Veranstaltungstipps Barbara Schöneberger: "Ich lebe das Leben, das ich leben will"

Von Steffen Rüth
 Foto: Benno Krähahn

Nach fünf Jahren Musikpause hat Allroundtalent Barbara Schöneberger ihr viertes Album „Eine Frau gibt Auskunft“ aufgenommen. Wir haben mit ihr gesprochen.

 
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Barbara, wie bist Du an die Songschreiber und Produzenten Peter Plate und Ulf Leo Sommer geraten?
Ich habe Peter bei einer Veranstaltung gnadenlos angehauen. Am Anfang wollten wir nur zwei, drei Songs zusammen machen, dann haben wir uns so gut verstanden, dass ein ganzes Album daraus geworden ist. Das finde ich super. Die Platte klingt für mich wie aus einem Guss.

Du machst diesmal mehr Chanson als Happy-Pop und Klamauk.
Ja, einige Lieder sind ernster und melancholischer. Aber trotzdem auch positiv.

Wie persönlich ist „Eine Frau gibt Auskunft“?
Ich singe über Themen, die mir überwiegend nicht fremd sind, die aber größtenteils gerade nicht viel mit meinem Leben zu tun haben. Ich bin ja nicht die typische Singer/ Songwriterin, die sich jetzt über ihren Liebeskummer ausheult.

Warum eigentlich nicht?
Erstens habe ich gar keinen Liebeskummer, und zweitens denke ich schnell „Jetzt wird es aber lächerlich“, wenn es zu emotional und gefühlig wird. Deshalb haben wir uns lange ziemlich schwergetan, eine Herangehensweise an dieses Album zu finden und uns Lieder zu überlegen, die glaubwürdig genug sind, damit die Hörerin sich angesprochen fühlt. Schließlich hatten wir die Idee, zwölf Frauentypen zu entwickeln, von denen jede komplett anders, aber jede auch nachvollziehbar ist.

Hättest Du gerne mehr Liebeskummer, damit Du darüber singen kannst?
Ich glaube tatsächlich, dass man sich leichter damit tut, poetisch zu sein, wenn man sich in emotional total entrückten Verhältnissen befindet, also entweder in der totalen Liebeseuphorie oder in der totalen Liebesdepression.

Wo befindest Du dich denn auf der Liebesskala?
Im oberen Drittel. Kurz unterhalb der Euphorie. Das ist wahrscheinlich der unproduktivste Bereich, in dem man sich aufhalten kann.

Für die Kunst schwierig, für dich selber toll.
Eben. Deshalb mussten wir zu diesen Tricks greifen. Bei vielen Themen kann ich einfach nicht mitreden. Und ich kann in meinem Alter nicht mehr im Ernst ein Album machen, auf dem ich singe „Ich finde dich geil, wie kriege ich dich ins Bett?“ Das ist einfach nicht Teil meiner Lebenswelt. Ich bin halt keine 23 mehr.

Würdest Du denn gerne noch mal Mitte 20 sein?
Nein. Ich weiß, wo ich hingehöre. Und ich lebe das Leben, das ich leben will. Ich glaube, Frauen tun sich insgesamt leichter damit, zu wissen, wie alt sie sind. Und auch zum Beispiel zu ahnen, dass es schwierig ist, mit jemandem zusammen zu sein, der 28 ist, wenn man selber 44 ist.

Du schließt also aus, einen deutlich jüngeren Partner zu haben?
Mit dem einen würde man es vielleicht noch hinkriegen. Aber wenn der seine Freunde mitbringt, und die haben alle so schiefsitzende Baseballkappen auf, dann wird es für mich problematisch. Männer sind anders, die können über so was hinwegsehen, die fühlen sich gehoben, wenn sie mit Ende 40 noch mit 25-Jährigen abhängen.

