Wiesenmahd beginnt Kitzretter bitten um Unterstützung

Manfred Köhler
Britta Engelhardt bettet ein Kitz in eine Transportbox. Damit sich ihr Menschengeruch nicht auf das Tier überträgt, verwendet sie Handschuhe und Grasbüschel. Foto: /Peter Riedel

Im Mai beginnt die Wiesenmahd – und für Rehkitze damit eine gefährliche Zeit. Der Verein Kitzrettung Oberfranken rettet sie vor den Mähwerken – und sucht Freiwillige.

 
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Hof - Der Verein Kitzrettung Oberfranken sucht dringend Verstärkung. Denn im Mai beginnen erste Landwirte der Region mit der Wiesenmahd – aber gerade jetzt sind Rehkitze, die in Nestern in den Wiesen versteckt liegen, noch nicht alt genug, um vor dem Mähwerk zu flüchten. Vielmehr ducken sie sich reflexartig noch tiefer ins Gras, was sie freilich nicht davor bewahrt, verletzt oder getötet zu werden.

Dank dem Verein Kitzrettung Oberfranken geraten seit Jahren immer weniger Tiere ins Mähwerk. „Haben wir 2018 bei 33 Einsätzen noch 60 Kitze gerettet, waren es 2019 schon 112 Einsätze mit 184 Rettungen“, erzählt Britta Engelhardt, die Vorsitzende des Vereins. Im vergangenen Jahr seien trotz der Corona-Einschränkungen 193 Tiere vor der Verstümmelung oder einem grausamen Tod bewahrt worden. Dass die Tiere ohne den Einsatz des Vereins nicht überlebt hätten, steht fest: Die Felder, aus denen die Retter die Kitze bargen, wurden anschließend alle gemäht.

Die immer bessere Zusammenarbeit mit Jägern und Landwirten ist ein Faktor für den wachsenden Erfolg des Vereins. „Die Eigentümer, die mähen wollen, melden sich in den Tagen davor bei uns, sodass wir eine Gruppe von Helfern auf die Beine stellen können“, erzählt Britta Engelhardt. Bis zu 30 Freiwillige waren es dann in der Regel vor Corona, die ausrückten, um die betroffenen Areale abzusuchen; derzeit sind aufgrund von Auflagen nicht mehr als 15 erlaubt. „Wir laufen in möglichst engen Reihen orientiert an einem Seil durch die Wiesen, denn im hohen Gras sind die Kitze oft kaum zu sehen“, beschreibt die Vorsitzende einen typischen Einsatz.

Inzwischen allerdings, und auch das sei ein Grund für den wachsenden Erfolg, komme zusätzlich eine Drohne mit Wärmebildkamera zum Einsatz. Wird ein Kitz erspäht, bleibe die Drohne über der Stelle stehen, sodass man das Tier leicht finden könne. Umgebettet werde es dann von Helfern mit dicken Handschuhen, die obendrein Grasbüschel zwischen das Kitz und ihre Hände packen und das Jungtier weit von sich gestreckt tragen. Denn sonst bestehe die Gefahr, dass das Muttertier, die Geiß, das Kitz nicht mehr annehme, wenn es Spuren von Menschengeruch an sich trage.

Wichtig sei es, das Kitz in eine Wiese umzubetten, die auf absehbare Zeit nicht gemäht werde. Auch hier sei die Absprache mit Landwirten entscheidend. Die Geiß finde ihr Kitz auch am neuen Ort mühelos. Meist stehe sie während der Bergung sogar in sicherer Entfernung am Waldrand und beobachte das Geschehen. Solche geglückten Rettungen sind ein Grund dafür, dass sich Britta Engelhardt und ihre Vereinsmitglieder engagieren; aber auch der Gedanke, was ohne ihren Einsatz passieren könnte, treibe die Helfer an: „Ich habe schon erlebt, wie eine Geiß ihr totgemähtes Kitz auch nach Tagen noch animieren wollte, aufzustehen. Das ist einfach herzzerreißend.“

Solche Fälle, das ist die traurige Nachricht, kommen auch bei noch so viel Engagement weiterhin vor. „Die Dunkelziffer ist hoch“, weiß Britta Engelhardt. Das liege zum einen daran, dass längst nicht alle Landwirte mit dem Verein zusammenarbeiten; zum anderen fehle es in vielen Bereichen Oberfrankens auch noch an ehrenamtlichen Helfern. Derzeit sei der Verein vor allem in der Hofer und der Bayreuther Gegend im Einsatz und könne dabei auf rund 60 Aktive setzen. Über Facebook und Whatsapp versuchen Britta Engelhardt und ihre Mitwirkenden, ihren Helferkreis zu erweitern. Und zugleich werben sie unter Landwirten für Vertrauen: „Wir sind keine militanten Tierretter“, betont die Vorsitzende, „sondern sehen uns als Partner der Landwirte.“

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