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Wolfgang Plank

Der VW Bulli bewegt das Land seit fast 70 Jahren. Als T6.1 wird er nun vor allem elektronisch aufgerüstet.

 
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Der Hauch von Arroganz sei ihnen gestattet in Hannover. Ob man einen Kreis noch runder machen könne, fragen sie – oder eine Linie noch gerader? Den Versuch, befinden sie schließlich in ihrem Werbespot, sei es wert. So gelassen redet sich bloß, wenn man eine Ikone baut. Eine, deren Name – VW-Bus – gleichsam für das Produkt Kastenwagen steht. So wie Tesa für den Klebestreifen und Tempo für das Papiertaschentuch.

Seit fast 70 Jahren bewegt er die Republik. Als Bulli Maler, Installateure, Lieferanten – als Multivan Familien, Sportler, Urlauber. Knapp zwölf Millionen Käufer fand der einstmalige "Typ 2" in all der Zeit. Und noch ist kein Ende in Sicht. Im Gegenteil: Jetzt ist die rollende Legende als Generation 6.1 am Start. Noch immer mit dem Design-Charme eines Ziegelsteins – und doch in der Lage, Handwerker, Manager und Camping-Freaks gleichermaßen zu faszinieren.

Natürlich wissen sie bei VW um diesen Kultstatus. Und genau darum pflegen sie ihn behutsam. Schon der T6 war gegenüber dem T5 bloß ein Aufbügeln des Blechkleides. Und beim T6.1 ist gerade mal der Grill ein wenig breiter und das Licht ein bisschen flacher. Ansonsten wie immer: Alles im Kasten.

Zumindest von außen. Innen jedoch haben die Hannoveraner kräftig modelliert. Weniger Knöpfe, steileres Armaturenbrett, unten abgeflachtes Lenkrad. Vor allem aber Infotainment auf modernstem Stand – inklusive SIM-Karte und Sprachsteuerung. Und auf Wunsch ein digitales Cockpit. Das Interieur reicht wie gewohnt von der nasswischbaren Kunststoffbank bis zum edlen Einzelsitz in Leder.

Vorbei die Zeiten, in denen ein Transporter oder Pritschenwagen zwanghaft unbequem, laut und spartanisch sein musste. Schließlich macht seinen Job am besten, wer sich am Arbeitsplatz wohlfühlt. Und so gibt es Platz für Handy, Paketscanner, Laptop, Wasserflaschen, Kaffeebecher, Zollstock, Taschenlampe, Handschuhe und all die anderen Dinge, die man den Arbeitstag über eben so braucht.

Unter der Haube werkeln Zwei-Liter-Turbodiesel – mit 90, 110, 150 und 199 PS. Der stärkste bekommt sogar Druck aus zwei Schaufeln. Unten gibt’s fünf Gänge, der 150-PS-Motor bietet ein Zahnrad-Paar mehr und optional das Sieben-Gang-DSG des Top-Aggregats. Zu den beiden starken Versionen muss auch greifen, wer allradgetrieben unterwegs sein will.

Für den innerstädtischen Lieferdienst tut’s allemal die Einstiegs-Version, hat man Schweres oder Eiliges im Kreuz, darf’s aber gerne etwas Stärkeres sein. Es macht eben schon einen Unterschied, ob man Gemüse zum Markt bringt, Zement auf die Baustelle, Termin-Fracht durch die Republik oder Gäste zum Flughafen. Gerade in Multivan oder Caravelle haben unterhalb der 150-PS-Grenze wohl nur mehr Sparfüchse ihren Spaß. Zwei Tonnen Leergewicht mit der Windschlüpfigkeit einer Schrankwand brauchen einfach ein bisschen Wumms.

Für Erdgas- oder Hybrid-Antrieb übrigens wird man wohl auf den T7 warten müssen – wieviel VW da dann wegen der engen Kooperation mit Ford auch noch drin sein mag… Haustuner Abt indes will in Bälde einen Elektro-Kastenwagen mit 112 PS und 400 Kilometern Akku-Reichweite auf die Räder stellen.

In Sachen Assistenz hingegen hat VW selbst kräftig aufgerüstet. Möglich wird das, weil die Servolenkung nun – wie im Crafter – elektromechanisch arbeitet. Damit hält der Bus auf Wunsch ein Gespann stabil, findet in und aus Parklücken, und falls es mal stürmisch wird, steuert er serienmäßig gegen Seitenwind an. Ebenfalls im Angebot: Abstands-Tempomat, Rückfahrkamera, Anhänger-Assistent und Sensoren, die warnen, bevor man sich hässliche Dellen in die lange Flanke fährt.

Beim Transporter verfügt jetzt auch schon das Einstiegsmodell über elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung, elektrisch verstell- und beheizbare Außenspiegel sowie ein Bluetooth-Radio. Auf Wunsch können Gegenstände bis unter den Beifahrersitz geschoben werden – das verlängert die Ladefläche hinter der großen Klappe von 2,45 auf 2,80 Meter. Wem das noch nicht reicht, für den gibt es den Bulli statt mit 4,90 auch mit 5,30 Metern Länge.

Die Federung ist zweckmäßig straff und erfreulich wankstabil. Gegen Aufpreis lässt sich der T6.1 auch Richtung Sport oder Sänfte trimmen. Braucht aber kein Mensch. Bus heißt im Regelfall gepflegtes Fortkommen. Und so königlich wie in Caravelle oder Multivan thront man schließlich nicht mal in einem SUV. Also: Tastendruck allenfalls für die kleine Kurvenhatz zwischendurch…

Das Ticket für den Kastenwagen kostet ab 27 310 Euro aufwärts, für den Einstieg in den Multivan werden mindestens 36 890 Euro fällig. Wer Highline will und den dicken Diesel, darf aber gut das Doppelte veranschlagen. Selbst sechsstellig ist beim Multivan kein Problem. Ikonen haben halt ihren Preis.