Im Song „Happy Patchwork Family“ freut sich die Frau darüber, wie glücklich ihr Ex-Mann mit seiner 23-jährigen Freundin ist.
Ja, die hat ein großes Herz. Sie fragt sich nur, warum er jetzt diese komischen Hosen trägt, die er vorher immer doof fand oder so einen Hipster-Bart. Und die Neue hat einen Super-Instagram-Account, da kann man richtig neidisch werden.

Wie ist denn dein Instagram-Account?
Mehr als abwechslungsreich! Ich nutze Instagram auch dazu, mich von meiner unvorteilhaften Seite zu zeigen. Weil diese Seite in Medien wie dem Fernsehen sonst zu kurz kommt. Viele verbinden die sozialen Medien nicht mit Augenzwinkern. Dabei kannst du mit Humor dort wirklich viel reißen.

Humor ist insgesamt wichtig für deine Arbeit, oder?
Klar. Ich habe mich relativ früh gegen Information und für Unterhaltung entschieden. Damit bin ich glücklich. Ich merke, dass der Gradmesser meines Lebens der Spaß daran ist. Ich komme jeden Abend nach Hause und sage: „Heute war es wieder superlustig." Für mein familiäres Umfeld ist das höchst ermüdend, aber es reicht ja, wenn einer in der Familie einen normalen Job macht. Ich bin tatsächlich ausgeglichen und glücklich bei dem, was ich tue.

So deutlich hört man diesen Satz selten.
Ich weiß das auch wirklich zu schätzen, dass ich unter so einer rosaroten Glocke lebe. Ich nehme das nicht selbstverständlich, es ist mir total bewusst, und ich bin dafür auch extrem dankbar.

Hast Du dir diese rosarote Glocke selbst gebaut oder ist sie dir übergestülpt worden?
Ich bin schon ein wahnsinniges Glückskind. Auf der einen Seite ist mir tatsächlich noch nie etwas Schlimmes widerfahren. Dafür kann ich nichts, da hat es das Schicksal gut mit mir gemeint. Andererseits habe ich diese unfassbare Teflon-Veranlagung, wodurch mir Dinge, die anderen nahe gehen würden, gar nicht so sehr auffallen.

Liest Du Kritiken und Kommentare über dich und deine Arbeit?
Es ist nicht so wichtig, was ich mache, es ist nur Unterhaltung. Ich mache bei der Arbeit einfach mein Ding und sehe mich selbst eigentlich als die totale Privatperson, die am liebsten zuhause ist und sich ab und zu chice Klamotten anzieht und auf die Arbeit geht. Dann komme ich wieder heim und führe mein unaufgeregtes, normales Leben weiter.

Du giltst als sehr fleißig und umtriebig – TV-Shows, Galas, Firmenevents. Bist Du mehr zu Hause als die Öffentlichkeit glaubt?
Ja, viel mehr. Alles, was ich mache und sage, wird nach außen breitgetreten. Und dann wirkt es so, als sei ich permanent irgendwo. Ich bin keine Schauspielerin, die sechs Wochen auf Madagaskar dreht. Trotzdem werde ich immer in diese Ecke gedrängt von wegen: „Oh, Sie sind ja immer im Fernsehen, wie machen Sie das eigentlich mit den Kindern?“ Also: Es ist nun wirklich für niemanden leichter als für mich, das zu organisieren. Menschen mit einem normalen Job haben mehr Schwierigkeiten, Familie und Beruf unter einen Hut zu kriegen.

In deiner Single „Du willst es doch auch“ will das Paar auch noch den Beischlaf in seinen streng getakteten Alltag integrieren – und scheitert.
Ja, mein Gott, angeblich hat das Durchschnittspaar zwei Mal pro Woche Sex, ich kann mir das nicht vorstellen. Man denkt sich ja ab und zu: „Mensch, heute passiert es aber mal wieder so richtig." Und dann bist du am Abend hundemüde, dein Mann auch, und du schläfst beim Fernsehgucken ein. Das kennt wirklich jeder. Früher sang man halt über viel Sex. Heute singt man über gar keinen Sex. Aber ich glaube, auch das ist nur eine Phase.

