Eigener Inhalt fasten- oder fast

Wolfgang Plank
 Quelle: Unbekannt

Es müssen ja nicht 40 Tage Hungern sein; aber bis Ostern Verzicht auf irgendwas könnte nicht schaden

 
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Vielleicht hilft uns ja die aktuelle Studie des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ein wenig: Immerhin schon zwei Monate nach Weihnachten hat man dort offiziell kundgetan, dass alle 132 in der Adventszeit untersuchten Lebkuchen mit Acrylamid belastet waren. Das ist jetzt nicht unbedingt eine Sensation, weil das Zeug nun mal gerne bei starker Hitze entsteht – bei Chips zum Beispiel, Pommes und ja, eben auch bei Lebkuchen.

Das Gute an dieser Nachricht: Womöglich fällt es uns mit ihr in den kommenden Tagen ja ein klein wenig leichter, auch mal auf dies oder das zu verzichten. Vor allem dann, wenn vielleicht nur ein kleines bisschen Acrylamid, auf jeden Fall aber sehr viel Zucker und Fett enthalten ist. Klar, also keine Lebkuchen – aber das wäre dann doch zu einfach. Dummerweise bedeutet Enthaltsamkeit nicht, Dingen zu entsagen, die man entweder nicht mag oder die gerade sowieso nicht da sind.

Doch genau darum geht es: Der Narretei, dem Überschwang und der Ausgelassenheit mal bestenfalls nichts folgen zu lassen. Mindestens aber weniger. Schon das ist anstrengend genug. Immerhin haben sogar glaubensfeste Benediktinermönche dereinst ein wenig geschummelt und sich mit extra gebrautem Starkbier über die Zeit der Entbehrung hinweggetröstet. Da muss sich unsereins ja nicht gleich auf die Seite der Strikt-Faster schlagen und zum anhaltenden Hunger den täglichen Einlauf liebgewinnen.

Einhalt aber wäre schon schön. Ein bisschen wenigstens. Womöglich eine unserer Begierden vorübergehend zügeln. Das allabendliche Bierchen zum Beispiel, die Erdnussflips, das Smartphone. Mal zu Fuß zum Einkaufen statt mit dem Auto, kein Internet nach 17 Uhr oder einfach mal ohne Glotze. Irgendwas, von dem man hintennach stolz sagen kann: Sieh an, geht doch. Und sooo schlimm war’s gar nicht. Es müssen ja auch nicht gleich die 40 Tage sein, die Jesus der Legende nach fastend in der Wüste verbracht hat. Aber
mehr als ein paar Stunden könnte man sich ja mal vornehmen.

Zugegeben: Für streng rituelle Askese wären wir schon eine halbe Woche zu spät dran. Nicht aber, wenn wir glauben, dass es einfach mal an der Zeit sei, ein wenig Verzicht zu üben. Da, wo über die Jahre eine allzu liebe Gewohnheit gewachsen ist – oder gar ein Laster.

Viele fasten sowieso ohne religiöse Motive: Sie wollen einfach ein paar Pfund abnehmen und für den Sommer wieder auf Touren kommen. Manche reizt die Überwindung eigener Grenzen. Wieder andere suchen das Fastenhoch, jenen Euphorie-Schub, der sich einstellt, wenn der Körper verstärkt das Glückshormon Serotonin ausschüttet. Einige erwarten sich tatsächlich eine Reinigung der Seele. Und manche wollen ganz einfach den Genuss wiederentdecken. Das lustvolle Gefühl, schon bei einem einfachen Essen wieder ganz besonderen Geschmack zu empfinden.

Übrigens: Ein bisschen Selbstbetrug kann auch außerhalb der Fastenzeit durchaus hilfreich sein. Große Schüsseln und Teller verleiten dazu, mehr zu essen. Umgekehrt lädt man sich auf kleine Teller auch nur kleine Portionen, isst weniger und fühlt sich trotzdem satt. Experten raten auch, kalorienhaltige Getränke aus schmalen, hohen Gläsern zu trinken. Breite, kurze Gläser verleiten dazu, mehr einzuschenken.

Und wer brav 40 Tage durchhält, hat sich weiß Gott redlich ein Osterei verdient. Aber wer weiß, was da wieder drin ist?