Veranstaltungstipps Interview

Bis heute hat James Blunt mehr als 24 Millionen Alben verkauft. International hat der Sänger und Songschreiber an die 170 Platinplatten eingeheimst. Foto: Gavin Bond

Der Hit "You’re Beautiful" hat ihn vor fünfzehn Jahren reich und welt- berühmt gemacht: James Blunt. Jetzt geht der Brite mit neuen Songs auf Tour.

 
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James, Sie werden auch nicht wirklich älter. Was ist Ihr Geheimnis?

James Blunt auf Tour

Der Sänger geht auf "Once upon a Mind"-Tour und ist am 4. April um 20 Uhr in der Arena in Nürnberg zu Gast. Karten für das Konzert gibt es im Ticketshop unserer Zeitung.


Alkohol. Was denn sonst?

Zum Einreiben oder zum Trinken?

Zum Einreiben? Bitte. Nein, ich trinke ihn. Alkohol konserviert. Überhaupt führe ich kein gesundes Leben. Aber ein glückliches. Wenn ich in Deutschland bin, gibt es Bratwurst mit Fritten, alles andere wäre doch dumm.

Und trotzdem konnten Sie sich noch in die Klamotten quetschen, in denen Sie im Jahr 2004 im Video zu "You’re Beautiful" von der Klippe gesprungen sind und die Sie jetzt für den Clip zu "Cold" wieder herausgeholt haben. Wo war das Zeug in der Zwischenzeit?

Im Schrank. Die Sachen hingen im Kleiderschrank meines Hauses, das ich mir von dem "You’re Beautiful"-Geld gekauft habe, auf Ibiza. Sie passten glücklicherweise noch.

Damals waren Sie ganz neu im Geschäft, heute sind Sie ein etablierter Topstar. Dennoch sagen Sie, dass Ihr neues Album "Once Upon A Mind" eine Rückkehr zu Ihren Anfängen sei. Wie ist das zu verstehen?

Bei manchem, was mir seit 2004 widerfahren ist, fühlte ich mich wie ein Schiffbrüchiger auf hoher See. Teilweise kann dieses Leben hohl und ein bisschen leer sein. Sobald du Erfolg hast und ein Publikum, gerätst du in dieses Rattenrennen. Du willst nicht, dass es aufhört, und du hast den Druck, immer wieder etwas anzubieten, von dem du denkst, dass die Leute es mögen werden. Ich habe über die Jahre coole, oft unterhaltsame Songs gemacht, aber nicht hinter allen konnte ich persönlich bedingungslos stehen. Das ist auf "Once Upon A Mind" anders. Diese Platte habe ich, wie "Back To Bedlam", meine allererste, nicht für ein Publikum geschrieben. Sondern ausschließlich für mich selbst und die Menschen, die mir am nächsten stehen.

Als da sind?

Meine Frau, unsere beiden kleinen Jungs und mein Vater, der sehr krank ist. Ich war in den vergangenen Jahren sehr viel auf Tournee und hatte oft das Gefühl, meine Liebsten zurückzulassen. Dazu kamen Isolation und Einsamkeit - diese Emotionen waren mir früher völlig fremd.

"Cold" und auch "Champions" klingen wie zerknirschte Liebeslieder an Ihre Frau. Wie schwer hat sie es mit Ihnen?

Einfach ist es sicher nicht. Auch wenn ich von meinen Reisen heimkomme, kann ich nicht sofort auf Familienmodus umschalten, ich mute ihr sicher eine Menge zu. Und es ist auch hart, jemanden mit zwei kleinen Kindern ständig alleinzulassen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass wir ein phantastisches Team sind. Wenn wir zusammenhalten, kann uns nichts passieren.

Haben Sie Rituale, wenn Sie nach Hause kommen?

Nö, eigentlich nicht. Ich nehme alle in den Arm.

Sie sagen, "Once Upon A Mind" sei Ihr ehrlichstes Album seit dem Debüt. Warum war jetzt die richtige Zeit, daran anzuknüpfen?

Weil mein Vater jetzt dabei ist zu sterben und früher eben nicht. Weil ich früher keine Kinder hatte. Weil ich früher darüber schrieb, betrunken und high in einem Nachtclub zu feiern. Das war alles ein großer Spaß, ich liebte diesen Abschnitt meines Lebens. Aber diese Musik jetzt, die musste ich so schreiben, ich hatte gar keine andere Wahl. Und wer weiß, vielleicht erreiche ich gerade mit solchen, persönlichen Liedern mehr Menschen als mit den Party-Songs. Weil ich ja auch nicht der einzige Mensch auf der Welt bin mit kranken, alten Eltern oder kleinen Kindern. Ich bin nicht allein.

"Monsters", das Lied über Ihren Vater, ist wirklich sehr zu Herzen gehend.

Danke. Ich sage in diesem Text Sachen, die ich so nie mit ihm besprochen habe. Normalerweise führten wir solche sehr persönlichen Unterhaltungen nicht. Ich habe auch sehr lange gezögert, ihm den Song vorzuspielen. Ich war nervös. Irgendwann tat ich es doch. Er meinte nur "So ist es, Junge".

Wie war und ist die Beziehung zu Ihrem Vater?

Sie war immer exzellent. Als Familie haben wir stets zusammengehalten. Meine Eltern schickten mich aufs Internat, als ich sieben war, zu der Zeit lebten sie in Soest in Westfalen, ich kam nur in den Ferien heim. Der Möhnesee, an dem wir wohnten, war der beste Ort, den ein Kind sich wünschen kann. Im Winter habe ich auf dem See Eishockey gespielt, im Sommer bin ich geschwommen. Leider ist der Kontakt zu meinen Freunden von damals irgendwann eingeschlafen.

Was haben Sie von Ihrem Vater übernommen?

Er war auch bei der Armee, so wie ich später. Sowohl er als auch meine Mutter haben eine positive, zupackende Art, sie gehen die Dinge an, anstatt ewig zu lavieren. Diese Art habe ich auch. Ich bin ganz klar der Typ, der sagt: "Wir schaffen das." Ich bin ein Optimist.

Sie haben eine ausgesprochen lustige Internet-Präsenz und machen gern Späße, am liebsten auf Ihre eigenen Kosten.

Ja, ich liebe das. Warum soll ich mich denn so ernst nehmen, warum soll ich keine heiteren und positiven Beiträge liefern. Ich mache das inzwischen ganz bewusst, um mich der Aggression und der Bösartigkeit im Netz entgegenzustemmen. Denn die allermeisten Menschen sind vollkommen freundlich. Niemand käme auf die Idee, mich auf der Straße anzuschnauzen. Die Leute begegnen mir lächelnd und sagen "Hallo, schön dich zu sehen." Das Internet und die wirkliche Welt sind definitiv zwei Paar Schuhe.

Das Gespräch führte Steffen Rüth

Autor