"Demokratie ist wie ein Garten"
Schorlemmer wurde am 16. Mai 1944 in Wittenberge (Brandenburg) geboren. In der DDR war er Repressalien ausgesetzt - durfte an der Schule kein Abitur machen und holte es an der Abendschule nach. Schließlich studierte er Theologie an der Universität in Halle. Mit friedlichen Protesten und gewaltlosem Widerstand, etwa beim Einmarsch der Sowjettruppen in die Tschechoslowakei, geriet er in das Visier der Staatssicherheit.
In der Zeit der friedlichen Revolution gehörte Schorlemmer zu den Mitbegründern des "Demokratischen Aufbruchs", dem auch die spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel zunächst angehörte. Merkel bog zur CDU ab, Schorlemmer hingegen trat 1990 in die SPD ein. Steinmeier lobte seinen hohen persönlichen Einsatz: "Ohne Menschen wie ihn wäre die Friedliche Revolution, deren 35. Jahrestag wir in wenigen Wochen feiern, nicht möglich gewesen."
"Mein Leben war nicht leicht, aber reich"
Neben seiner Arbeit für die Evangelische Kirche engagierte der Theologe sich im Wittenberger Stadtrat. "Die Demokratie ist wie ein Garten, wenn man den nicht pflegt, der verwildert sehr schnell", sagte er einmal. Für seinen unermüdlichen Einsatz würdigte ihn die Stadt Wittenberg am 3. Oktober 2015 mit der Ehrenbürgerschaft. Der Linke-Politiker Gregor Gysi sagte bei dieser Gelegenheit über ihn: "Er ist absolut unkäuflich, unbequem, kritisch und lässt nie nach."
Schon 1993 erhielt Schorlemmer den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, 2009 das Bundesverdienstkreuz. Im Ruhestand ließ der Autor zahlreicher Bücher nicht nach, seine Stimme für Demokratie und gegen Ausländerhass zu erheben. In Leipzig war er Mitinitiator der "Stiftung Friedliche Revolution". Er war Gast in Talkshows, redete öffentlich.
Schorlemmers früherer Kollege Dorgerloh würdigte den "streitbaren Geist und wichtigen Mahner für das Zusammenwachsen von Ost und West". Streitbar - das Wort verwendete auch der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer. Er nannte Schorlemmer zugleich eine Stimme für Frieden, für Demokratie, für Gerechtigkeit.
Der Theologe scheute sich nicht, den Mächtigen die Meinung zusagen. Das musste sich auch der damalige Bundespräsident Joachim Gauck anhören, der am Ende der DDR ebenfalls der Bürgerrechtsbewegung angehört hatte. Schorlemmer kritisierte öffentlich Gaucks Äußerungen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Im Rückblick sagte er einmal: "Mein Leben war in Vielem nicht leicht, aber es war reich".