Eigener Inhalt Die Eis-Eiligen

Wolfgang Plank

Nach 45 Jahren Pause lebt in Zell am See ein legendäres Renn-Spektakel wieder auf. Die Devise: Quer geht mehr!

 
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Mag sein, dass es purer Zufall war mit der klirrenden Kälte und dem strahlenden Sonnenschein. Vielleicht braucht man ganz einfach ein bisserl Glück, wenn man nach 45 Jahren Pause ein traditionelles Eisrennen wiederbelebt. Womöglich aber hatte sogar der Herrgott ein klein wenig Gefallen an der gepflegten Querfahrt vor großer Berg-Kulisse. Schon weil die meisten Autos nicht mehr so ganz jung sind – und gerade deshalb so wunderschön.

Begonnen hatte alles im Jahr 1937. Der Salzburger Automobil-, Motorrad- und Touring-Club lud zu einem Motorrad-Skijöring auf dem zugefrorenen Zeller See. Menschen auf schmalen Brettern ließen sich dabei an Seilen um den Parcours ziehen. Bald kamen vierrädrige Gefährte dazu – und ein geschichtsträchtiger Name. Ab 1956 fand die Veranstaltung "in memoriam Prof. Dr. hc. Ferdinand Porsche" statt. Das hatte viel mit den von ihm erdachten Sportwagen zu tun und ein kleines bisschen wohl auch damit, dass der Auto-Pionier nur ein paar hundert Meter entfernt auf dem Gehöft "Schüttgut" seinen Familiensitz hatte.

Bis 1973 ging das Spektakel Jahr um Jahr über die glatte Bühne. Sofern das Eis ausreichend dick war jedenfalls. Und in Scharen pilgerten die Drift-Jünger dick vermummt zur Strecke nach Zell. Um leibhaftig dabei zu sein bei etwas, was man damals nicht Event nannte, sondern so schlicht wie treffend Eisrennen. Samt Blick auf die schon damals zugehörige Prominenz.

Doch 1974 dann spielte das Wetter nicht mit, die Auflagen der Behörden waren ohnehin kaum mehr zu erfüllen, die Ölkrise warf lange Schatten, und weil es im Vorjahr beim Bereiten des Eises zu einem schweren Unfall gekommen war, war plötzlich Ende Legende. Der See ruhte fortan still.

Zu still, dachten sich Porsche-Urenkel Ferdinand und sein Partner Vinzenz Greger. Machten sich erst Gedanken, dann viel Arbeit – und am vergangenen Wochenendende dröhnten nach 45 Jahren Pause beim Schüttgut wieder die Motoren. Nicht direkt auf dem See, dafür auf dem nahen Gelände des kleinen Flugplatzes. Ein bogiger Dreiecks-Kurs mit hoher Bande und beinhartem Grund. Fein säuberlich präpariert für mehr als 130 Starter, die auf Spikes ihr Glück versuchen wollten.

Auch die Besten der schnellen Zunft waren angereist. Rallye-Ikone Walter Röhrl, Jochi Kleint, Hans-Joachim Stuck, Ex-Formel-1-Pilot Mark Webber, Le-Mans-Sieger Romain Dumas, WRC-2-Weltmeister Jan Kopecký und, und, und… Und natürlich war auch Wolfgang Porsche die paar Schritte vom Haus der Familie hergekommen.

Nicht minder illuster war das, was sie bewegten. Vorrangig seitwärts, versteht sich. Angeführt von einem "James-Dean-Porsche" 550 Spyder, der vor mehr als 60 Jahren an gleicher Stelle am Start war und einst Ferry Porsche höchstselbst gehörte. Geschätzter Preis: deutlich siebenstellig. Natürlich diverse 356er, 911er und was sie in Zuffenhausen halt so bauten und bauen.

Doch vom Schauplatz eines Marken-Pokals im Zeichen des "Rössle" war das vereiste Triangulum weit entfernt. Der legendäre Sport-Quattro S1 war ebenso in Querfahrt zu bestaunen wie ein Austro Daimler ADR 6 von 1929, ein original Nascar-Rennwagen mit einem 6,5-Liter-V8, Buggys und ein Formel-E-Renner. Jahrzehnte automobiler Geschichte und – vom Fiat 500 bis zum Skoda Fabia R5 – alle Varianten von Geschwindigkeit.

Das vielleicht spektakulärste Auto indes dürfte der "Fetzenflieger” gewesen sein. Ein Eigenbau des Rennfahrers Otto Mathé aus dem Jahr 1952. Gerade mal 450 Kilo schwer und mit einem 130 PS starken 1,5-Liter-Porsche-Motor im Heck. Siegreich seinerzeit in nahezu allen Rennen, bei denen er am Start war. Die Schaltung sitzt bei dem Wagen links, weil Mathés rechter Arm seit einem Unfall gelähmt war. Um das Lenkrad nicht loslassen zu müssen, presste sich der Rennfahrer mit der Brust dagegen.

Und heute wie damals fanden sich Wagemutige, die sich beim Skijöring in zum Teil atemberaubender Fahrt über die Piste ziehen ließen. Stets in dem schmalen Korridor aus eisiger Bande, hohem Tempo und ausreichend Gleichgewicht dahinschlitternd.

Dass am Ende Jan Kopecký die schnellsten Runden ins Eis fräste, bleibt eher eine Randnotiz. Mehr Aufmerksamkeit erregt da schon die Meldung, dass es 2020 eine Neuauflage geben soll. Tausende Zuschauer jedenfalls lassen für die Zukunft Gutes ahnen…