Wintersport „Hier ist eine gute Strategie gefragt“

Klaus Purucker
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Horst Hüttel vom WSV Weißenstadt wird neuer Sportdirektor Weltcup im Deutschen Skiverband. Im Interview spricht Hüttel über das Warum und die anstehenden Aufgaben.

 
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Im olympischen Sport evaluierten und analysierten sehr viele Spitzenverbände in den vergangenen Wochen die zurückliegende vierjährige olympische Periode um sich auch inhaltlich und strukturell neu für den anstehenden olympischen Zyklus bis zu den olympischen Spielen 2026 in Mailand/Italien neu auszurichten. So auch beim Deutschen Skiverband, einem der erfolgreichsten und größten Spitzenverbände in Deutschland. Im Zuge dieses Analyse- und Strukturprozesses wurde der bisherige Teammanager Skisprung/Nordische Kombination Horst Hüttel zum neuen Sportdirektor Weltcup ernannt.

Herr Hüttel, was waren im DSV die Beweggründe für die neue Struktur?

Nach dem Weggang von Sportdirektorin Karin Orgeldinger im Sommer 2021 haben die beiden Sportvorstände Hubert Schwarz und Wolfgang Meier intensiv daran gearbeitet eine effektive und schlagkräftige Führungsstruktur in allen Disziplinen zu entwickeln. Es wurden viele Ideen und Führungsmodelle diskutiert. Am Ende wurde sich auf ein Modell verständigt, wo in jeder Sportart eigene Sportdirektoren installiert wurden. Diese neu geschaffenen Sportdirektoren sollen mit mehr Verantwortung agieren, wie dies bisher der Fall war.

Was bedeutet diese Veränderung nun konkret für ihren Verantwortungsbereich?

Im Grunde können wir jetzt noch eigenständiger agieren und Entscheidungen treffen ohne dies immer im Detail mit dem Sportvorstand absprechen zu müssen. Man hat auch diskutiert, dass man für die beiden Sparten Skisprung und Nordische Kombination je zwei eigenständige Sportdirektoren installiert. Da diese beiden Sportarten jedoch in extrem vielen Bereichen extrem viele Überschneidungspunkte haben, ist man am Ende gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, dass es effektiver ist, eine horizontale Aufteilung vorzunehmen. Der bisherige Sportliche Leiter Sepp Buchner ist jetzt als Sportdirektor Skisprung und Nordische Kombination der Gesamtverantwortliche für das System, die Finanzen und den Nachwuchs. Ich selbst werde mich als Sportdirektor Weltcup hauptsächlich um die Weltcupteams, die Zusammenarbeit mit der FIS und die wissenschaftlichen Belange kümmern. Hier stehen aktuell auch einige Entscheidungen in der Nordischen Kombination an. Das IOC will am 24. Juni über eine Zulassung der Damen für die Olympischen Spiele entscheiden. Das ist momentan meine wichtigste Baustelle, diese Entscheidung positiv zu beeinflussen.

Im Weltcupteam Skisprung gab es ja nach der Saison personelle Veränderungen. Wie kam es dazu?

Als klar war, dass Stefan Horngacher als Bundestrainer seinen Vertrag um mindestens ein Jahr verlängern wird, haben wir uns darüber Gedanken gemacht, wie wir zum einen mit Kontinuität und Nachhaltigkeit das System im Spitzenbereich weiterentwickeln können, andererseits aber auch den einen oder anderen neuen Impuls ins Team bekommen. Jens Deimel und Andreas Wank sind nun in neue wichtige Aufgaben am Stützpunkt und im Nachwuchs eingebunden und werden ihre gemachten Erfahrungen im Weltcupteam definitiv dort gewinnbringend einbringen. Die entstandene Lücke soll durch Michal Dolezal, den bisherigen Cheftrainer der Polen ersetzt werden.

