Aktiv und Gesund Schäfchen zählen hilft kaum weiter

Ruppert Mayr
Schäfchen zählen hilft kaum weiter Quelle: Unbekannt

Nur schlecht geschlafen oder schon eine Schlafstörung? Der Übergang ist fließend. Anhaltende Schlafprobleme sollten medizinisch behandelt werden.

 
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Berlin - Der Mensch "verschläft" durchschnittlich etwa ein Drittel seines Lebens. Doch dieses eine Drittel ist überlebensnotwendig, ist wesentlich für die biologische und psychische Regeneration. Mangelt es daran, können erhebliche gesundheitliche Beschwerden folgen.

1. Was ist gesunder Schlaf?

Nach einer Expertenempfehlung sollte man bis ans Ende seines Lebens 7,5 Stunden pro Tag schlafen. Das sei gesunder Schlaf.

2. Was ist nur schlecht geschlafen, was schon eine Schlafstörung?

Gelegentliche nächtliche Schwierigkeiten beim Ein- oder Durchschlafen dürften noch kein Schlafproblem sein. Bestehen sie aber drei Mal in der Woche mehr als drei Monate lang, spricht man von Ein- beziehungsweise Durchschlafstörungen. Gehen sie mit Tagesmüdigkeit und sozialen und beruflichen Beeinträchtigungen einher, wird von einer "schweren Schlafstörung" (Insomnie) gesprochen.

3. Wie weit sind Schlafstörungen verbreitet?

Nach dem Gesundheitsreport 2017 der DAK-Gesundheit sagen 80 Prozent der befragten Erwerbstätigen, sie hätten hie und da "Schlafprobleme". Das seien 66 Prozent mehr als 2009. Unter "schweren Schlafstörungen" leide jeder zehnte, ein Anstieg von 60 Prozent in den vergangenen sieben Jahren. Selbst er habe einen solchen Anstieg nicht erwartet, sagt der Schlafexperte von der Berliner Charité, Ingo Fietze.

4. Was kann zu Schlafstörungen führen, wohin können sie führen?

Ständiger nächtlicher Lärm kann den Schlaf erheblich beeinträchtigen. Nach der dritten durchlittenen Nacht, sinkt die Leistungsfähigkeit im Job. Auch ein unregelmäßiger Lebensstil mit wenigen Schlaf- und Erholungsphasen - sei es bei der Arbeit, sei es in der Freizeit - kann letztlich zu Schlafstörungen führen. DAK-Chef Andreas Storm erläutert: "Im Job nehmen schwere körperliche Arbeiten seit Jahrzehnten ab, psychische Belastungen hingegen zu." Dabei lässt sich eine gewisse Wechselwirkung zwischen psychischen Problemen und Schlafstörungen feststellen. Schlafstörungen können zu Depressionen oder Angstzuständen führen - und umgekehrt. Und letztlich sind auch chronische körperliche Beschwerden wie Bluthochdruck oder Diabetes möglich.

5. Wie sieht die Versorgungssituation für solche Patienten aus?

"Dramatisch schlecht", sagt Fietze. Deutschland brauche eine neue Facharztgruppe, den niedergelassenen Schlafmediziner. "Es fehlt der primäre Ansprechpartner." Auch die Zahl der Schlafzentren sollte aufgestockt werden, zumal sich diese vor allem mit Atemstörungen beim Schlafen beschäftigen. Und es bedürfe mehr Aufklärung über Schlafprobleme und mehr Prävention in Schule und Beruf, sagt Fietze.

6. Was kann ich bei Schlafstörungen tun?

Bevor man zur Schlaftablette greift, sollte man über sein Schlafverhalten nachdenken, Stichwort: Schlafhygiene. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin rät unter anderem: Jeden Tag um dieselbe Zeit aufstehen, nur Schlafen gehen, wenn man wirklich müde ist, regelmäßig Sport treiben, vor dem Zubettgehen keinen Kaffee, keinen Alkohol und keine Zigarette mehr und den Mittagsschlaf vermeiden.

7. Was ist mit Medikamenten?

Jeder zweite Patient, der mit Schlafstörungen kämpft, besorgt sich Schlafmittel ohne Rezept, oft ohne fachmännische Beratung. Fietze beklagt, dass Apotheker zu wenig über die Mittel aufklären. Grundsätzlich könnten Schlaftabletten bei chronischen Schlafstörungen auch über einen längeren Zeitraum notwendig sein. Das sollte aber der Arzt entscheiden.

8. Was kostet die Gesellschaft das Problem Schlafstörungen?

Schlechter Schlaf hat seinen volkswirtschaftlichen Preis. Laut RKI belaufen sich in Europa allein die Kosten durch Einschlafen am Steuer auf mehrere Milliarden Euro jährlich. Die reduzierte Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz lässt sich kaum beziffern. Fehltage wegen Schlafstörungen nehmen zu, wenn auch bisher auf niedrigem Niveau: Sie stiegen um rund 70 Prozent auf 3,86 Tage je 100 Versicherten.