Eigener Inhalt Einfach hygge

Die Dänen sind das glücklichste Volk der Welt. Das liegt vielleicht auch daran, dass sie für ihr Lebensgefühl ein eigenes Wort haben. So! erklärt, was hinter dem Exportschlager hygge steckt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Es gibt sie, diese Momente im Leben, in denen alles stimmt. Das Essen, das Wetter, die Musik, die Menschen um einen herum. In Dänemark scheinen diese Momente häufiger zu sein als anderswo. Nicht umsonst gelten die Menschen dort als besonders glücklich. Ihr Geheimrezept? Hygge (ausgesprochen Hügge).

171 Tage Regen im Jahr, im Sommer eine Durchschnittstemperatur von 17 Grad und im Winter gerade mal sieben bis neun Stunden Tageslicht – so sieht es aus, das Leben der Bewohner von Dänemark. Und doch haben sie ihren ganz eigenen Weg gefunden, sich wohlzufühlen. Und der hat viel mit den eigenen vier Wänden und der Familie und Freunden zu tun. Ein gemeinsames Essen, ein entspanntes Treffen mit den Nachbarn, ein Sonntag mit einem guten Buch auf dem Sofa: Hygge ist für jeden etwas anderes und lässt sich wörtlich auch nicht ins Deutsche übersetzen. Mit "Gemütlichkeit" gibt es nur den Versuch, ein Gefühl in Worte zu packen, das man eigentlich selbst erleben muss.

"Hygge ist ein Daseinszustand, in dem man mit sich selbst, mit seinem Partner, dem Finanzamt und seinen inneren Organen im Reinen ist", erklärte einst die dänische Autorin Tove Ditlevsen (1917–1976) und gab damit einen Einblick in die Seele jener Menschen, deren Uhren noch ein wenig anders ticken.

Zusammensein, Zimtschnecken mit Kaffee und Kerzenschein – mehr braucht es für die Dänen anscheinend nicht, um aus dem Hamsterrad von Dauererreichbarkeit und Karriereleiter auszusteigen. In einem Land, das berühmt für seine soziale Absicherung ist und in dem Ausbildung und Krankenversicherung kostenfrei sind, lebt es sich noch ruhiger als im Rest von Europa. Und das ruft Nachahmer auf den Plan.

"Hygge" ist zum Exportschlager geworden. Die Buchläden sind voll mit Literatur und Inspirations-Ratgebern und von Großbritannien bis in die USA will man am Hype um das dänische Lebensgefühl teilhaben. Dabei ist der Trend zumindest in den skandinavischen Ländern alles andere als neu. Schon im Altnordischen verwendete man das Wort "hyggia", das für eine emotionale und geistige Zufriedenheit stand, wenn man einen Unterschlupf gefunden hatte, der Sicherheit und Kraft zum Auftanken bot.

Auch heute nennen die Dänen solch einen sicheren Hafen noch immer ihr Eigen. Es ist ihr Zuhause, das sie in typisch nordischem Stil unaufgeregt und geradlinig, aber auch extrem ästhetisch und funktional einrichten und in dem sie maximal entspannen können.

Hygge zum Nachmachen

2011 öffnete in Kopenhagen die erste Porridge-Boutique der Welt. Serviert wird dort ausschließlich Haferbrei. Lasse Skjonning hat der Welt einen ganz neuen Blick auf Haferbrei eröffnet und aus dem einstigen Kindheitsgericht eine Köstlichkeit gemacht. Das folgende Rezept eignet sich hervorragend für einen hyggeligen Tag auf dem Sofa.