Was hat sich bei den anderen Teams hinsichtlich der Trainerkonstellationen verändert?

Im Bereich Nordische Kombination Herren und Skisprung Damen haben wir im Spitzenbereich keine Veränderungen vorgenommen. Im Bereich der Nordischen Kombination / Damen haben wir mit Florian Aichinger als Bundestrainer und Matthias Olvermann als Co - Trainer ein neues Duo an der Spitzte installiert. Wir wollten hier für den neuen Olympiazyklus neue Impulse setzen und hoffen alle sehr, dass die Sportart Ende des Monats ins Olympische Programm für 2026 aufgenommen wird. Unser Dank gilt aber auch Klaus Edelmann und Nico Reichenberger, die hier in den letzten Jahren in der Verantwortung waren.

Nico Reichenberger stammt aus Oberwarmensteinach, also aus ihrer oberfränkischen Heimat. Wie sind er und andere Personen von dort künftig im System eingebunden ?

Nachdem Klaus Edelmann in den Trainerruhestand geht, haben wir Nico Reichenberger noch als Trainer in der Sportschule der Bundespolizei in Bad Endorf. Er ist dort auch für weitere nordische Skisportler, aber auch für andere Wintersportler zuständig. Der Mannschaftsarzt unserer Nordischen Kombinierer, Dr. Stefan Pecher aus Fichtelberg/Neubau bleibt uns ebenfalls erhalten. Während der Wintersaison begleitet uns der Waldershofer Roland Schmidt als Servicetechniker bei den Continental-Cups und einigen Weltcups und bei Highlights werden wir dann sicher auch wieder unseren eigenen Koch dabei haben. Uli Rupprecht stammt wie ich aus Weißenstadt und hat uns bereits bei vielen Medaillenerfolgen mit guter Ernährung geholfen.

Was sind die großen Ziele und Herausforderungen für die neue Saison?

Die Weltcupsaison im Skispringen beginnt wegen der Fußball – WM in Katar bereits Anfang November – so früh wie noch nie. Wir werden auf einer Eisspur anfahren, jedoch auf Matte landen, dies ist ein Novum. Hier ist eine gute Strategie gefragt, auch wegen des frühen Zeitpunktes. Ansonsten steht die Nordische Ski- WM im Februar in Planica im Fokus. Dies wird sicher ein Zuschauerspektakel werden, denn Slowenien ist ein skisprungverrücktes Land mit vielen emotionalen Menschen. Ich hoffe sehr, dass auch die Nordische Kombination von dieser Atmosphäre profitieren wird.

Unabhängig von ihrer großen Verantwortung im Deutschen Skiverband wurde bekannt, dass Sie sich für ein touristisches Projekt in ihren Geburtsort Weißenstadt interessiert hatten?

Ja, dies ist richtig. Ich bin hier groß geworden und aufgewachsen und hätte hier gerne Verantwortung übernommen und mit einem jungen und ambitionierten Team aus Weißenstadt und der Region etwas für die Stadt und den Tourismus entwickelt. Ich wäre auch bereit gewesen, meine berufliche Ausrichtung neu aufzustellen, doch die Stadt Weißenstadt hat sich hier für eine andere Lösung entschieden. Dies musste ich leider so akzeptieren.

Noch eine abschließende Frage zum Ende der leistungssportlichen Karriere ihres Sohnes Simon Hüttel als Nordischer Kombinierer. Bedauern Sie diese Entscheidung?

Das sehe ich aus mehreren Perspektiven, als Vater genauso wie als Funktionär im Skiverband. Ich hätte mir als beides aber auch gewünscht, dass er mehr seiner sich selbst gesteckten sportlichen Ziele erreichen könnte. Letztlich war es seine eigene Entscheidung, die er zwar nicht über Nacht gefällt hatte, die ihm aber kurzfristig entstandene neue berufliche Perspektiven erleichtert hatten. Das Interview führte Klaus Purucker

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