Doch die Zeiten für Luxus-Reedereien wurden härter
Im alltäglichen Miteinander an Bord übte sich der junge Franke in mancherlei Sprachen. Menschen vieler Nationalitäten sind an Bord eines solchen Schiffes im Einsatz. „Wir haben hart gearbeitet, aber auch gemeinsam gefeiert“, erinnert er sich. Seine erste Weltreise führte ihn ans Nordkap und über Kap Horn nach Miami. Das Versprechen, Weihnachten in Hof mit der Mutter zu feiern, hielt er. Anfang März 1988 flog er nach Sydney und stieg auf der „Royal Viking Star“ ein, die nach Tokio fuhr.
Auch auf der Jungfernfahrt der „Royal Viking Sun“ durch die Karibik – mit Schiffstaufe in San Francisco - war er dabei: „Es war eine umwerfende Fahrt“, schwärmt Schaefer und erinnert sich an illustre Gäste wie Prinzessin Anne, die Schauspieler Joan Collins, Liz Taylor und James Stewart. „Da gab der Herr Konditor Schaefer sich natürlich mächtig viel Mühe mit seinen großen und kleinen Köstlichkeiten für die Royals und Stars.“ Wahre Wunder habe man oft vollbracht, um die Passagiere zufrieden zu stimmen. „Mein Einsatz für den Weltfrieden.“ So manche Persönlichkeit lief ihm an Bord über den Weg. Er drückte Heinz Rühmann die Hand und lernte den französischen Starkoch Paul Bocuse kennen.
Doch die Zeiten für Luxus-Reedereien wurden härter. Mehr Passagiere mussten auf die Schiffe, weshalb diese größer wurden. Als Pastry-Chef hatte Schaefer alle Hände voll zu tun, musste aus den verfügbaren Zutaten das Beste bereiten. Klassische Torten und Konfekt beherrschte er aus dem Effeff, nur das Zuckerziehen – das Anfertigen von Figuren aus Zuckermasse - mochte er nicht. Er bevorzugte Schokolade für seine Kreationen. Zwischen zwei Schiffstouren legte er einen Zwischenstopp in Hongkong ein, wo er als Produktionsleiter für Schokolade in einer Schokoladenmanufaktur arbeitete.
Auf sechs Weltreisen hat Ulrich Schaefer viel gesehen und so manches Abenteuer erlebt, etwa bei Sturmfahrten oder wenn einmal ein anderes Schiff zu nahe kam. Die schönsten Gegenden dieser Erde hat er auf Filmen festgehalten. Seine Lieblingsstadt ist San Francisco, das er noch im vollen Hippie-Flair kennenlernte. Auch die Karibik hat es ihm angetan. Von überall hat er Rezepte und so manchen guten Wein mit nach Hause gebracht. Befragt nach den wichtigsten Eigenschaften für einen solchen Job an Bord nennt er Lernfähigkeit, Durchhaltevermögen, Toleranz und Stressresistenz.
Auf einer Tour durch die Ostsee lernten sich Uli Schaefer und Valentina Nikolaijewna Chitko kennen. Sie sei, so erzählt Valentina, zu allererst von Ulis Pralinen begeistert gewesen. Da Pärchen an Bord nicht gern gesehen wurden, hielten beide ihre Beziehung lange geheim. Am 21. Oktober 1995 führte Uli Schaefer seine Valentina schließlich in der Hofer Lutherkirche zum Traualtar. „Es war eine schöne Hochzeit“, schwärmen heute beide noch.
Seemannsschule in Odessa, Ausbildung als Restaurantfachfrau
Valentina hat zwölf Weltreisen hinter sich. „Schon als Jugendliche, als ich noch zu Hause, nahe dem Schwarzen Meer lebte, packte mich das Fernweh“, erzählt sie. Zielstrebig ging sie ans Werk, lernte Englisch und Buchführung, besuchte die Seemannsschule in Odessa, absolvierte eine Ausbildung als Restaurantfachfrau. 1986 ging sie als 26-Jährige zum ersten Mal in Odessa an Bord der „Maxim Gorki“. Auf dem sowjetischen Kreuzfahrtschiff arbeitete sie zwölf Jahre lang als Servicekraft. „Meine Eltern waren stolz auf mich und mein Privileg, die Sowjetunion verlassen zu dürfen“, erinnert sie sich. Sogar „große Geschichte“ hat sie miterlebt: 1989 trafen sich US-Präsident Bush und ZK-Generalsekretär Michail Gorbatschow an Bord der „Maxim Gorki“. Es ging um den Fall der Berliner Mauer und die Beendigung des Kalten Krieges.
Valentina haben es vor allem die Eismeere angetan. An ihrer Liebe zur Seefahrt änderte sich auch nichts, als ihr Schiff einmal einen Eisberg rammte und die Mannschaft alle Hände voll zu tun hatte, die Passagiere zu den Rettungsbooten zu geleiten. Alle wurden gerettet. Von dem Unglück besitzt Valentina heute noch eine Videokassette.
2002 erlitt Schaefer an Bord der „Seven Seas“ einen Schlaganfall. In St. Petersburg lag er drei Wochen im Krankenhaus. 2009 hatte er noch einmal einen Job als Bäckeraushilfe auf einem japanischen Passagierschiff – dann war es endgültig aus mit der Seefahrt. In den letzten Jahren hat der Konditor seine süßen Kreationen in so manchen Hotels und Cafés in Fremdenverkehrsorten, vor allem in Österreich, kredenzt. Das Saisongeschäft ging vor Corona gut. Was die Zukunft bringt – man wird sehen!
Dass wegen der Pandemie auch das Singen im Hofer Shantychor ausfallen muss, passt Uli Schaefer gar nicht. Doch Zeit, sich zu erinnern, haben beide jetzt genug. Sie haben ihr Haus in Schwarzenbach am Wald auf Vordermann gebracht. Schaefer hofft, nach Ende des Corona-Lockdowns Mitte Dezember wieder in einem Hotel im österreichischen Vorarlberg arbeiten zu können. Der Vertrag ist längst unterschrieben. „Es wird eine kurze Saison sein – wenn’s überhaupt klappt.“ Auch dem nächsten Royal-Viking-Treffen mit Bekannten aus allen Ecken der Welt sieht Uli Schaefer sehnsuchtsvoll entgegen. „Auf dem Schiff hatte Uli oft Sehnsucht nach zu Hause, hier hat der Sehnsucht nach der Welt“, sagt Valentina und lächelt.
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