Eigener Inhalt Klein, aber o-hoch ...

Wolfgang Plank

Man wüsste gerne, ob die Leute bloß mehr Hochbeiniges ordern, weil kaum noch Alternativen im Angebot sind - oder aber kaum noch Alternativen im Angebot sind, weil die Leute bloß mehr Hochbeiniges ordern. So oder so: Fast jedes vierte neu zugelassene Auto rollt durch die Republik, als gäbe es hier bestenfalls Feldwege. Und als seien Fahrten in die Stadt eine Art Expedition.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Nicht nur die Großen gewinnen an Höhe – auch und vor allem die Kurzen. Und da war es nur eine Frage der Zeit, wann VW unterhalb von Tiguan und T-Roc Gehobenes nachreichen würde. Ab 1. Mai steht mit dem T-Cross die jüngste Version derer im Schaufenster, denen man die Federbeine langgezogen hat.

Davon mal abgesehen kann man den T-Cross ganz einfach praktisch finden, sportlich, witzig – oder alles zusammen. Weil es da einen Wagen gibt, der im Grunde ein Polo sein könnte – und doch so völlig anders daherkommt. Frechdachs statt Biedermann. Ganze 14 Zentimeter höher bei nahezu gleicher Länge. Mit breiter Spur und kurzen Überhängen. So als wäre er auf dem Sprung.

Nur Show sind die schwarzen Plastikplanken nicht. Für Stöckchen und Steinchen taugt der 4,11 Meter kurze Fünftürer durchaus. Allrad indes ist trotz des geländegängigen Namens nicht im Angebot. Getriebene Räder wiegen halt nicht nur extra, sie kosten auch. Und zwar Geld und Sprit. In diesem Segment zählt jeder Euro.

Für ganz neben der Spur taugt der Kompakt-Krabbler also nur bedingt – zum Verlassen ausgetretener Pfade indes sehr wohl. Einige Dutzend Kostüm-Kombinationen aus zwölf Farben und sieben Innenraum-Dekoren kann sich der T-Cross überwerfen. Und im Radkasten finden gegen Aufpreis sogar 18-Zöller Platz. Für 400 Euro extra gibt’s zudem das digitale Cockpit samt gestochen scharfen Grafiken. Mit einem Kleinwagen hat das dann nur noch am Rande zu tun. Allenfalls das Armaturenbrett könnte ein bisschen Umschäumung vertragen. Immerhin sind bis zu vier USB-Buchsen an Bord.

Trotz knapp kalkulierter Außenmaße bleibt innen auskömmlich Raum. Auch für Hintersassen. Der Stauraum fasst bei voller Bestuhlung zwischen 385 und 455 Liter – je nachdem, wie weit man die um 14 Zentimeter variable Rückbank nach vorne schiebt. Umgeklappt packt der T-Cross 1281 Liter weg. Und mit dem faltbaren Beifahrersitz muss er noch nicht mal bei Surfbrett oder sonstigem Sperrgepäck passen. Der Spalt zwischen Lehne und Ladeboden könnte allerdings zum schwarzen Loch für Krimskrams werden.

Für Vortrieb sorgen zum Marktstart zwei beatmete Benziner mit dem Hubraum dreier Coladosen. Mit mauen 95 und quirligen, aber auch knurrenden 115 PS. Wer Fahrfreude auf dem Wunschzettel nicht ganz unten stehen hat, sollte nicht dort einsteigen. Schließlich muss man da nicht nur auf Klimaanlage und Höhenverstellung am Sitz verzichten, sondern auch mit einem Fünf-Gang-Getriebe auskommen. Der stärkere Dreizylinder bietet ein Zahnrad-Paar mehr, wahlweise Sieben-Gang-DSG.

Womöglich lohnen sich aber ein paar Wochen Geduld. In Bälde kommt nämlich noch ein 1,5-Liter-Turbo mit 150 PS, der bei Teillast auch mal zwei Zylinder abschaltet. Ganz schwört VW auch dem Diesel nicht ab und bringt einen 1,6-Liter mit auskömmlichen 95 PS – obschon Konzern-Chef Herbert Diess diesem Segment nur mit Fremdfunken eine fernere Zukunft verheißt.

So oder so fährt sich der T-Cross mit straff-stabilem Fahrwerk und präziser Lenkung gutmütig bis hinein ins kontrollierte Untersteuern. Da kommt ihm sein geringes Gewicht von 1250 Kilo zugute – und ein entspanntes ESP, das nicht schon frühzeitig mit elektronischen Eingriffen nervt.

Der Rest ist eine Frage von Anspruch, Zweck – und selbstverständlich Budget. Wenn man es sich leisten mag und kann, hält Volkswagens Jüngster artig Abstand, äugt achtsam in Querverkehr und tote Winkel, manövriert sich durch den Stau und parkt sogar selbstständig ein. Nur eben alles nicht für jene verlockenden 17 975 Euro, zu denen die Einstiegs-Version in den Schaufenstern steht. Immerhin: Ab Werk hält jeder T-Cross die Spur, erkennt auch Fußgänger und wirft im Notfall den Anker.

Mit einem Mindestmaß an Annehmlichkeiten ist man ab 21 500 aufwärts dabei. Doch egal wie – am Ende bekommt man mit dem T-Cross einen Hochbeiner, der noch einmal deutlich frecher ist als der bestimmt nicht langweilige Polo. Nicht ohne Grund zählen zur Zielgruppe junge Familien, vielseitig engagierte Singles und Paare, deren Kinder aus dem Haus sind. Nur Spießer sind nicht dabei.