Aha?
Ja, das mit dem Sex wird später wieder besser. Man muss sich halt nur auch ein bisschen anstrengen.

„Vielleicht wird’s ja schöner“ gibst Du sowieso einen sehr optimistischen Ausblick aufs Alter.
Bisher ging mein Leben nur bergauf. Ich weiß natürlich nicht, ob das so bleibt, doch vielleicht ist das Leben so gnädig, dass man mit 70 sagt „So gut wie jetzt war es noch nie“. Meine Mutter hat mir gesagt, zwischen 40 und 50 war ihre beste Zeit. Jetzt habe ich noch sechs gute Jahre. Die nehme ich voll mit.

Also keine Angst vor zu viel Stress oder gar einem Burnout?
Das ist eher ein Männerproblem, wenn ich das mal sagen darf. Ich kriege oft mit, dass Männer sich beklagen, wie schwer es ist, erst mit dem Vorstand zu telefonieren und dann zuhause die Windeln zu wechseln. Ich denke dann nur: Nee, ist es eigentlich nicht. Das ist das Leben. Es ist gesund, seine Eitelkeiten beiseite zu lassen und zu merken, dass sich zuhause keine Sau für deinen Job interessiert. Dort heißt es stattdessen nur: „Hast Du die Autoreifen gewechselt?“

Beeindruckt dich die glamouröse Welt, in der Du dich bewegst, überhaupt nicht?
Eigentlich nicht. Ich habe eine Freundin, wenn die sich Schuhe kauft, stellt sie die an ihr Bett und guckt sie sich beim Aufwachen an. Sowas mache ich nicht. Um meinen Glamour kümmert sich mein Stylist. Privat ist es mir wurscht, wie ich herumlaufe.

Bekommen deine Kinder mit, was Du beruflich so treibst?
Was ich im TV mache, verfolgen die gar nicht. Diese CD ist jetzt wirklich das Erste, was sie als Produkt meiner Arbeit voll wahrnehmen. Sie singen alles mit, ohne es zu verstehen. Und wenn andere Kinder bei uns zu Besuch sind, müssen die sich das immer anhören. Die sind schon ein bisschen genervt und fragen ihre Mütter, wann die denn eine Platte machen. Alles in allem aber ist meine Arbeit bei uns zu Hause kein großes Thema. Weil ich es auch nicht zum Thema mache.

Weshalb nicht?
Ich genieße die Privilegien meines Lebens. Ich verdiene auch wirklich sehr gerne Geld, was viele sich ja nicht trauen, zuzugeben. Aber weißt Du, worauf es mir wirklich ankommt im Leben? Mit Freunden um einen großen Tisch zu sitzen, mit ganz viel Essen auf diesem Tisch. Ich bin wirklich sehr häuslich – was mir extrem hilft in meinem gesamten Leben.

Wie das?
Ich war noch nie ein Partygirl, sondern immer schon gerne daheim, deshalb war es überhaupt kein Schock und keine Umstellung für mich, Kinder zu kriegen. Partys interessieren mich nicht, Alkohol interessiert sich mich. Mein Job ist nur ein Job. Ich mache den leidenschaftlich, aber wenn er vorbei ist, dann gehe ich heim.

Was kochst Du am liebsten?
Im Moment sehr gerne arabische Sachen. Linsensalat mit Koriander, Joghurtsaucen mit Gurke und ganz viel Knoblauch, Auberginen. Überhaupt viel vegetarisch. Fleisch interessiert mich nicht so. Ich stehe den ganzen Tag in der Küche. Meine Kinder denken, dass ich hauptsächlich Köchin bin.

Ist das Muttersein so, wie Du es dir vorgestellt hattest?
Ja, größtenteils schon. Ich hatte nur gedacht, dass man mit Erziehung noch mehr erreichen kann . Dass die alles machen, was man will, wenn man sie gut erzieht.

