Eigener Inhalt No Poo

No Poo heißt der Trend, bei dem die Haare nur noch mit Wasser gewaschen werden.

 
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Es ist der Traum wohl jeder Frau: dickes festes Haar, schön, glänzend und gesund. Beim Blick in den Spiegel zeigt sich jedoch oft ein anderes Bild. Das Färben, Glätten und Verlängern hat Spuren hinterlassen. Nur direkt nach dem Waschen ist die Haarpracht so, wie man sie gerne immer hätte.

Doch genau diese Alltagspflege soll es sein, die den Haaren so zusetzt, meinen zumindest die Anhänger der No-Poo-Bewegung. Künstliche Inhaltsstoffe in Shampoo, Spülungen und Kuren würden den Haaren mehr schaden, als dass sie ihnen nutzen. Deshalb verzichten No-Poo-Überzeugte komplett auf Shampoo und waschen ihr Haar nur mit Wasser oder natürlichen Shampoo-Alternativen.

Ganz neu ist dieser Trend nicht: Hollywood-Stars wie Gwyneth Paltrow, die Olsen-Zwillinge sowie die Sängerin Adele sollen bereits darauf schwören. Mittlerweile verzichten aber auch immer mehr Frauen hierzulande auf Pflege- und Stylingprodukte und reinigen ihre Haare ausschließlich mit klarem Wasser. Wie unangenehm sich das bereits nach wenigen Tagen anfühlt, lässt sich in diversen Selbsttests und Erfahrungsberichten im Internet nachlesen.

Die ersten sechs bis acht Wochen seien die Hölle, sind sich die Shampoo-Verweigerinnen einig. "Langsam entwickele ich einen leichten Verfolgungswahn. Hat die Kollegin etwa gerade auf meinen fettigen Ansatz geguckt", schreibt eine Brigitte-Journalistin, die den Selbstversuch wagte. "Die Haare hingen in klebrigen Schmalzpfropfen vom Kopf herunter, selbst mit Spangen und Klammern ließ sich das fettige Elend kaum bändigen", klagt eine andere Bloggerin, die bereits 2012 experimentierte und nur noch Wasser an ihren Kopf ließ. Beide haben den Test übrigens irgendwann aufgegeben und wieder zu Shampoo-Flaschen gegriffen.

Warum sich das die Damenwelt trotzdem antut? Glaubt man den Anhängern der No-Poo-Bewegung, dann winkt denen, die durchhalten, eine Traummähne. Glänzend würde sie sein, leicht zu kämmen, einfach kraftvoll und gesund. Und das Beste: Sei man erst einmal aus diesem Teufelskreis des regelmäßigen Haarewaschens ausgestiegen, würden die Haare viel seltener nachfetten und sich ganz natürlich anfühlen.

Doch bis es so weit ist, geschieht erst einmal genau das Gegenteil. Vor allem am Anfang kämpfen die Shampoo-Verzichter mit jeder Menge Talg. Dieser entsteht ganz natürlich in den bis zu 150 000 Haarfollikeln, die sich auf der Kopfhaut befinden. Der Talg soll vor Krankheitserregern schützen und wird zusammen mit Staub und Verschmutzungen eigentlich mehrmals in der Woche – bei manchen sogar täglich – mit Shampoo entfernt.

Allein mit Wasser ist ihm allerdings schwer beizukommen (Man stelle sich vor, wie man beim Aufwaschen von fettigen Pfannen auf das Spülmittel verzichtet . . .). Daher gibt es mittlerweile auch natürliche Alternativen, mit dem die No-Poo-Anhänger dem Fett zu Leibe rücken. Eine Möglichkeit heißt Roggenmehl. Die daran enthaltene Stärke soll beim Waschen der Haare ähnlich wirklich wie die Tenside in einem Shampoo. Und eine Spülung aus Apfelessig (ein Esslöffel auf einen Liter Wasser) verleiht dem stumpfen Haar neuen Glanz.

Doch egal ob mit Wasser oder Zutaten aus dem Lebensmittelregal – das Waschen ohne Shampoo sei vor allem am Anfang eine arge Belastung für die Psyche, geben jene zu, die es ausprobiert haben. Die meisten wagten sich schon nach wenigen Tagen nur noch mit Haargummi oder Mütze vor die Tür und fieberten dem Moment entgegen, wenn sich die Kopfhaut endlich beruhigt und die übermäßige Talgproduktion dem neuen Lebenstil der No-Poo-Anhängerin angepasst hat.

Einen wissenschaftlichen Beweis, dass dies überhaupt eintritt, gibt es allerdings nicht. Keine einzige Studie konnte bisher belegen, dass der Verzicht auf Shampoo und andere Produkte die Haarstruktur auf lange Sicht verbessert. Und auch eine Wechselwirkung zwischen Talgproduktion und der Verwendung von Haarshampoo ist nicht bekannt. Wohl aber, dass künstliche Inhaltsstoffe in Shampoo und Co. die Kopfhaut angreifen und Allergien auslösen können. Ein sparsamer Umgang mit Stylingprodukten kann also nie schaden. Ganz verzichten muss aber eigentlich niemand.

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