Eigener Inhalt Daten auf Raten

Wolfgang Plank

Es sind atemberaubende Bilder: Auf Smartphone-Geheiß rollt, wo immer man auch stehen mag, aus dem Nichts ein frisch geladenes E-Mobil herbei. Nur noch sehr entfernt erinnern derlei Gefährte an das, was wir aktuell als Auto kennen. Es gibt kein Lenkrad mehr, keine Pedale und keine Außenspiegel. Man hockt auch nicht mehr paarweise hintereinander, sondern locker gruppiert in einer Art rollender Sitzecke. Umgeben von Bildschirmen, Displays und Touchscreens.

 
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Das gewünschte Ziel weiß der schlaue Wagen längst aus den Online-Terminkalendern der Insassen, die ideale Route findet er dank Echtzeit-Verkehrsfunk und über Car-to-Car-Botschaften aus der Cloud. Ach ja, und unterwegs liefert er Botschaften zu allem, was die Passagiere erfahrungsgemäß so interessiert. Geräuschlos am Ziel angekommen, parkt sich der stumme Diener unauffällig weg. Für den nächsten Abruf.

Glaubt man den Werbefilmen der Autobauer, Software-Riesen und Technik-Giganten ist das noch nicht mal mehr die ferne Zukunft. Schon sehr bald soll es keine Staus mehr geben, keine Wartezeiten und lokal auch keine Abgase. Passgenau takten uns gewaltige Rechner in optimierte Verkehrsströme hinein und wieder heraus. Sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag. Die Botschaft: Mobilität ist kein Aufwand mehr. Sie ist da. Ganz einfach so.

Wer in Einzelfällen noch selbst fährt, genießt zumindest größtmögliche technische Unterstützung. Immer besser informierte Navis ermitteln den richtigen Weg, die sparsamste Fahrweise oder die unterhaltsamste Route. Mit Laser, Radar und Ultraschall gerüstet, späht eine Assistenz-Armada gegen drohendes Ungemach noch in den totesten Winkel – und wenn der Störfaktor Mensch am Volant Unfug treibt, bringt das Auto einen Wimpernschlag später alles wieder ins Lot.

Und da ist man erst mal nur für sich. Der Clou aber, so verheißen es die technischen Weissager, wird dereinst das perfekte Zusammenspiel sein. Transponder in der Kleidung oder das Handy in der Tasche verraten dem Auto-Mobil Position, Richtung und Geschwindigkeit eines jeden in der näheren Umgebung, so dass der Wagen schon bremst, bevor da einer richtig auf die Straße gelaufen ist. Und für den unwahrscheinlichen Fall eines Unfalls informiert der Bordrechner alle im Umkreis, noch ehe der Airbag erschlafft.

Wenn bloß die Sache mit den Daten nicht wäre. Um zu warnen oder zu helfen, müssen die Autos kommunizieren. Ständig und überall. Was eben auch heißt: Jedes Update der Verkehrslage dringt ungehindert und in Echtzeit ein. In jede Leitung, jeden Sensor, jedes Steuergerät. Das Gehirn des Autos erreicht man längst nicht mehr nur in der Werkstatt über den Diagnose-Stecker, sondern aus der Ferne per Funk.

Und als wäre der Virus "WannaCry" schon vergessen, den Erpresser auf hunderttausende Rechner in aller Welt schickten und so Krankenhäuser, Energieversorger und auch die Deutsche Bahn lahmlegten, lauschen wir andächtig, wie cool Autofahren sein wird, wenn erst einmal alles mit allem vernetzt ist. Konnektivität preisen die Hersteller schon hartnäckiger an als Motoren, Sportfahrwerke und Ledersitze. Dabei wissen wir nicht erst seit den Unfällen bei Google und Tesla, dass es noch nicht einmal krimineller Niedertracht bedarf, damit Computer am Steuer versagen.

Wohl eher zum Glück aber wird aus der gänzlich ferngesteuerten Zukunft so schnell nichts werden. Jedenfalls nicht hier. Allein schon wegen der schier unvorstellbaren Mengen an Daten, die dafür zu transportieren wären. Denn was digitale Infrastruktur angeht, ist die Republik eher Wüste. In Sachen Glasfaser liegt Deutschland in Europa noch hinter Rumänien und Bulgarien. Ein 5G-Netz? Wohl nicht vor 2025.

Dass das Thema mal wichtig werden könnte, hat einstmals sogar die nur mehr geschäftsführende Regierung Merkel geahnt. Immerhin gab es vier Jahre lang einen Minister für genau dieses Thema. Er hieß Alexander Dobrindt. Der mit der Maut.

Dessen Wirken hat dieser Tage Volker Kauder bilanziert, Fraktionsschef der CDU im Bundestag und also eher kein natürlicher Feind eines ehemaligen CSU-Ministers. Es gebe bei der Digitalisierung "massiven Entwicklungsrückstand", befand er. Und dass das "mehr als betrüblich" sei, weshalb nun endlich dafür gesorgt werden müsse, dass Deutschland zu einem Land des schnellen Internets wird.

Das dürfte spätestens dann spannend werden, wenn autonome Fahrzeuge nicht mehr nur einen Promille-Anteil stellen, sondern vielleicht ein Viertel. Wenn sie sich die Straßen mit drei Vierteln Autos teilen, die von Menschen gelenkt werden. Wenn technische Perfektion massenhaft auf menschliche Intuition trifft,
Algorithmus auf Erfahrung und Prozessor auf Gefühl…