Immer für eine Überraschung gut sind Flüge, die im Verbund mehrerer Airlines durchgeführt werden. Hier gelten für Handgepäck nämlich nicht die Regeln der Fluggesellschaft, bei der man gebucht hat, sondern die, die ihn tatsächlich durchführt. Hat gelegentlich hohen Unterhaltungswert. So oder so soll alles irgendwie über den Sitz. Man könnte unterwegs ja dran müssen.
Mag der Mensch im Laufe seiner Entwicklung zu vielem fähig geworden sein – der geordnete Einstieg in ein Luftfahrzeug zählt nicht dazu. Natürlich fliegt der Erste nicht früher und der Letzte nicht später. Direkt über Kopf aber ist der Stauraum limitiert – und mit jedem Platz weiter vorne in der Boarding-Reihe steigt die Chance, seinen Kram unterzubringen. Sollen die Späteinsteiger doch schauen, wo sie bleiben. Haben ja den Fußraum unter den Vordersitzen. Oder müssen ihr Zeug halt abgeben. Altruismus mag sonstwo verbreitet sein – im Flieger ist rücksichtsfreie Zone.
Bestes Beispiel sind die Oberschlauen, die ihren Trolley schon in Reihe acht abwerfen, obwohl sie Reihe 27 sitzen. Vorteil: Man hat das Ding sicher deponiert, muss es nicht bis hinten schleppen und kann es später beim Ausstieg bequem mitnehmen. Nachteil: Die in Reihe acht haben ein massives Problem – aber das sind ja zum Glück die anderen.
Derweil wird den Herrschaften am Notausstieg nahegelegt, doch ihr Handgepäck bitte nicht vor sich abzuladen, alldieweil es da ja nicht sicher liegt und im Falle von Turbulenzen eine unerwünschte Eigendynamik entwickeln könnten. Es wird also zusätzlich eng im Oberstübchen.
Gegen Ende zu nahen die Schlichter und Stapler. Gerne mit Riesentrolley, dafür aber ohne Skrupel. Fremdes Köfferchen nach links, fremdes Täschchen nach rechts, zwei fremde Jacken nach gegenüber. Hauptsache, das eigene Monster findet exakt über dem Sitz auskömmlich Platz. Ob der Rest hintennach verzweifelt sucht – was soll’s?
Und dann kommt ja noch einer aus Reihe acht, der in Reihe zwölf ein letztes freies Plätzchen für seine Tasche erspäht hat. Was den Flug über nach Glücksfall aussieht, erweist sich beim Ausstieg als Schuss ins Knie. Mit freundlichen Worten gegen eine zum Ausgang drängende Urlauberschar angehen zu wollen, ist in etwa so aussichtsreich, als schwenkte man im Angesicht panischer Wasserbüffel ein weißes Fähnchen.
Ein Wunder ist es sicher nicht, dass Flug und Fluch zum Verwechseln ähnlich klingen …