Eigener Inhalt Wohin des Wegs?

Wolfgang Plank
 Quelle: Unbekannt

Mal wieder die Kanzlerin. Mal wieder in einem Nebensatz. So, als sei es im Grunde gar nicht wichtig. Angela Merkel schlägt dem Verbrennungsmotor in Deutschland den Zylinderkopf ab - und irgendwie merkt es keiner.

 
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"Ich kann jetzt noch keine präzise Jahreszahl nennen, aber der Ansatz ist richtig", erklärt die Regierungschefin ganz beiläufig auf die Frage, ob es auch für Deutschland sinnvoll sei, ein Auslaufdatum für Benzin- und Dieselmotoren festzulegen. Einen Tag, nachdem sie eine Quote für E-Autos, in Rede gestellt von ihrem Herausforderer, noch als "undurchdacht" gegeißelt hat. Ja was jetzt?!, möchte man da schreien. Und fragen: Wie soll’s, bitteschön, denn weitergehen?

Vielleicht verstellt es ja den Blick auf das Auto an sich, wenn man es ausschließlich vom klimatisierten Nubukleder-Fond einer gepanzerten Luxuslimousine aus wahrnimmt. Wenn man nur nach dem Chauffeur rufen lassen muss – und das Thema Straßenverkehr mit dem Setzen eines kleinen Blaulichts erledigt ist.

Eventuell verliert man im Zirkel der Regierungsmächtigen und der Konzern-Chefs tatsächlich das Gespür dafür, dass es außerhalb verglaster Türme tatsächlich Menschen gibt, bei denen das Auto nicht einfach so bereitsteht. Immer und überall. Frisch gewaschen und vollgetankt. Stets das neueste, versteht sich. Und im Falle der Spitzenpolitik sogar noch von Steuergeld bezahlt.

Womöglich kommt der Kanzlerin also gar nicht mehr in den Sinn, dass die allermeisten in dem von ihr regierten Land für einen neuen Wagen – und sei es nur ein gebrauchter – einen Großteil ihrer Ersparnisse drangeben müssen oder einen nennenswerten Teil ihres Einkommens. Dass sie also sehr wohl und sehr genau überlegen müssen, was sie sich da anschaffen, weil sie viele Jahre damit fahren müssen. Dass sie nicht auf einen politischen Federstrich mal eben mit einem Spontan-Besuch im Autohaus reagieren können. Und dass sie obendrein darauf vertrauen müssen, dass der Wiederverkaufswert ihres Wagens nicht amtlich gegen Null gedrückt wird.

Man hätte also schon gerne eine Idee davon, wie sich Frau Merkel die automobile Zukunft der Republik so vorstellt. Sagen wir mal die nächsten vier, fünf oder auch zehn Jahre. Was man denn, bitteschön, fahren soll ohne sich dem Risiko des Ruins auszusetzen. Und was bauen?

Das Problem der ungefähren Kanzlerin trifft nämlich Käufer wie Hersteller. Denn wem nützt der sauberste Diesel, wenn man vielleicht selbst mit dem bald nicht mehr in die Innenstädte wird fahren können? Wem ein Benziner, wenn Feinstaub-Emittenten generell auf die schwarze Liste kommen? Wem ein Erdgas-Fahrzeug, wenn es zwar mit Öko-Methan fährt, aber eben doch etwas verbrennt? Wem ein Hybrid, wenn auch noch Kolben auf- und abgehen?

Für die Politik in Berlin und anderswo in Europa ist die Rettung längst ausgemacht: das Elektroauto. Keine Abgase, kein Lärm, kein Verballern fossiler Energie. Wunderbar. Wie im Werbefilm. Doch was hilft all das schöne Gerede von ökologischer Mobilität, wenn sie sündhaft teuer ist, und man nicht weiß, wo man auf die Schnelle laden soll? Ganz abgesehen davon, dass all die vielen Akkus leider nicht auf der grünen Wiese wachsen – und der Strom dafür noch immer zu einem Gutteil aus Kraftwerken stammt, in denen mit Braunkohle der so ziemlich übelste aller Brennstoffe verfeuert wird.

Es stimmt schon: Wer "emissionsfreie Mobilität bis 2050" nicht nur in Weltklimaschutzverträge schreiben will, sondern ernst meint, muss spätestens irgendwann um 2030 damit starten. Schließlich dürfen 20 Jahre später ja dann auch keine Altfahrzeuge mit Verbrennern mehr unterwegs sein. Aber es ist halt auch so, dass ein Elektromobil von heute die üblichen Anforderungen an ein Auto eben nicht immer und überall problemlos erfüllen kann.

Bislang ist ja noch nicht einmal heraus, was die Regierung überhaupt will. Innenstädte abgasärmer machen – warum dann Schnell-Ladesäulen vorrangig an Autobahnen? Oder flächendeckender Klimaschutz – weshalb dann keine Förderung für Hybriden ohne Stecker? Irgendwie wird man den Verdacht nicht los, dass mit planvollem Vorgehen dann doch etwas anderes gemeint sein muss.

Womöglich wäre es ja schon ein Fortschritt, wenn die Kanzlerin endlich die Zuständigkeiten sortierte. Reden doch beim E-Auto in bester deutscher Bürokraten-Tradition nicht nur Verkehrs- und Wirtschaftsministerium mit, sondern auch Umwelt- und Forschungsressort. Und sicherlich wäre es höchst hilfreich, wenn es eben nicht nur Wünsche gäbe, sondern so etwas wie eine Strategie.

Mal eben so ein dahingeplaudertes Sätzchen ist für die Regierungschefin einer Auto-Nation dann doch mehr als dürftig.