Die Stadtführerinnen Zoeke und Claudia Büttner können ihren Gästen nur noch wenig zeigen, was aus jener dunklen Zeit erhalten ist. Das 1627 eigens erbaute Hexengefängnis wurde wieder abgebrochen, seine Sandsteinquader zum Bau des Kapuzinerklosters verwendet. Dreißig Gefangene gleichzeitig konnten die Häscher im Malefizhaus in engen Zellen unterbringen. Sie schliefen auf dem blanken Boden, wurden sie nicht von ihren Familien versorgt, verdursteten und verhungerten sie. Oder sie starben an den Folgen der Folter. Eine der Zellen war in sich schon Folterinstrument: Im "Gefaltet Stüblein" standen die Balken als Zacken aus dem Fußboden. Unmöglich, hier ohne Schmerzen zu sitzen oder zu liegen.
Heute fahren die Busse über die Stelle, wo einst das Hexengefängnis stand: An der Promenadestraße liegt der ZOB, Bambergs zentraler Omnibus-Bahnhof.
Was noch steht, ist das Schloss Geyerswörth. In dem großen roten Gebäude an der Regnitz residierten im 17. Jahrhundert die Fürstbischöfe. Auch Johann Gottfried I. von Aschhausen und sein noch unbarmherzigerer Nachfolger Johann Georg II. Fuchs von Dornheim, der den Beinamen "Hexenbischof" trug. Beiden diente der Weihbischof Friedrich Förner, ein Scharfmacher und Hassprediger, der von der Kanzel in der Oberen Pfarre gegen die "Satansbrut" hetzte und zur Denunziation aufrief. Die Bamberger nannten Förner den "Hexenbrenner".
Wenn man im abendlichen Dämmerlicht über den Brucknersteg zum Schloss Geyerswörth geht, sieht man vor der roten Mauer ein Glühen am Boden. Das Kunstwerk "Branding" von Miriam Giessler und Hubert Sandmann ist das Mahnmal, mit dem Bamberg seit 2015 an die Hexenverfolgung erinnert. Schwelende Glutnester eines abgebrannten Scheiterhaufens symbolisierend, ist es ein Brandeisen-Abdruck in der Haut der Stadt.
Nicht alle Einwohner befürworteten diese sichtbare Erinnerung, es gab leidenschaftliche Debatten deswegen. "Es soll an die Verfolgung, Erniedrigung, Folterung und Ermordung von vermeintlichen Hexen im Hochstift Bamberg erinnern und gleichzeitig mahnend und anregend in die Gegenwart und Zukunft wirken, sich aktiv gegen Vorurteile, Ausgrenzungen, Denunziation, Machtmissbrauch und einseitiges Denken zu engagieren”, sagt Stadtsprecherin Siebenhaar.
An den Kosten hat sich auch das Erzbistum beteiligt. "Es ist gut und richtig, an die unschuldigen Opfer zu erinnern", sagt Domkapitular Dr. Norbert Jung, als Leiter der Hauptabteilung für Kunst, Kultur und Orden von Amts wegen Experte zum Thema Hexenverfolgung. Jung weiter: "Auch in unserer Zeit muss leider immer wieder deutlich gemacht werden: Gewalt im Namen Gottes darf nicht sein!" Neben der Aufklärung über "Fehlentwicklungen in der Geschichte" bleibe es stetige Aufgabe für die Kirche, sich gegen politischen und religiösen Fanatismus zu engagieren.
"Marri" und "Kunni", die Fremdenführerinnen, sind mit ihren Gästen in der Alten Hofhaltung neben dem Dom angekommen. Sie wurde vor dem Neubau 1627 zunächst als Hexengefängnis genutzt. Der von spätgotischen Fachwerkbauten mit Laubengängen umrahmte Innenhof ist ein perfekter Platz für weitere Geschichten. "Hier tagte die Malefiz-Kommission", erklärt Claudia Büttner. Drei Kommissare und ein Scharfrichter waren fest angestellt, um sich ausschließlich mit Anzeigen, Prozessen und Folter sowie schließlich mit den Hinrichtungen zu befassen.
Es war ein weltliches Gericht, das auf Grundlage der Halsgerichtsordnung aus dem Jahre 1507 die Verfahren vollzog. "Die Hexenjagd ging von der Kirche aus, aber weltliche Richter sprachen die Urteile", sagt Birgid Zoeke. Ein juristisches Hintertürchen, durch das sich die Kirche jahrhundertelang aus der Verantwortung stahl.
Eine Sache des Glaubens war die Hexenjagd ohnehin nur vordergründig. "Die Verfolgung wurde in Bamberg auch als politische Säuberungsaktion genutzt", erläutert Zoeke. "Der Bamberger Fürstbischof sah darin die Chance, sich seiner Gegner zu entledigen. Er führte eine Ausrottungsaktion gegen die bürgerliche Elite."
Fuchs von Dornheim habe mit dem Morden seine absolute Macht gesichert. Dabei soll er sich auch um die ungeheure Summe von geschätzt 500 000 Gulden bereichert haben, denn das Vermögen der Verurteilten fiel der fürstbischöflichen Kasse zu. Ihm unliebsame Familien ließ der Herrscher des Hochstifts komplett auslöschen. Etwa die seines eigenen Kanzlers Dr. Georg Haan, eines Kritikers der Hexenprozesse. Oder die des angesehenen Bamberger Bürgermeisters Johannes
Junius.
In seinem letzten Brief aus dem Hexengefängnis schrieb Junius 1628 an seine Tochter Veronica: "Unschuldig bin ich in das gefengnus kommen, unschuldig bin ich gemarttert worden, unschuldig muß ich sterben."