Sie sind nach einem Jahr Pause, die Sie ganz bei Ihrer Familie verbracht haben und in der Sie Ihren Mann pflegten, ab August 2015 wieder regelmäßig in Las Vegas aufgetreten. Brauchten Sie die Musik als Therapie und als Ablenkung?
Nein, das war definitiv keine Therapie für mich, sondern eine Therapie für René.
Wie meinen Sie das?
Bevor mein Mann starb, wollte er, dass ich zurück auf die Bühne gehe. Er wollte mich sehen, wie ich singe. Meine Techniker organisieren dann etwas Großartiges. Rene war im Sommer 2015 bereits sehr schwach, er lag im Bett, und vor sich hatte er einen großen Bildschirm. Dort konnte er dann jeden Abend meine Show anschauen, wenn er wollte. René war immer dabei, wenn ich auftrat – und ich war immer zuhause, bei ihm. Wir waren also nie getrennt. Für ihn war das sehr wichtig. Er bat mich, weiterzumachen, nachdem ich ein Jahr zuhause war, er wollte mich nochmal auf der Bühne singen sehen, das hat ihm unglaublich viel bedeutet. Für mich war das hart, sehr, sehr hart. Glauben Sie, ich war in der Verfassung, kurze Kleider und Federn zu tragen und jeden Abend die Menschen zu unterhalten? Es war heftig, ich fühlte mich kein bisschen nach Party. Aber die Leute kamen natürlich, um die Show zu sehen. Die Fans wussten, dass René schwer krank war, aber die Einzelheiten kannten sie natürlich nicht, wir haben das niemandem wirklich erzählt. Aber was mich angetrieben hat, war der Gedanke an René. Ich habe es für ihn gemacht.
Wie war es, nach den Konzerten heimzukommen?
René war so glücklich, wenn er mich sah. Ihn strahlen zu sehen, hat es für mich unendlich einfacher gemacht, die Auftritte durchzuziehen.
Ihre Kinder werden so schnell erwachsen, René-Charles ist 18, die Zwillinge Nelson und Eddy sind gerade neun geworden. Wie geht es den Jungs so?
Alle drei sind aktuell daheim, sie werden zuhause unterrichtet. Wissen Sie was: Mein Großer hat jetzt eine Freundin. Das finde ich total klasse. Ich war ja überrascht, wie lange er gewartet hat. Ich dachte immer, RC (Kurzform für René-Charles) schleppt mir die Mädels ins Haus, sobald er 13 ist, oder allerspätestens ab 15. Hat er aber nicht. Jetzt ist da dieses Mädchen, und sie ist so süß. Ich meine, ich kann ja für die Jungs keine Entscheidungen treffen. Es ist ihr Leben, sie sollen machen, was immer sie möchten, man hat als Mutter bloß ein Seil, an dem man ein bisschen ziehen kann. Die Kinder ziehen am anderen Ende, und hoffentlich hältst du alles in der Balance. So ist es zum Glück bei uns immer gewesen.
Wie ist eure Beziehung?
Wir können über alles sprechen. Ich will nicht, dass er etwas vor mir Verbergen muss, unsere Kommunikation ist mir sehr wichtig. Und seine Freundin, sie ist einfach wundervoll. Sie ist ein bisschen älter als er...
„Ein bisschen“ heißt?
Sie ist 20. Aber in dem Alter macht das viel aus. Wir wissen ja, dass Mädchen ohnehin reifer und vernünftiger sind als Jungs. Dass mein 18-jähriger Sohn mit einem 20-jährigen Mädchen zusammen ist, zeigt mir, dass er für sein Alter ziemlich erwachsen sein muss. Sie ist ein richtig guter Mensch, und ich bin so stolz auf RC, dass er sie hat. Denn für ihn war es besonders hart, seinen Vater zu verlieren. Jetzt hat er eine neue Liebe gefunden, und es ist einfach nur wundervoll. Ich bin glücklich für die beiden, glücklich für unsere ganze Familie. Sie tut uns gut.
Sie singen auf Ihrem Album das Lied „Falling In Love Again“. Wären Sie bereit für einen neuen Mann in Ihrem Leben?
