Zu Beginn wollte Brüssel Deutschland wegen der Maut noch vor dem EuGH verklagen. Doch nach diversen Kuhhandeln war davon keine Rede mehr. Diskriminierung von Ausländern, weil Inländer nichts bezahlen? So streng wollte die EU-Kommission das dann doch nicht sehen. Da mussten schon Österreich und die Niederlande klagen. Der Generalanwalt des EuGH indes liegt genau auf Kommissions-Linie. Halter von deutschen und ausländischen Fahrzeugen könne man gar nicht miteinander vergleichen, sagt er. Es steht zu befürchten, dass das Gericht ihm folgt – wie gerne in derlei Fällen.
Warum nur konnte es überhaupt soweit kommen? Angeblich waren doch fast alle irgendwie dagegen. Die simple Antwort: Weil keiner, pardon, genug Arsch in der Hose hatte, um zu sagen: "Das ist ziemlicher Quatsch, was wir da gerade machen." Stattdessen kursierten Positionspapiere, nicht bindende Entschließungsanträge und jede Menge Eigentlich-müsste-man-Appelle. Am Ende alles fristlos, formlos – und selbstverständlich zwecklos.
Erst verließen sich alle darauf, die EU-Kommission werde die Maut stoppen. Denkste. Dann dachte man, sie würde im Bundestag scheitern. Von wegen. Schließlich hofften alle außer der CSU auf Beerdigung im Bundesrat. Hat nicht geklappt, weil Thüringen umgefallen ist. Gegen ein hübsches Salär. Und nun? Bleiben in der Tat nur mehr die Nachbarländer.
Dabei bestünde die große Chance, noch einmal nachzudenken. Warum statt fruchtloser CO2-Debatten nicht tatsächlich eine Maut? Eine intelligente – also das Gegenteil der Seehofer-Dobrindt-Idee. Auf allen Straßen und für jeden gefahrenen Kilometer. Im Gegenzug: Weg mit Kfz-Steuer – und der unseligen Ökosteuer, die zum größten Teil in die Rentenkasse fließt.
Klug wäre eine Maut, deren Höhe sich nach Tageszeit und aktueller Verkehrslage richtet. Je mehr Stau, desto teurer. Womöglich würden die Menschen andere Routen wählen oder ihr Auto tatsächlich auch mal stehen lassen. Bei einer Abgabe, die als Teil der Kfz-Steuer ohnehin entrichtet wird, verpufft jede Idee von Verkehrslenkung.
Im Gegensatz zur Lkw-Maut, die der Bund einstreicht und eben gerade nicht wie versprochen zusätzlich für den Straßen-Erhalt verwendet, könnte man Teilerlöse einer Pkw-Maut zweckgebunden in die Kassen von Städten und Gemeinden leiten. Damit ließen sich Ausbau oder Bezuschussung des öffentlichen Nahverkehrs bezahlen oder Modelle für Carsharing. Und ein sozialer Ausgleich für Pendler, die keine andere Chance haben als das Auto, wäre ganz sicher auch drin.
Und wenn doch die Dobrindt-Maut kommt? Dann gehört im politischen Berlin ein Schild aufgehängt. Groß und unübersehbar. Mit einem Zitat des großen Erich Kästner. Der wusste schon 1933 und schrieb es in ein Kinderbuch: "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."