Hof - Lebende zu porträtieren, nennt er "langweilig im Grunde", weil es die ganz normale akademische Zeichenschule erfordert. Lieber geht Stephan Klenner-Otto expressiv zu Werke und bringt das eigene Gefühlsleben mit ein. "Köpfe" toter Dichter und anderer Berühmtheiten - von Adolph Freiherr Knigge bis Adam Riese, zusammen 28 Stück - präsentiert der Radierer aus Neudrossenfeld, dem die FAZ soeben einen Artikel widmete, jetzt im Kabinett der Galerie im Theresienstein des Kunstvereins Hof.

Kurt Tucholsky, der vergeblich gegen rechte Tendenzen anschrieb, ist auf Klenner-Ottos Porträt bereits vom Tod gezeichnet; oben rechts deutet ein Bärtchen auf den Mann hin, der Deutschland ins Unglück stürzte. Auch andere Bildnisse werden durch Hinweise auf Mensch und Werk umrahmt: Leonor Fini, Malerin erotischer Fantasien, schmust mit einer Katze, bei Theodor Storm ist der Schimmelreiter auf Trab.

Besonders intensiv hat der Künstler zwei Dichter studiert, die Oberfranken eng verbunden sind: Jean Paul ("ein Geistesverwandter") und E.T.A. Hoffmann. Gleich vierfach ist in der Schau denn auch der Bestseller-Autor vertreten, der 1763 als Johann Paul Friedrich Richter in Wunsiedel geboren wurde. Neben sein Porträt ist das eines seiner Fiktionen, des Dr. Katzenberger, platziert, und dessen grausige Visionen - Land-Austern und Monster-Träume - erweitern die Schau zum Horrorkabinett.

Tatsächlich lebt sich Klenner-Otto, der in Kulmbach geboren wurde und dort dem großen Caspar Walter Rauh über die Schulter schaute, erst in seinen Illustrationen so richtig aus. Es lohnt sich darum, in den ausgelegten Mappen zu stöbern. Zu entdecken sind mehrfarbige Blätter voller Komik und Schrecken, die zeigen, dass Klenner-Otto, wie sein "geliebter Meister" Rauh, dem Hintergründigen, Brüchigen und Bizarren zugetan ist. Richard Wagners Werk interpretiert er mit Arbeiten wie "Wotans Raben" und "Siglindmund" auf ganz eigene Weise. Höchst erfindungsreich greift er in einem apokalyptisch geprägten Triptychon das Thema "Hoffnung" auf.

Es gibt einen lebenden Menschen, den Klenner-Otto gern und oft porträtiert: Der ist er selbst. Dabei rückt er die eigene Verletzlich- und Vergänglichkeit ins Bild: Die Anwesenheit von Spinne und Sense verheißt nichts Gutes. Doch der Mann wird, während die Ausstellung läuft, gerade erst 50. Arthur Seedorf, von dem parallel 44 Gemälde zu sehen sind (wir berichteten), wagte mit 68 noch den Neuanfang und schuf ein Spätwerk, das sich als sein Hauptwerk erwies.

Bis zum 1. November; donnerstags bis sonntags von 15 bis 18 Uhr.