Und sonst?
Ist es natürlich anstrengend, aber ich habe ja keine Kinder gekriegt, um mich mal so richtig ausschlafen zu können. In manchen Punkten ist das Leben als Mutter erbarmungslos. Aber zugleich für mich auch alternativlos. Ich hätte mir ein Leben ohne Kinder nicht vorstellen können. Ich verstehe Paare, die eigentlich Kinder bekommen könnten, nicht, wenn sie sagen, sie wollen keine haben. Ich frage mich auch, was macht man denn dann, wenn man zehn Jahre zusammen ist? Ich bleibe ja nicht zehn Jahre mit einem Mann zusammen, ohne Kinder. Warum? Dann würde ich alle zwei Jahre oder so wechseln.

Du wärst also mit deinem Mann nicht mehr zusammen, wenn ihr keine Kinder hättet?
Also, wenn mein Mann zu mir gesagt hätte, er möchte keine Kinder, dann hätte ich ihn nicht geheiratet. Kinder, Familie, Großfamilie, Eltern, Schwiegereltern, Geschwister, Freunde – ich mag das unheimlich gerne, wenn viele Menschen um mich herum sind. Bei uns zuhause ist die Haustür immer offen. Weihnachten, Geburtstage, wir sind immer alle zusammen.

Du selbst bist Einzelkind.
Ja. Mutter, Vater, ich. Das war auch toll. Aber als ich meinen eigenen Haushalt hatte, habe ich gemerkt, dass ich es am Schönsten finde, wenn viel los ist. Wir haben auch immer irgendwelche Leute bei uns wohnen. Manchmal kommt jemand die Treppe runter, den hatte ich regelrecht vergessen.

Möchtest Du noch weitere Kinder haben?
Du bist der erste, der das fragt. Danke! Wenn ich früher dick aussah auf einem Foto, wurde sofort geschrieben „Na, ist das ein Babybäuchlein?“. Heute heißt es nur noch: „Der schlimme JoJo-Effekt“ – weil man denkt, ich wäre zu alt zum Kinderkriegen. Stimmt aber nicht. Trotzdem: Ich werde keine Kinder mehr bekommen. Ich habe auch schon den Kinderwagen verschenkt, und der war teuer.

Du hast jahrelang den ECHO moderiert. Bist Du froh, dass er abgeschafft wurde?
Unter diesen Voraussetzungen ja. Ich muss ehrlich sagen, bei meiner Mitwirkung an dieser Sendung wären keine Schwachköpfe mit Gaspistolen und Sturmmasken auf die Bühne gekommen. Ich hätte spätestens bei der Probe gesagt: „Sehr gerne, aber ich bin nicht dabei“. Interessanter als die Diskussion um den ECHO finde ich allerdings, dass Kollegah und Farid Bang ihre Musik bei einem großen Plattenlabel verlegen dürfen. Warum liest sich das dort keiner vorher durch und sagt: „Das geht zu weit“

Was ist eigentlich dein Blick auf die MeToo-Debatte?
Ich finde es indiskutabel, wie hier sexuelle Gewalt gegen Frauen und Unterdrückung von Frauen gleichgesetzt werden mit „Darf ich im Büro einer Frau noch sagen, dass sie schöne Beine hat?“ Natürlich verachte ich sexuelle Gewalt, aber ich bin auch bereit, einem Mann vier Mal zu sagen, dass ich nicht mit ihm einen Kaffee trinken gehen möchte, ohne dass ich mich dadurch belästigt fühle. Im Gegenteil: Jetzt mit 44 freue ich mich über jeden, der fragt.

Barbara Schöneberger auf Tour

Die Sängerin geht mit ihrem aktuellen Album „Eine Frau gibt Auskunft“ auf Tour und tritt am 19. März um 20 Uhr in der Stadthalle in Chemnitz auf. Karten gibt es im Ticketshop unserer Zeitung.