In Deutschland sind dieses Jahr deutlich mehr Menschen an Masern erkrankt als in den vergangenen Jahren.
Bis vor wenigen Jahren schien es, als ob die Masern ausgerottet werden könnten. Doch das gefährliche Virus ist wieder auf dem Vormarsch. Eine Impfung bietet hohen Schutz und ist für bestimmte Menschen in Deutschland sogar Pflicht. Warum die Fälle dieses Jahr trotzdem steigen.
In Deutschland sind dieses Jahr deutlich mehr Menschen an Masern erkrankt als in den vergangenen Jahren.
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Bis Donnerstag (26. September) wurden rund 550 Fälle an das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin übermittelt. Die überwiegende Mehrheit der Infizierten sei ungeimpft gewesen.
Zum Vergleich: 2023 waren es insgesamt nur 79 Fälle, 2022 wurden 15 Fälle übermittelt.
Allerdings gab es in früheren Jahren auch schon deutlich mehr Fälle: So wurden 2015 rund 2470 Erkrankungen registriert, 2013 waren es rund 1770.
Die Infizierten waren dieses Jahr zwischen 0 und 75 Jahre alt, heißt es seitens des RKI. Insbesondere seien Kinder in den ersten beiden Lebensjahren betroffen. Todesfälle seien bislang keine bekannt.
Bis vor etwa einem halben Jahrhundert waren Masern in fast der gesamten Welt verbreitet, die Zahl der Krankheitsfälle war also relativ gleichbleibend hoch. Mit der Einführung der Masern-Impfung – in den 1960er und 1970er Jahre in der westlichen Welt und seit 2000 in vielen Entwicklungsländern – war die Zahl der Erkrankungen erheblich gesunken.
Noch 1980 starben 2,6 Millionen Menschen an der Viruskrankheit, 2011 waren es weniger als 90 000. Zwischenzeitlich schien sogar die Ausrottung der Masern möglich. Heute ist dieses Ziel in weite Ferne gerückt.
Ein Grund: In vielen europäischen Ländern liege der Anteil geimpfter Kinder heute unter 95 Prozent – die Rate, die für nötig erachtet wird, um eine Ausbreitung der Viren in einer Gruppe zu stoppen. Das liegt zum einen an der wachsenden Zahl von Menschen, die Impfungen für überflüssig oder sogar gesundheitsschädlich hielten. Zum anderen führten Kriege oder Flüchtlingsbewegungen dazu, dass Kinder nicht wie vorhergesehen geimpft werden.
Die Erkrankung, die vor allem bei Kindern auftritt, ruft neben den typischen roten Hautflecken (Masern-Exanthem) Fieber und einen erheblich geschwächten Allgemeinzustand hervor. Zudem können Lungen- und Hirnentzündungen auftreten.
Masern-Viren sind hoch ansteckend. So verbreitet sich das Virus von der Luftröhre aus. Vom typischen Masern-Husten werden die winzigen Partikel in die Umgebung geschleudert und von den Umstehenden eingeatmet. Mit Hilfe eines bestimmten Rezeptors infizieren die Viren die Zellen in den Atemwegen. Diese virusbeladenen Zellen wandern über die Lymphknoten in die Organe, wo sie sich vermehren.
Die aktuelle Ausbreitung der Masern ist häufig auf infizierte Einreisende aus dem Ausland zurückzuführen, die in Deutschland weitere Menschen anstecken, wie das RKI erklärt. Dieses Jahr treffe das auf knapp 15 Prozent der Fälle zu.
In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) für alle Kinder zwei Impfstoffdosen: die erste im Alter von 11 bis 14 Monaten, die zweite im Alter von 15 bis 23 Monaten.
„Masern ist eine Erkrankung, die bis auf sehr wenige Ausnahmen mit einer Impfung komplett verhindert werden kann“, betont der Leiter der Infektiologie der Berliner Charité, Leif Erik Sander. Trotzdem stiegen derzeit in vielen Ländern die Fallzahlen. „Es ist kein deutsches Phänomen, es ist ein weltweiter Trend.“
Von einem großen Ausbruchsgeschehen könne man in Deutschland derzeit noch nicht sprechen. In Rumänien sehe es etwa mit bislang rund 18 000 Fällen viel schlimmer aus.
Eine einzelne Ursache gibt es für den Anstieg in Deutschland nicht, wie Sander mitteilt, der Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie ist:
Es könnte zum einen damit zusammenhängen, dass die Immunität in der Bevölkerung leicht gesunken sei, weil viele durch die Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie kaum in Kontakt mit Krankheitserregern gekommen seien.
Zum anderen zeigten Studien, dass die Impfbereitschaft nachgelassen habe. „Es reicht schon, wenn ein paar weniger Leute sich impfen lassen, damit es zu Ausbrüchen kommt.“
Seit 2020 ist es in Kitas und Schulen vor der Neuaufnahme für mindestens ein Jahr alte Kinder Pflicht, eine Masernimpfung vorzuweisen. Nach RKI-Angaben erfolgt die Masernimpfung bei vielen Kindern aber zu spät oder nicht vollständig. Nur knapp 81 Prozent der Kinder, die 2019 geboren wurden, hatten im Alter von zwei Jahren beide Impfungen erhalten.