Im Moment habe ich keinen Freund. Ich suche auch nicht nach einem neuen Freund. Auch in der näheren Zukunft kann ich es mir nicht vorstellen, wieder mit jemandem zusammen zu sein. Doch vielleicht trifft mich eines Tages der Blitz. Und wenn es wahre Liebe ist, dann kannst du sowieso nicht auf die Suche gehen. Wahre Liebe muss dich finden. Jemanden kennenzulernen, ist nicht so wie shoppen zu gehen, auch wenn manche Leute das anders sehen und Verbindungen sehr beiläufig eingehen. Das ist überhaupt nichts für mich. Dazu kommt auch die Frage: Liebt mich derjenige, weil ich der Mensch bin, der ich bin. Oder liebt er mich, weil ich Céline Dion bin, die berühmte Sängerin. Vielleicht verliebe ich mich nie wieder. Doch vielleicht finde ich irgendwann wieder einen Partner.
Kann Ihr Sohn RC Ihnen keine Tipps fürs Daten geben?
Da seine erste Freundin ein echter Volltreffer ist, wäre das gar keine so üble Idee (lacht). Ich werde es ihm vorschlagen.
Was halten Ihre Kinder von Ihrer Musik?
Die Zwillinge sind voll die Showbusiness-Jungs, sie verkleiden sich, sie schnappen sich die Mikrofone, sie singen Karaoke. Mein Ältester schreibt Musik, er ist aber in erster Linie ein Rapper, und er liebt es laut. Er spielt auch Eishockey und Golf, mit seinen Freunden geht er oft zum Bowling, er ist also ein Junge mit vielen Leidenschaften. Ich bitte RC manchmal, sich meine Songs anzuhören und seine Meinung zur Produktion zu geben. Er kennt sich echt gut aus und sagt mir dann Dinge, die manchmal schmeichelhaft sind, und manchmal auch ziemlich kritisch. Sagen wir: Er schont mich nicht, nur weil ich seine Mutter bin (lacht).
Sie sind neuerdings eine echte Fashion-Ikone...
Neuerdings? Also bitte (lacht). Ich habe Mode immer schon geliebt. Das war nur nicht so offensichtlich, weil ich mich weniger extrovertiert gekleidet habe. Aber ich liebe es, in der Mode aus mir herauszukommen, etwas zu wagen, kühn zu sein und mich anzuziehen, als gäbe es kein Morgen. Und warum auch nicht? Es ist nie zu spät, sich auszudrücken und auszuleben.
Woher kommt Ihre Liebe zur Haute Couture?
Vielleicht, weil ich damals als jüngstes von 14 Kindern die Sachen meiner Schwestern und Brüder auftragen musste. Vielleicht, weil meine Familie sich lange keine teuren Kleidungsstücke leisten konnte. ich habe wunderbare Stylisten, Pépe Munoz und Sydney Lopez, sie haben einen mordsmäßigen Spaß daran, mich einzukleiden. Sie bringen mir die ganze Fashion Week ins Haus. Ich muss dann nur aussuchen.
Gehen Sie gar nicht shoppen?
Kaum. Nicht, dass mir das nicht gefällt, denn das tut es sehr wohl. Aber ich trinke mir lieber einen Kaffee, während die Stylisten mir ihre Vorschläge machen und verbringe die Nachmittage mich mit den Kindern und den Hunden. Außerdem stehe ich auf die Sachen, die ganz, ganz neu sind und noch gar nicht im Laden zu kaufen.
Céline, Sie sind nach fast 40 Jahren im Musikgeschäft so cool wie nie zuvor, kann das sein?
Ist das so? Wenn Sie das sagen, dann will ich das mal glauben. Aber es geht mir nicht darum, cool zu sein. Sondern in allen Bereichen meiner Karriere das Beste und Hochwertigste zu geben, das ich zu geben imstande bin.
Sie kommen im Sommer nach Europa. Welche Lieder werden Sie bei der Tournee im Programm haben?
So viele wie möglich. Ich werde alle Klassiker, alle Hits singen. Und dazu drei, vier, fünf neue Songs. ich freue mich jedenfalls unheimlich auf meine Konzerte bei euch im nächsten Jahr.
Céline Dion auf Tour
Der kanadische Weltstar geht auf „Courage World Tour“ und gibt am 17. Juni um 19.30 Uhr ein Konzert in der Olympiahalle in München. Karten für das Konzert gibt es im Ticketshop unserer Zeitung.