Ich bin durchgefallen. Mit Pauken und Trompeten. Und das Schlimmste daran: Mein Scheitern ist auch noch für jeden sichtbar. Dabei gebe ich mir jedes Mal solche Mühe. Schließlich schaffen es andere Mütter doch auch. Gut, bereits im Kindergarten war zu merken, dass ich eher zu jenen Menschen gehöre, für die das Wort talentfrei noch ein Kompliment darstellt. Der erste und gleichzeitig auch letzte Versuch, meiner Tochter selbst den Pony zu kürzen, endete prompt in einem Fiasko. Meine Älteste glich danach Prinz Eisenherz, der einem Rasenmäher zu nahe gekommen war. Die Erzieherinnen nahmen mich am nächsten Morgen zur Seite: "Frau Löffler, fast alle Mädchen schneiden sich mal irgendwann die Haare. Das wächst ja zum Glück alles wieder nach." Ich schwieg und kaufte neue Glitzerspängchen, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Der Vater der Kinder murmelte am Abend etwas von Kindsmisshandlung. Das ist lange her. Und inzwischen sind die Haare meiner Tochter tatsächlich nachgewachsen. Mit ihnen aber leider auch die Ansprüche – beider Töchter: Es war ein Dienstagmorgen, als meine Jüngste mit der Bürste in der Hand auf mich zukam und fragte: "Mama, machst du mir heute mal einen Sleek-Zopf?" Ich blickte von der Zeitung hoch. "Einen bitte was?" Meine Älteste stöhnte. "Sleek-Zopf, Mama. Das ist so eine Art Pferdeschwanz." Sie zückte ihr Handy und zeigte mir ein Bild von einer blonden Schönheit, die ihre Haare am Oberkopf mit einer einzelnen Strähne zusammengebunden hatte. Meine Jüngste strahlte. "Ja, genau so. Marlena hatte gestern auch so einen!" Ich schluckte. "Kann ich dir nicht lieber zwei Gretel-Zöpfe machen?" Zehn Minuten später zierte den Kopf meiner Jüngsten eine Palme, die aussah, als wäre sie von einem Hurrikan heimgesucht worden. Meine Jüngste begutachtete das Ergebnis vor dem Spiegel. Lange sagte sie nichts. Dann drehte sie sich zu mir: "Vielleicht lässt du es dir doch besser mal von Marlenas Mutter zeigen. Die ist nämlich Frisörin." Wusste ich’s doch: Auch mit meiner Berufswahl lag ich voll daneben.