Vorbild sind die Großen
Wer den Jüngsten einen sensiblen Umgang mit den neuen Medien vermitteln will, muss selbst als Vorbild fungieren. Und gerade darin liegt oft schon ein Problem. Denn laut Zahlen des Bundesministeriums für Gesundheit haben auch immer mehr junge Erwachsene ein Onlinesucht-Problem. Neue Studie zeigen, dass Männer und Frauen dabei gleich häufig betroffen sind – allerdings sind sie von unterschiedlichen Medien abhängig.
77,1 Prozent der 14- bis 24-jährigen internetnutzenden Frauen sind hauptsächlich permanent in sozialen Netzwerken unterwegs. Nur 7,2 Prozent verbringen ihre Zeit mit Online-Computerspiele. Bei den Männern ist es hingegen umgekehrt. 64,8 Prozent zocken Spiele, nur 33,6 Prozent nutzen übermäßig soziale Netzwerke.
Und auch bei der Inanspruchnahme von Hilfe unterscheiden sich die Geschlechter: Obwohl Frauen und Männer nahezu gleich häufig internetbezogene Störungen aufweisen, nutzen deutlich mehr männliche Personen die inzwischen vielfältigen Beratungs-und Behandlungsangebote.
Eine Einschätzung, die man auch beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte teilt. "Wir können aber nicht sagen, ob Eltern ihre Kinder vor den Fernseher oder das Tablet setzen, weil sie zappelig sind – oder ob die Kinder zappelig werden, weil sie zu viel Zeit vor dem Medium verbringen", so der Verbandschef. Bei vielen Eltern sei jedoch der Irrglaube verbreitet, dass Kinder durch Medienkonsum besser sprechen lernen. "Kein Kind lernt jedoch vor dem Fernseher", betont der Sprecher der Kinder- und Jugendärzte, Josef Kahl. Auch deshalb habe sein Verband in den vergangenen Monaten Empfehlungen für die Eltern um achtsamen Gebrauch digitaler Bildschirmmedien formuliert.
Eben jene Handreichung gibt es seit Kurzem bereits bei den ersten Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt. Ein handlicher Flyer mit Erklärungen liefert Eltern Tipps, wie sie ihren Kindern von Anfang an den achtsamen Umgang mit digitalen Medien vermitteln können.
Zahlen der Bundesregierung
Auch die Politik hat sich längst mit dem Thema Internet-Sucht befasst. In einer von der Bundesdrogenbeauftragten Marlene Mortler (CSU) in Auftrag gegeben Studie zur Auswirkung des modernen Medienkonsums ist sogar von mittlerweile 600000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Rede, die als internetabhängig gelten. 2,5 Millionen Menschen in Deutschland stuft das Gesundheitsministerium als "problematische Internetnutzer" ein. Demnach nutzen 70 Prozent der Kinder im Kita-Alter das Handy der Eltern mehr als eine halbe Stunde täglich, 90 Prozent von ihnen werden dabei nicht weiter kontrolliert.
Appell an Apple
Tony Fadell gilt es als Erfinder des iPod und hat auch an der Entwicklung des Apple-Smartphones mitgearbeitet. Jetzt macht sich der Amerikaner jedoch Gedanken über seine Arbeit. In einem offenen Brief an Apple fordert er den Konzern auf, etwas gegen die süchtigmachenden Aspekte der Geräte zu unternehmen. Das iPhone habe "unser Leben verändert", heißt es in dem Schreiben. Nun müsse Apple etwas gegen die "Überbenutzung" tun. Nicht soziale Netzwerke seien das Problem, dass immer mehr Menschen Zeit online verbringen, sondern die technischen Geräte selbst.
Fadell vergleicht die gesunde Smartphone-Nutzung mit gesundem Essen – auch hier gebe es Vorgaben, was und wie viel für jeden gut ist. Solche sinnvolle Empfehlungen müsse es auch fürs Smartphone geben – und zwar vom Apple-Konzern selbst. Das Unternehmen soll demnach Funktionen einbauen, die über das eigene Nutzerverhalten informieren. Auch Maßnahmen zur Reduzierung der iPhone-Sucht seien möglich. So könnten die Geräte laut Fadell in einen "Nur Lesen"-Modus oder einen "Nur Hören"-Modus versetzt werden. Die Entwicklung solcher Angebote sei nicht einmal teuer.
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