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Arzberg Es gibt auch gute Eier

Dem Frühstücksei sieht man leider nicht an, wie das Huhn lebt, das es gelegt hat. Foto: Archiv

"Bio" ist nicht immer wirklich "bio", aber das Lebensmittel Ei kann man auch vernünftig produzieren: So wie in Schlottenhof zum Beispiel.

 
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Arzberg - Der Betrug mit Bio-Eiern schlägt hohe Wellen. In Niedersachsen und weiteren Bundesländern sind Ermittler derzeit einem möglicherweise systematischen Betrug bei der Haltung von Legehennen auf der Spur: Rund 200 Betriebe stehen derzeit im Verdacht, Eier als Bio-Ware in den Handel gebracht zu haben, die gar nicht "Bio" sind. Sie sollen viel mehr Hühner auf engstem Raum gehalten haben als erlaubt, sowohl in der Freiland- als auch in der Käfighaltung. Wenn das stimmt, sind Millionen falsche Bio-Eier verkauft worden, die so nicht hätten ausgezeichnet werden dürfen. Falls sich der Verdacht bestätigen sollte, könnte den Betrieben die Zulassung entzogen werden.

Andrea Riedl aus Schlottenhof muss sich um gefälschte Bio-Eier keine Gedanken machen: Sie und ihre Familie wissen nämlich ganz genau, was in ihren Frühstückseiern und ihren Omelettes steckt. Sie wissen auch ganz genau, wie die Hühner leben, die diese Eier gelegt haben. Dazu reicht der Blick aus dem Fenster. Auf dem Bauernhof leben derzeit zwei Hühnervölker mit etwa 30 Tieren. "Wir halten braune Hühner, die legen braune Eier, und die essen wir am liebsten", berichtet Andrea Riedl.

Jeden Abend geht die Familie ganz traditionell mit dem Körbchen in den Hühnerstall und sammelt die gelegten Eier ein. "Ein Huhn legt normalerweise ein Ei am Tag. Das kann schon mal weniger sein, wenn es zum Beispiel sehr kalt ist." Die Tricks der Großbetriebe kommen für Andrea Riedl nicht infrage - dort wird nämlich den Hühnern oft einfach das Licht abgedreht, und wenn es wieder angeht, glaubt das Tier, ein neuer Tag habe begonnen und legt nochmal. Auf solche Hochleistungen kommt es Andrea Riedl bei der Hühnerhaltung aber nicht an: "Wir legen Wert darauf, dass es unseren Tieren gut geht."

Das zeigt sich schon in den Lebensumständen der Hühner, die zusammen mit ihrem Hahn den Hof bevölkern. Dieser ist übrigens ein sogenanntes "Deutsches Reichshuhn". Zusammen übernachten die Tiere in ihrem Stall, "wegen dem Fuchs", wie Andrea Riedl erklärt. Der interessiert sich nämlich brennend für das Geflügel. Im Stall haben die Tiere Streu auf dem Boden und reichlich Platz, "nicht nur eine DIN-A 4-Blatt große Fläche", betont Andrea Riedl mit Blick auf die grausigen Zustände in der Käfighaltung. "Wenn sie nicht im Stall sind, laufen unsere Hühner draußen frei herum. Da können sie scharren und picken und sich auch mal einen Wurm suchen." Dazu bekommen die Tiere Getreide und Schrot als Gemisch gefüttert, aber auch gekochte Kartoffeln oder Küchenabfälle. "Hühner fressen alles", erzählt Andrea Riedl, die findet, dass man an den Tieren auch Freude haben darf.

Nicht Freude, sondern vielmehr knallhart ums Geld dürfte es ihrer Meinung nach den Erzeugern beim aktuellen Bio-Ei-Skandal gegangen sein. Bio-Ware korrekt zu erzeugen, ist nämlich eine teure Angelegenheit, weiß sie aus eigener Erfahrung. "Wir waren früher selbst ein Bio-Betrieb", aber die sehr hohen Fixkosten seien für kleine Bauernhöfe kaum zu tragen. Deshalb wird am Ortsende von Schlottenhof jetzt nicht mehr offiziell nach Bio-Richtlinien gewirtschaftet. "Aber wir bauen unsere Kartoffeln immer noch ,bio' an, auch wenn wir sie nicht mehr als ,bio' verkaufen dürfen." Das Massedenken sei vermutlich das größte Problem in diesem Skandal, mutmaßt Andrea Riedl. Und sie könnte Recht haben: Die Erlöse der Bio-Branche stiegen 2012 um sechs Prozent auf 7,04 Milliarden Euro, wie der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) mitteilt. Damit erhöhte sich der Anteil am gesamten deutschen Lebensmittelmarkt auf 3,9 Prozent. Gleichzeitig stieg die Zahl der Bio-Betriebe aber nur um 2,6 Prozent - die Nachfrage ist also ungleich höher, als die Herstellungs-Möglichkeiten. tami


Deutschlands Hühnerhaltung in Zahlen

Insgesamt legten am Stichtag 1. Dezember 2012 rund 36,6 Millionen Hennen ihre Eier in deutschen Betrieben, das sind 7,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Sie legten im vergangenen Jahr zusammen rund 10,6 Milliarden Eier. In der Statistik erfasst werden Betriebe mit mindestens 3000 Haltungsplätzen.

Fast zwei Drittel der Hennen (26,8 Millionen) lebten in Bodenhaltung, an zweiter Stelle folgt die Freilandhaltung mit 5,4 Millionen (14,8 Prozent), an dritter Stelle die Käfighaltung mit 13,4 Prozent. Bio-Betriebe hielten 2,9 Millionen Legehennen, das entspricht 7,9 Prozent aller Tiere.

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