Verschiedene Standbeine
Der 42-Jährige hat schon vor dem „Streit der Steine“ eine erstaunliche Erfolgsgeschichte hingelegt. Entgegen allen Unkenrufen, der Einzelhandel sei tot, eröffnete er 2013 einen Laden in einer 2-b-Lage: nicht auf der Frankfurter Zeil, sondern im Wohngebiet. Fachleute waren vom Plan des Quereinsteigers – der Zwei-Meter-Riese hatte zuvor bei einer Jobbörse gearbeitet und nur zum Zeitvertreib Lego-Sets gebaut – nicht überzeugt, zumal kleinere Einzelhändler gar nicht das gesamte Lego-Sortiment bestellen können, das ist den Ketten vorbehalten.
Panke hat alle negativen Prognosen widerlegt. Der Entrepreneur hat mehrere Standbeine, vom Einzelhandel über eigene Fanartikel wie T-Shirts und Tassen bis zu seinen verschiedenen Social-Media-Kanälen. Dort verdient er Geld durch sogenannte Affiliate-Links: Bestellt ein Nutzer ein Produkt, das Panke beworben hat, in einem Online-Shop, bekommt er dafür eine Provision: „Kleine, gute Sets verkaufe ich im Laden, die großen, teuren vermarkte ich über Affiliate. Wenn ich ein Set verreiße, sind die Provisionserlöse niedriger, dafür verkaufe ich danach mehr von meinen Tassen. Bei den anderen Herstellern schauen die Leute die Videos vor allem für die Show. Da kann es sein, dass meine Werbeeinnahmen bei Youtube hochgehen.“
Der Laden ist nur noch an drei Tagen geöffnet
Seinen Laden hat er nur noch am ersten Donnerstag, Freitag und Samstag im Monat geöffnet. „Eigentlich ist es kein Einzelhandel mehr, sondern ein Community-Treff“, sagt Panke. Wenn er geöffnet hat, kommen seine Fans aus ganz Deutschland und stehen Schlange.
Bei Youtube gibt Panke auch mal ganz praktische Tipps, wie man gebrauchte Sets aufarbeiten kann – Steine in einen Kissenbezug und ab damit in die Waschmaschine –, und baut Sets. Bei einem alternativen Steinhersteller kann das auch mal bis zu 14 Stunden dauern.
Mehr Minifiguren als Menschen auf der Welt
Panke hat sie vielleicht gefunden, die Formel für den Einzelhandel 2.0, einen diversifizierten Anti-Kaufhof, der analoge und digitale Welt miteinander versöhnt. Wieso reagiert Lego dann so unlocker auf ihn? Ist der Konzern nervös, weil es nicht mehr ganz so steil bergauf geht wie früher? „Die Firma wuchs bis in die Mitte der 1990er Jahre über 15 Jahre hinweg im Schnitt mit 14 Prozent Umsatzplus jährlich und avancierte zum dänischen Vorzeigeobjekt“, schreibt Bettina Schneer in ihrem Buch „Lego“, erschienen in der Reihe „100 Seiten“ bei Reclam.
Anschließend erlebt die Firma eine veritable Krise, als man zu Beginn der Konsolen- und Videospielära den Anschluss an die Kinderzimmer verliert, ehe die Firma mit Lizenzprodukten („Star Wars“) wieder in die Erfolgsspur zurückfindet. „Die Zahl der insgesamt produzierten Minifiguren überstieg im Jahr 2019 die Zahl der Weltbevölkerung: Inzwischen wurden mehr als acht Milliarden Stück gefertigt und jährlich kommen weiterhin über 500 Millionen dazu“, schreibt Schneer weiter. Ist da überhaupt noch Platz für Wettbewerber?
Die besten Alternativen
Auf jeden Fall, findet Panke: „Die Hauptkunden sind nicht mehr Kinder, sondern Modellbauer. Dieser erwachsene Markt ist beinahe unendlich.“ Das lässt sich auch an Legos Geschäftszahlen ablesen. 2021 erzielt die Firma einen Gewinn von 2,4 Milliarden Euro. Und dennoch scheinen die neuen Konkurrenten für Nervosität zu sorgen.
Und welche Wettbewerber sind denn nun die besten? „Die Steine von GoBricks sind fantastisch. Cobi ist sehr gut, auch die Mega Bloks von Mattel sind super, die baue ich am liebsten von der Haptik her.“ Kürzlich habe er mit großem Gewinn einen Kirschblütenbonsai von Loz gebaut. Die Steine dieses Herstellers seien im Verhältnis kleiner als Lego. Sie dürften also weniger Schmerzen verursachen, wenn man nachts im Dunkeln darauf tritt. Wobei Panke das eh nicht passieren würde. Er trennt Privates vom Geschäftlichen: Gebaut wird nur im Laden.