Eigener Inhalt R-Modell: Der große Golf-Rausch

Wolfgang Plank

Es ist nicht leicht, der Mitte Maß zu sein. Mit seinem Namen für eine Fahrzeugklasse zu stehen - und für eine Generation obendrein. Seit mehr als 40 Jahren rollt alle 40 Sekunden irgendwo ein Golf vom Band. Irgendwo auf der Welt. Einer für alle eben.

 
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Und doch war der Golf nie nur brav und bieder – sondern immer auch der GTI. Sportlich druckvoll, aber eben uneingeschränkt alltagstauglich. Und das ist in der aktuellen Version nicht anders: Der Rot-Linierte aus Wolfsburg schnürt serienmäßig mit einem auf 230 PS erstarkten Zwei-Liter-Triebwerk über Land, das den Standard-Spurt in 6,4 Sekunden erledigt. In der Ausführung "Performance" warten sogar 245 PS.

Wer’s dann doch noch flotter braucht, dem haut der geliftete Golf R brachiale 310 PS in den Allrad-Strang. Die Idee begann 2003 mit dem R32 der Golf-4-Reihe und 241 PS aus einem kopflastigen Sechszylinder. Über die Jahre tauschte er zwei Töpfe gegen einen Turbo, legte beständig an Leistung zu – und doch rückte die Konkurrenz näher. Sogar im eigenen Hause. Der Seat Leon Cupra zog nach anfänglich 280 und später 290 PS kürzlich mit 300 PS gleich. Da musste ein bisschen Luft her. Für den Lader und für den rechten Abstand.

Derart unter Druck presst sich der R mit dem neuen Siebengang-DSG in gerade einmal 4,6 Sekunden auf Tempo 100. Das hat nicht nur was von Golf-Rausch – für diesen Sprint müssen sich selbst die Brüder mit dem Rössle im Emblem ordentlich strecken. Weiterer Vorteil des Automaten: Er verträgt die vollen 400 Nm Drehmoment, beim Schaltgetriebe sind’s dann doch "nur" 380.

Dazu ein paar Details an der Karosserie: neuer Lufteinlass, neuer Diffusor am Heck plus eine etwas direktere Lenkung. Kleinigkeiten, klar – aber in der Summe eben doch spürbar. Und mit dem ab Herbst lieferbaren "Performance-Paket" kommen noch ein paar dazu. Eine Lippe am Heckspoiler, die für besseren Luft-Abriss sorgt und für mehr Druck auf der Hinterachse; ein um sieben Kilo leichterer Titan-Auspuff samt sonorem Brabbel-Sound; gelochte und um je ein Kilo leichtere Bremsscheiben, die sich – weil rotierende Massen – mit dem Faktor sieben auswirken und den Golf R damit entlasten als würde man ein Ersatzrad ausladen. Wer mag, kann dann auch 267 Sachen fahren statt abgeregelter 250. Im stömungsgünstigeren Variant gar 270.

So oder so gibt’s Fahrspaß direkt vom Erzeuger. Die Lenkung arbeitet punktgenau, auf Lastwechsel reagiert der Golf R überaus gutmütig – und wenn’s nicht gerade eine Spitzkehre ist, findet man den klugen Satz bestätigt, wonach die schönste Verbindung zwischen zwei Punkten eine Kurve ist. Vor allem, wenn man die elektronischen Eingriffe pausieren lässt und sich die optionalen Semi-Slicks von Michelin gönnt. Die sorgen für zusätzlichen Grip und spürbar mehr Stabilität – allerdings verliert der so hinausgeschobene Grenzbereich auch deutlich an Breite.

Wie immer hat Vergnügen leider auch seinen Preis. 40 675 Euro ruft VW für den Golf R mit Sechsgang-Handschaltung mindestens auf, mit Doppelkupplung 2000 Euro mehr. Das sind zusätzliche 8000 Euro zum Performance-GTI – aber eben auch Allrad und 65 Mehr-PS. Und man bekommt einen Sportwagen, der beinahe aussieht wie ein ganz normaler Golf.