Wertvoller Helfer Hightech-Einsatz unter Wasser

Faszinierende und hochpräzise Technik, die in der neuen Drohne steckt, erklären (von links) Gruppenführer Thore Bleyl und Kreisvorsitzender Jannik Ramming Landrat Klaus Peter Söllner und Wasserwacht-Bezirksvorsitzendem Hans-Jürgen Seeg. Im Hintergrund technischer Leiter Andre Huber. Foto: BRK/Wasserwacht

Die Kulmbacher Wasserwacht nimmt die erste Unterwasser-Drohne in Oberfranken in Betrieb. Das Gerät leistet wertvolle Hilfe, wenn es um die Suche nach vermissten Personen geht.

 
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Die Erinnerungen sind längst nicht verblasst. Keiner von den Rettungskräften der Wasserwacht im Landkreis Kulmbach hat die schlimmen Bilder der Einsätze vergessen. Drei Menschen, eine junge Studentin und einen Vater mit seiner vierjährigen Tochter, mussten die Kräfte 2018 und 2020 tot aus dem Trebgaster Badesee bergen. Es gab noch weitere solcher Einsätze, an der Kieswäsch in Kulmbach zum Beispiel. Bei der Suche nach den Vermissten konnten die Retter bislang nur auf Sonar und Taucher setzen. Ehrenamtliche Taucher, die in meist trübem Wasser in der Gewissheit, nach einem toten Menschen zu suchen, großen psychischen Belastungen ausgesetzt sind. Jetzt steht für solche Einsätze eine hochmoderne Unterwasserdrohne zur Verfügung. 30.000 Euro hat sich der Wasserwacht-Kreisverband dieses Gerät samt Sonar kosten lassen. Es ist das erste seiner Art in ganz Oberfranken, das nächste ist in Mittelfranken stationiert.

Psychische Entlastung: Jannik Ramming, Kulmbacher Kreisvorsitzender der Wasserwacht, erklärt den ferngesteuerten Roboter, der mit viel mehr ausgestattet ist als einer Kamera. Das Gerät hat einen Greifer. Bis zu 90 Kilogramm Gewicht kann er halten. Mit einer 150 Meter langen Sicherungsleine kann damit im Zweifel sogar ein Körper an Land gezogen werden. „Nach den Ereignissen 20118 und 2020 haben wir nach einer Möglichkeit gesucht, wie wir schneller werden können und wie wir unsere Einsatzkräfte psychisch entlasten können.“ Jannik Ramming berichtet von dem Rettungstaucher, der vor zwei Jahren das kleine Mädchen aus dem See geholt hat. Der Mann war ganz kurz zuvor selbst Vater geworden. „Das war eine Katastrophe.“

Rettungstaucher lernen lang: Mit Hilfe der Drohne können die Helfer beim Suchen entlastet werden. Man kennt die genaue Position, kann sich vorbereiten und wird nicht mehr überrascht. Zudem ist die Drohne wesentlich länger einsatzbereit als ein Taucher, der von der Pressluftflasche auf seinem Rücken abhängig und dessen erlaubte maximale Tauchzeit begrenzt ist. Und noch ein Problem müssen alle sehen, die Rettungstaucheinsätze zu organisieren haben: die Ausbildung eines Rettungstauchers dauert lang: Zweieinhalb Jahre. Dreimal 160 Stunden müssen absolviert werden. „All das hat uns bewogen, uns digital zu orientieren“, macht Ramming deutlich und sagt zudem, dass die Wasserwacht mit diesem Hightech-Gerät sicherlich auch für junge Leute interessanter wird. Nachwuchs wird immer gebraucht. Die Drohne sieht der selbst noch junge Kreisvorsitzende als gutes Mittel, neue Kräfte zu gewinnen.

Erleichterung erwartet: In sieben Orten im Landkreis Kulmbach, Himmelkron, Kulmbach, Mainleus, Marktschorgast, Stadtsteinach, Thurnau und Trebgast, hat die Wasserwacht eigene Ortsgruppen. „Ohne unsere Wasserwacht hätten wir ein Problem“, sagt der Kulmbacher Landrat und BRK-Kreisvorsitzende Klaus Peter Söllner. Er war dabei, als die Unterwasserdrohne jetzt in Betrieb genommen wurde. Was von den Ehrenamtlichen und unzähligen Stunden geleistet wird, sei alles andere als selbstverständlich. Deshalb sei es gerechtfertigt gewesen, dieses teure, aber sehr nützliche Einsatzgerät zu beschaffen. Stundenlang tauchen zu müssen, um Klarheit zu schaffen und ertrunkene Menschen zu bergen, sei sehr belastend für die Kräfte. Die Drohne werde nun vieles bei den schweren Einsätzen erleichtern.

