Arzberg Ude begeistert im Bierzelt

Von Tami Pohl

Wahlkampf in Hohenberg: Der SPD-Spitzenkandidat für das Amt des Ministerpräsidenten rechnet mit 56 Jahren CSU-Regierung in Bayern ab, zeichnet seine Vision von gleichen Lebensbedingungen - und spricht übers Erzgebirge.

 
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Hohenberg - Als sich Christian Ude gerade ins Goldene Buch der Stadt einträgt, spielen nebenan im Hohenberger Festzelt die "Krebsbacker" schon seit über einer Stunde - und der Aufkleber vom Ortsschild ist verschwunden. Jemand hatte darauf "Hohenberg im Erzgebirge" geschrieben, eine Anspielung auf Udes Versprecher, er kenne "die Luisenburgfestspiele im Erzgebirge".

Der amtierende Münchner Oberbürgermeister will bei der Landtagswahl im September zum neuen bayerischen Ministerpräsidenten werden. Nun hat er sich zwei Monate unbezahlten Urlaub genommen, "um endlich zu tun, was die CSU schon seit zwei Jahren auf Staatskosten macht, nämlich Wahlkampf". Er will den Wählern zeigen, dass er für das Amt geeignet ist, seine Positionen unters Volk bringen, und den Franken zeigen, dass er sehr wohl weiß, wo die Grenze zum Erzgebirge verläuft. "Wer sich noch nie versprochen hat, der werfe den ersten Stein", meint er und schiebt schelmisch nach: "Und wenn das das Einzige ist, was man mir nach 50 Jahren Engagement für die Sozialdemokratie, 20 Jahren als Münchner Oberbürgermeister und acht Jahren im Deutschen Städtetag vorwerfen kann, bin ich zufrieden." Gewichtiger als sein Fauxpas, den die CSU ausschlachte, sei wohl eher, dass selbige es nach 56 Jahren an der Regierung noch immer nicht geschafft habe, gleiche Lebensbedingungen im ganzen Land zu schaffen.

Das bringt dem Politiker Jubel ein - wieder, denn schon bei seinem Einzug ins Festzelt feiern ihn die Menschen mit Applaus, Sprechchören und Fahnenschwenken. Immer wieder beklatschen sie seine Aussagen, die Gäste hier hat Ude schon überzeugt. Und es sind viele. "Ich habe mich auf der Anreise nach der Einwohnerzahl Hohenbergs erkundigt", meint der Redner schmunzelnd, "demnach sitzt etwa ein Drittel der Bevölkerung hier versammelt. Ich muss zugeben, dass habe ich in München noch nicht geschafft." Dafür gibt es Lacher.

Doch weniger ist den Zuhörern zum Lachen zumute, wenn Christian Ude seine Abrechnung mit der Staatsregierung präsentiert. Er ruft den Menschen zu, dass sie sich zu Recht benachteiligt fühlten. Das sehe man auch an der Ansiedlungsagentur "Invest in Bavaria". "Lumpige sechs Ansiedlungen in Franken hat sie gebracht und 150 in Oberbayern. Man sollte sie gleich in ,Invest in Oberbayern' umbenennen", schimpft Christian Ude und legt nach: Ob Theaterfinanzierungen, Investitionsschwerpunkte im Landeshaushalt, Ausbau der Verkehrswege - es gehe nicht an, dass ständig nur eine Hälfte des Landes profitiere. Am Beispiel der Münchner Universitäten zeigt der ehemalige Mieteranwalt auf, welche fiesen Folgen das ständige Befeuern von Boombereichen hat, nämlich unbezahlbare Mieten und fehlende Wohnungen. "Warum kann man denn nicht in anderen Landesteilen Zweigstellen der Unis eröffnen?" Weil das die Staatsregierung so nicht wolle. Es sei Maskerade, wenn die CSU nun nach einem halben Jahrhundert behaupte, sie sei die ideale Partei für die Anliegen Frankens.

Wenn er Ministerpräsident werde, wolle er fränkische Politiker ins Kabinett holen, darunter Uli Maly, Volkmar Halbleib und Inge Aures. "Es müssen Franken entscheiden, was sich in Franken verändert."

Fast grantig wird Christian Ude, als er der CSU Taschenspielertricks in der Schulpolitik vorwirft: "In ihrem Bayernplan schreiben sie, dass jede rechtlich selbstständige Schule erhalten bleiben soll. Wie viele sind denn noch selbstständig? So geht das Schulsterben munter weiter!" Er wirbt für die Gemeinschaftsschule und für den Erhalt der Schulen im ländlichen Raum.

Er verlangt, dass der Ausbau des schnellen Internets nicht dem freien Markt überlassen bleibt. "Das ist im 21. Jahrhundert so wichtig wie das Telefon im 20., und diesen Ausbau hat aus gutem Grund die öffentliche Hand übernommen." Er verspricht ein Entschuldungsprogramm für Kommunen, die durch den Strukturwandel finanziell handlungsunfähig geworden sind. Und er sagt, dass die SPD schon seit Jahren auch in der Opposition Erfolge habe: Energiewende, Atomausstieg, ein naturbelassenes Donautal seien nur drei Beispiele, wie man sich gegen die CSU durchgesetzt habe.

"Wenn Sie wie 70 Prozent aller Bundesbürger für den gesetzlichen Mindestlohn sind, dann wählen Sie SPD. Wenn Sie für eine ernstgemeinte Energiewende sind, dann wählen Sie SPD oder die Grünen. Wenn Sie wollen, dass Gymnasiasten zwischen dem Turbo-G 8 und dem neunstufigen Abitur wählen können, dann wählen sie SPD oder die Freien Wähler. Aber wen Sie das alles wollen, dann wählen Sie SPD." Das reißt die Zuhörer von den Sitzen, klatschend und seinen Namen skandierend feiern die den Redner, als wäre die Wahl schon gewonnen. Zumindest Stimmen sind es nun.

Wenn Sie wie 70 Prozent aller Bundesbürger für den gesetzlichen Mindestlohn sind, dann wählen Sie SPD.

Christian Ude


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