Haferbrei mit Karamell-Soße, Äpfeln und gerösteten Mandeln: (2 Portionen)

Für den Haferbrei

– 115 Gramm Haferflocken
– 350 ml Wasser
– 350 ml Milch
– ein wenig Wasser
– etwas Salz

Für die Karamellsoße

– 4 Dosen Dosenmilch
– 60 ml kochendes Wasser
(Ergibt eine große Menge, die drei bis vier Wochen im Kühlschrank aufbewahrt werden kann)

Toppings

– 40 Gramm Mandeln
– 1 Apfel, groß gewürfelt

Die Kondensmilchdosen in einen Topf stellen, mit Wasser bedecken und vier bis fünf Stunden köcheln lassen. Gegebenenfalls Wasser nachschütten, so dass die Dosen immer bedeckt sind. Dann die Dosen vorsichtig heraus nehmen und in kaltem Wasser abkühlen lassen. Öffnen und die karamellfarbene Flüssigkeit mit ein wenig kochendem Wasser vermischen, bis sie eine cremige Konsistenz hat.

Die Zutaten für den Haferbrei bei großer Hitze zum Kochen bringen. Dann auf mittlere Hitze reduzieren und so lange kochen, bis die Konsistenz stimmt (sieben bis acht Minuten). Mit Salz abschmecken. Die Mandeln bei mittlerer Hitze braun rösten, vor dem Servieren klein hacken.

Den Haferbrei in eine Schüssel oder tiefe Teller geben und jeweils einen Esslöffel Karamellsoße, gehackte Äpfel und geröstete Mandeln darüber geben.

Passend formuliert
Zum Substantiv "Hygge" gibt es auch ein Verb "hyggeln" und ein Adjektiv "hyggelig". Das Adjektiv wird verwendet, wenn man über einen hyggeligen Moment oder einen Augenblick redet. Die Steigerungsformen sind "hyggeliger" und "am hyggeligsten". "Kan du hygge dig" ist ein weit verbreiteter salopper Abschiedsgruß, den man wörtlich mit "Hyggle dich" übersetzt.
Es werde Licht
Niemand verbrennt in
der EU so viel Stearin wie die Dänen. Jeder Einwohner verbraucht jährlich 5,79 Kilo Kerzen.
Hygge in der Wohnung
– Für dänische Designer steht Schönheit und Ästhetik, aber auch die Funktionalität im Vordergrund. Die Objekte sind Gebrauchsgegenstände und nicht zum Ausstellen gedacht. Ist etwas nur schön anzuschauen, nimmt es dem Raum etwas von seiner Entspanntheit und macht ihn damit weniger hyggelig.
– Die Diele ist der erste Ort, der Bewohner und Gäste beim Eintreten begrüßt. Schuhe und Jacken, die sich stapeln sind nicht hyggelig. Funktionale Aufbewahrungsmöglichkeiten sorgen für Übersicht.
– Hygge und Essen gehören untrennbar zusammen. Damit ist die Küche ein Herzstück des Hygge-Lebensstils. Trotzdem hat die Gestaltung keine Priorität. Töpfe und Pfannen an der Wand sind schnell zur Hand, gleiches gilt für offen aufbewahrte Gewürze. Alles, was man oft nutzt, sollte schnell erreichbar sein.
– Das Wohnzimmer ist Hauptanziehungspunkt im Haus. Holz, Lampenschirme aus Papier und Keramiken und Steingut lassen ein nordisches Herz höher schlagen. Vor allem Erbstücke tragen zum hyggeligen Charakter einer Wohnung bei.
– Im Bad liegen flauschige Handtücher griffbereit. Auch hier verleihen Naturmaterialien wie Holz oder ein Flechtkorb dem Raum Gemütlichkeit. Kerzen, Grünpflanzen und warmes Licht sorgen dafür, dass man gerne länger als nötig bleibt.
Lecker!
Dänen, die nicht naschen? Gibt’s nicht. Die Nation ist Vize-Europameister im Vertilgen von Süßigkeiten. Sie bringen gerne selbstgemachten Kuchen oder Brötchen mit in die Schule, ins Büro oder wenn nach einem anstrengenden Tag ein Hygge-Abend ansteht.

Autor