Eigener Inhalt Škoda Kamiq: Der kleine Bär

Wolfgang Plank

Da nimmt die alte Diskussion wieder Fahrt auf: Ordern die Leute bloß mehr Hochbeiniges, weil kaum Alternativen im Angebot sind - oder sind kaum Alternativen im Angebot, weil die Leute bloß mehr Hochbeiniges ordern? So oder so: Jeder vierte Neuwagen rollt durch die Republik, als sei schon die Fahrt zum Supermarkt eine Expedition.

 
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Vor allem die Kleinen gewinnen an Höhe. Und so bringt auch Škoda am unteren Ende Gehobenes. Mit dem 4,24 Meter kurzen Kamiq steht ab 21. September die Miniatur von Groß-Bär Kodiaq im Fenster – für alle, denen schon der Karoq zu wuchtig ist und der Scala zu sehr Kombi. Der Name sagt dabei durchaus etwas über das Selbstbewusstsein der Tschechen: In der Sprache der Inuit steht Kamiq für etwas, das perfekt passt.

Kantiges Design, stimmige Proportionen und eine scharf gezeichnete LED-Front machen den Kompakt-Krabbler fit für die gepflegte Fuhre. Passend dazu laufen optional die Blink-Signale nach außen, die Heckklappe bewegt sich auf Wunsch automatisch, sogar die Anhängerkupplung schwenkt elektrisch aus. Und gegen 400 Euro Aufpreis gibt’s gestochen scharfe Grafiken im digitalen Cockpit. Für einen Kleinen ist das ziemlich groß.

Im Vergleich zum Scala, der auf der gleichen Plattform aufbaut, bietet der Kamiq verstärkte Achsen, größere Räder, eine geänderte Lenkung und knapp vier Zentimeter mehr Luft nach unten. Für Stöckchen und Steinchen taugt der Fünftürer also durchaus, für ganz neben der Spur indes fehlt ihm der Allrad. Getriebene Räder wiegen halt nicht nur extra, sie kosten auch. Und zwar Geld und Sprit. In diesem Segment zählt jeder Euro.

Trotz knapp kalkulierter Außenmaße bleibt innen auskömmlich Raum. Auch für Hintersassen. Bei voller Bestuhlung fasst das Gepäckfach 400 Liter, umgeklappt packt der Kamiq fast 1,4 Kubikmeter weg. Und selbst bei Surfbrett oder Sperrgepäck muss er nicht passen. Bis 2,44 Meter Ladetiefe öffnen sich, wenn man den Beifahrersitz mit Klapplehne ordert.

Vorwärts geht’s mit beatmeten Benzinern, die aus dem Hubraum dreier Bierbüchsen maue 95 und quirlige 115 PS freisetzen. Wer Fahrfreude auf dem Zettel hat, sollte allerdings nicht ganz unten einsteigen. Unklimatisiert und mit bloß fünf Gängen lassen sich heutzutage nur mehr Komfort-Allergiker locken. Der stärkere Dreizylinder bietet ein Zahnrad-Paar mehr, wahlweise Sieben-Gang-DSG – und ab Werk eine Differenzialsperre.

Womöglich lohnt sich auch ein wenig Geduld. In Bälde folgen der spritzige 1,5-Liter-Turbo mit 150 PS, ein 1,6-Liter-Diesel (115 PS) und ein Dreizylinder mit 90 PS, der Erdgas (CNG) und Bio-Methan verfeuert. Sparsamer – und umweltfreundlicher – geht’s nur noch mit dem Fahrrad.

Dank kluger Abstimmung und präziser Lenkung bleibt der Kamiq auch in flotten Kurven angenehm neutral und nervt nicht mit elektronischen Eingriffen. Wenn man es sich leisten mag und kann, äugt er in tote Winkel, meistert Staus und parkt selbstständig ein und aus. Nur eben alles nicht für jene scharf kalkulierten 17 950 Euro der Basis-Version. Immerhin: Die Spur hält er ab Werk und zur Not bremst er auch – sogar für Fußgänger.

Und natürlich wäre der kleine Bär kein Škoda, wenn sich nicht hübsch verteilt all die "Simply-Clever"-Lösungen fänden, auf die man in Mladá Boleslav mit Recht stolz ist: Neben dem Schirm in der Fahrertür und dem Eiskratzer in der Tankklappe gibt’s einen Kantenschutz, der sich beim Öffnen blitzschnell vor den Türfalz legt. Und wer den Gummideckel fürs Wischwasser öffnet, hat prompt den integrierten Trichter parat. Auch Kleines kann bärig sein.