Weißenstadt will Kurwald Weißenstadt schickt Gäste in den Wald

Prävention und Entspannung: Die Stadt beteiligt sich an einem Projekt des Heilbäder-Verbands. Es geht um die gesundheitsfördernde Wirkung des Waldes.

 
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Weißenstadt - Was jeder weiß, wird jetzt amtlich: Wald tut der Gesundheit gut. Vor zwei Jahren hat der Bayerische Heilbäder-Verband sein Projekt „Wald und Gesundheit“ in 15 Heilbädern und Kurorten gestartet. Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München begleitet das Thema wissenschaftlich. Noch in diesem Jahr soll ein Waldstück bei Weißenstadt offiziell als Kurwald ausgewiesen werden.

Mehr als Waldbaden

Waldbaden, Shinrin-Yoku, gilt in Japan als Medizin, und der Trend, mit allen Sinnen zwischen Bäumen abzutauchen, ist seit einiger Zeit auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Doch das Projekt des Heilbäderverbands will mehr. „Es geht uns nicht darum, ein bisschen in den Wald zu gehen und Bäume zu umarmen“, sagt der Weißenstädter Bürgermeister Frank Dreyer. Weißenstadt und die anderen Kurorte und Heilbäder – im Fichtelgebirge sind das außerdem Bad Alexandersbad, Bad Berneck und Bischofsgrün sowie im Stiftland Neualbenreuth – wollen ein Waldgesundheitstraining anbieten, das als Heilverfahren künftig auch staatlich anerkannt ist. Zu diesem Zweck wurden und werden Waldgesundheitstrainer und -Therapeuten ausgebildet und individuelle Präventions, Therapie- und Rehabilitationsangebote entwickelt. Wissenschaftlich unterfüttert wird das Angebot durch Professor Angela Schuh vom Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung der LMU. So sollen auf wissenschaftlich fundierter Basis den Gästen qualitativ hochwertige Gesundheitsangebote gemacht werden.

Kleine Lichtung versteckt im Wald

Die Stadt Weißenstadt hat ein Waldstück am Fuße des Rudolfsteins – das künftig als „Kurwald“ ausgewiesen werden soll – aufgewertet. „Wir haben einen Rundweg angelegt, der an drei Ruheplätzen vorbeiführt“, sagt Natalie Zimmermann, Projektleiterin und stellvertretende Vorsitzende des gKU Kurortentwicklung. Am ersten Platz laden ein Brunnen, Bänke und eine Holzliege an einem kleinen Weiher zum Verweilen ein. „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, den Menschen die Natur wieder nahezubringen“, sagt sie. Dazu bietet Natalie Zimmermann schon seit einiger Zeit Waldgesundheitstraining an. Es geht dabei auch darum, alle fünf Sinne anzusprechen, den Forst neu zu erfahren, runterzukommen. „Das Training stärkt das Herz-Kreislauf-System. Es dient der Prävention, es entspannt und reduziert Stress.“ Natalie Zimmermann weiß auch, dass viele Menschen eine Anleitung brauchen, mal einen Gang runterzuschalten. „Vielen fällt es ja schon schwer, nicht schnell zu laufen.“ Auch das ist eine Übung, zu der die Waldgesundheitstrainerin rät. „Bewusst auftreten. Mal mit der Ferse zuerst, dann mal mit den Zehen.“ Langsam gehen, den Boden unter den Füßen spüren, gern auch barfuß: dazu dient der Rundweg. Der führt vorbei an einer kleinen Lichtung, die, sobald es wieder grünt und blüht, hinter kleinen Bäumen versteckt ist und für verschiedene Übungen genutzt werden kann.

Ein kleiner Trampelpfad führt tiefer in den Wald, vorbei an der Quelle, von der aus 72 Metern Tiefe das radonhaltige Wasser in die Therme fließt. Spuren im lockeren Waldboden verraten, dass auch Rehe auf dem Pfad unterwegs sind. Einen weiteren Ruheplatz zieren Granitfindlinge, die wie ein Stonehenge im Kleinen in mehreren Kreisen platziert wurden. „Ein idealer Platz für Yoga oder Gymnastik“, findet Natalie Zimmermann. Rund drei Stunden dauert ein Waldgesundheitstraining, das verschiedene Entspannungsübungen mit Bewegung und Wahrnehmung in Achtsamkeit verbindet. „Das ist natürlich auch für unsere Gäste ein sehr interessantes Thema“, sagt Raik Eilert, Direktor des Kurzentrums Weißenstadt.

Überraschungen am Wegesrand

Bei der Festlegung der Ruheplätze hat Gartenbauer Peter Hertel die Geomantie zurate gezogen und unter anderem auf das Erdmagnetfeld geachtet. „Das hat Auswirkungen auf das Wohlfühlverhalten“, sagt Hertel, der da und dort noch kleine Überraschungen entlang des Rundwegs versteckt hat. „Aber die wollen entdeckt werden.“ Für Natalie Zimmermann ist in dem Zusammenhang wichtig, dass zwar Ruheplätze geschaffen wurden und der Weg hergerichtet wurde, „aber wir haben keinen Park gestaltet“. Der Wald bleibt, wie er war. „Es ist ein Naturraum, da ist nicht alles perfekt.“

Vorreiter in Sachen Heil- und Kurwälder war Mecklenburg-Vorpommern. Das Bundesland hat bereits 2017 den ersten Heilwald ausgewiesen – im Ostseebad Heringsdorf auf Usedom. Zwei Jahre später hat Bayern nachgezogen. An der LMU werden die Kriterien für Heil- und Kurwälder erarbeitet. Grundsätzlich muss ein gesundheitsfördernder Wald ein spezielles Waldinnenklima und Biodiversität in Flora und Fauna bieten. Die Wälder sollten ruhig gelegen, aber dennoch leicht zu erreichen sein.

„Wir erwarten jetzt die Zertifizierung als Kurwald, streben aber auch einen Heilwald an“, sagt Gesundheitstrainerin Natalie Zimmermann. „Dafür müssen aber noch weitere Kriterien erfüllt werden.“ Der Heilwald ist durch das Einbeziehen des lokale Naturheilmittels – im Falle von Weißenstadt ist das Radon – spezifisch auf die Therapien des jeweiligen Ortes ausgerichtet.

ILE Gesundes Fichtelgebirge
In der ILE „Gesundes Fichtelgebirge“ (Integrierten Ländlichen Entwicklung) haben sich die vier Kurorte des Fichtelgebirges zusammengeschlossen. Im Fokus steht die Zusammenarbeit in Sachen Gesundheitstourismus, aber auch die Innenentwicklung der Orte. In Weißenstadt seien unter anderem die Arbeiten am Kurwald durch das Regionalbudget der ILE gefördert worden, sagt ILE-Umsetzungsbegleiterin Theresia Pöschl. Das Regionalbudget fördere kommunale als auch private Maßnahmen.

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