Veranstaltungstipps Interview

Loreena McKennitt präsentiert auf ihrer Tour viele Songs ihres umfangreichen Kanons sowie ihres zuletzt veröffentlichten "Lost Souls"-Albums. Foto: Richard Haughton

Loreena McKennitt ist seit mehr als drei Jahrzehnten sehr erfolgreich mit mehr oder weniger keltisch geprägten und meist recht ruhigen Folksongs. Sie tritt bald in Deutschland auf.

 
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Loreena McKennitt, ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt. Unser Interivew beginnt um 6 Uhr morgens.

Loreena McKennitt live

Die Sängerin und Songschreiberin gibt am 14. Juli um 19.30 Uhr ein Konzert auf Burg Abenberg. Karten sind im Ticketshop unserer Zeitung erhältlich.


Oh nein, keineswegs. Ich bin schon seit einer Stunde auf den Beinen. Das ist meine übliche Zeit. Ich bin eine extreme Frühaufsteherin, immer schon gewesen. Im Sommer ist es noch krasser, da bin ich ab 4.30 Uhr munter. Ich bin auf einer Farm aufgewachsen, mein Vater war Viehzüchter, ich habe das Ausschlafen nie wirklich kennengelernt.

Was machen Sie denn um diese Zeit?

Gerade bereite ich den heutigen Unterricht vor. Ich habe eine alternative Schule ins Leben gerufen, das Falstaff Family Centre. Dort unterrichten wir in einem Kollektiv aus mehreren Familien unsere Kinder, darunter auch meinen elfjährigen Adoptivsohn. Ich bin dort Schulleiterin und Lehrerin.

Was nehmen Sie gerade durch?

Das volle Programm. Mathe, Sprachen, Naturwissenschaften. Ich unterrichte natürlich nicht alle Fächer, wir haben mehrere Lehrer. In meinen Stunden sprechen wir momentan viel über den Klimawandel. Ich finde es sehr wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen die Zusammenhänge verstehen. Heute werden wir uns zum Beispiel eine Rede von Greta Thunberg anhören und eine Dokumentation über sie anschauen.

Machen Ihnen junge Menschen wie die 16-jährige schwedische Klimaaktivistin Greta Hoffnung?

Ja. Greta ist ein sehr starkes Individuum. Ich finde sie inspirierend und meine Schülerinnen und Schüler auch. Leider ist es so, dass die meisten erwachsenen Menschen auf ihrem Leben und ihren Gewohnheiten beharren und nichts ändern wollen, um den Planeten zu bewahren. In Nordamerika sind die Leute noch bequemer und ignoranter als in Europa. Gleichwohl kippt die Stimmung gerade. Viele Leute realisieren, dass sie nicht so weitermachen können wie bisher.

Sie haben ursprünglich Tiermedizin studiert, bevor Sie Musikerin wurden.

Ja, das ist wahr. Ich war immer schon vielfältig interessiert. Ich will immer neue Dinge finden, die mich faszinieren. Das macht das Leben spannend. Meine musikalischen und gesanglichen Fähigkeiten habe ich mir selbst beigebracht, ich hatte nie eine formelle Ausbildung.

Wie sind Sie überhaupt zur Musik gekommen?

Das ging sehr langsam. Mein Vater arbeitete als Viehhändler in Winnipeg und bat mich, ihn bei der Arbeit zu unterstützen. Also fütterte ich tagsüber die Tiere und half im Büro, und abends spielte ich in kleinen Clubs Folkmusik, zusammen mit Musikern, mit denen ich mich angefreundet hatte und die auf keltische Musik spezialisiert waren.

Und das Hobby wurde zum Beruf?

Genau. 1978 kam ich unter die ersten fünf bei einem Talentwettbewerb, und später zog ich nach Stratford, wo ich bis heute lebe, und wirkte beim "Stratford Shakespeare Festival" als Sängerin und Schauspielerin mit. 1985 kannte ich alle keltischen Folksongs auswendig und nahm mit dem Geld, das eigentlich für mein Studium vorgesehen war, mein erstes Album "Elemental" auf. Und ich begann, jeden Samstag vor dem St Lawrence Markt in Toronto zu singen, was recht gut ankam. 1991 tourte ich bereits durch ganz Kanada und schloss meinen ersten Plattenvertrag ab.

Sie singen mit einer engelsgleichen Sopranstimme, Ihre Lieder sind sanft und entspannend, dazu spielen Sie Piano, Akkordeon und Harfe. Was bewirkt Ihre Musik bei den Hörern?

Sie ist beruhigend und tröstend. Viele Menschen empfinden meine Songs außerdem als therapeutisch. Für mich selbst bedeuten diese keltischen Lieder viel mehr als nur eine Möglichkeit, meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Sowohl die Tiefe als auch die Lebensfreude dieser Lieder haben für mich etwas Hochansteckendes und Bewegendes.

"Lost Souls" ist Ihr erstes Album mit eigenen Songs seit zwölf Jahren. Was ist der Grund für die lange Pause gewesen?

Das Leben an sich. Die Schule, die Tourneen, die Pflege meiner Mutter, die 2011 verstarb - allen diesen Ereignissen habe ich bewusst viel Zeit gewidmet. Ich sehe mich nicht wirklich als einen Teil der Musikindustrie. Ich wuchs auf einer Farm auf, bin körperliche Arbeit gewöhnt und verbringe den Sommer zum Beispiel am liebsten beim Campen in der Natur. Die Fünf-Sterne-Hotels während der Tourneen weiß ich zu genießen, sie sind für mich wie Ferien, aber nicht mein Alltag. Und überhaupt toure ich nur noch maximal vier Wochen am Stück, um genügend zu Hause sein zu können.

Was dürfen die Besucher von Ihren anstehenden Konzerten erwarten?

Erst mal mich in bestmöglicher Verfassung. Während einer Tour versuche ich, jeden Tag eine halbe Stunde lang zu laufen und genügend Schlaf zu bekommen. Und dann werden wir fünf oder sechs Songs vom neuen Album spielen, dazu manches Stück, das sich die Leute von uns erhoffen, und ein, zwei Lieder, die ich noch nicht aufgenommen habe. Mit dabei werden sein mein Gitarrist Brian Hughes, die Cellistin Caroline Lavelle sowie drei weitere Musiker.

"Lost Souls" kam in Deutschland in die Top Fünf. Warum mögen die Deutschen Ihre Musik so?

Ich kann das nur vermuten. Die Deutschen blicken auf eine sehr reiche kulturelle Geschichte, sie schätzen sehr unterschiedliche Arten von Musik. Und in Manitoba, wo ich aufwuchs, lebt eine sehr große deutsche Auswanderergemeinde. Meine beiden Musiklehrer waren zum Beispiel deutscher Herkunft, meine Fasern sind also vollgesaugt mit der wunderbaren deutschen Musikkultur.

Das Gespräch führte Steffen Rüth

Das ganze Interview findet sich im Netz auf

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