Möglichkeiten und auch Karrierewege offenstehen."