Einsatz in ganz Oberfranken: Die Drohne kann flächendeckend in ganz Oberfranken angefordert werden, betont Wasserwacht-Bezirksvorsitzender Hans-Jürgen Seeg. „Tauchzeit ist endlich, der Taucher muss irgendwann raus. Die Drohne läuft über Stunden am Stück. Wir haben nicht unendlich viele Taucher.“ … begrüßt es ausdrücklich, dass der Kulmbacher Kreisverband nun für diese technische Unterstützung Geld in die Hand genommen hat.

Zielsicher führen: Thorsten Schott aus Kulmbach ist Rettungstaucher. Er kennt die Belastungen eines Tauchers, der mit wenig Sicht unter Wasser nach einem menschlichen Körper suchen muss. „Solange man in diesem dunklen Loch sitzt, nicht weiß, was vorne und hinten ist, geht der Adrenalinspiegel schon ziemlich in die Höhe.“ Sonar zum Finden, die Drohne zum Lokalisieren, vielleicht sogar Bergen, das erleichtere viel. Selbst wenn das Gerät nicht bergen kann, sei es hilfreich: „Es kann den Taucher so zu der Person führen, dass er bei einer Sicht von zehn Zentimetern dem Opfer nicht unvermittelt in die Augen schaut.“ Diesen Schrecken, den niemand vergisst, der das schon einmal erlebt hat, könne die Drohne nehmen. Das sei eine große Erleichterung.

Psychologische Hilfe: Trotzdem brauchen die Kräfte, die zu solchen Einsätzen ausrücken müssen, psychologische Unterstützung. Psychosoziale Nachsorge werde gerade aufgebaut, informiert Schott. Für Betroffene gebe es das schon. Schott weiß, wie das für Angehörige ist, die am Ufer stehen und hoffen und bangen. Furchtbare Situationen seien das. Aber oft genug leiden auch diejenigen, die nach den Ertrunkenen suchen und sie an Land bringen müssen. Da werde auch schon im Vorfeld Unterstützung und Schulung benötigt. „Angst rausnehmen und hinterher die Last“, darum gehe es bei diesem Konzept.

Große Anspannung: Hans-Jürgen Sack ist der stellvertretende Kreisvorsitzende der Wasserwacht. Er war selbst Rettungstaucher und ist jetzt Bootsführer. Bei beiden Einsätzen am Trebgaster Badesee war er dabei, auch im vergangenen Jahr hat er das Boot gesteuert, als am Oberauhof eine Frau tot geborgen werden musste. Die Drohne sei immens wichtig. Von der Alarmierung bis zum Start des Einsatzes vergeht eine gewisse Zeit. Sack denkt vor allem an die Angehörigen, die in fast allen Fällen zum Unglücksort eilen. „Sicherlich haben es diese Menschen schon im Kopf, dass möglicherweise eine Rettung nicht mehr möglich ist.“ Die Anspannung sei immens. Jede Minute sei entlastend. „Die Leute wollen Gewissheit haben.“

Helfer vorbereiten: Rettungstaucher und alle anderen Einsatzkräfte der Wasserwacht wissen: Wenn sie gerufen werden, um nach einem in einem Gewässer vermissten Menschen zu suchen, dann geht es leider in vielen Fällen nicht mehr um Rettung, sondern um die Bergung eines Toten. Trotzdem, sagt Hans-Jürgen Sack: „Der Tod wird erst durch den Arzt festgestellt. Das geht erst, wenn das Opfer an Land ist. Deswegen sprechen wir nach wie vor von Rettung. Innerlich muss man natürlich sagen, dass es oft unmöglich ist, einen Menschen noch lebend zu retten, bis wir nach der Alarmierung vor Ort sind. Bei solchen Fällen wissen wir, es ist ein Tag, wo jemand geborgen werden muss. Das ist leider Gottes so, das bringen wir unseren jungen Kräften auch frühzeitig bei.“

Bewährte Technik: Dass die Kulmbacher Wasserwacht nun über dieses hochmoderne Gerät verfügt, freut BRK-Kreisgeschäftsführer Stefan Adam sehr. „In der Luft haben sich die Drohnen schon bewährt, unter Wasser wird es nicht anders sein. Ich bin mir sicher, dass wir aus der gesamten Region Oberfranken angefordert werden. In guter und gewohnter Kameradschaft werden wir helfen.“ Auf Jahrzehnte hinaus werde sich die Anschaffung lohnen, die der Kreisverband aus Mitteln des Katastrophenschutzes getätigt hat. red

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