Der Schriftsteller Maxim Biller bekannte im Spiegel, Woody Allen ungefähr seit 1979 nicht mehr gemocht zu haben. Wegen seiner Filme, besonders wegen „Manhattan“. Jetzt mag er ihn wieder. Wegen eines Buchs. Es heißt „Pure Anarchie“ und ist, laut Biller, das „beste, lustigste, traurigste der Saison“.

Das Buch enthält 18 Geschichten, die überwiegend von Versagern, von Losern handeln. Ein Gag-Schreiber soll Gebete schreiben für Geld; im vorletzten Text „Also aß Zarathustra“ wird Nietzsche als Verfasser eines Diätbuchs entdeckt; und von Aristoteles wird gesagt, dass er das Gewichtsproblem in wissenschaftliche Begriffe zu fassen versuchte: Der Umfang eines Menschen entspricht seiner Bundweite mal Pi.

Ungefähr seit 1972 habe ich Woody Allen gemocht. Ich fand „Manhattan“ prima und die meisten Filme, die er folgen ließ, auch. Die „Pure Anarchie“ hingegen, sein erstes Buch seit 20 Jahren, finde ich fad, tatsächlich so, wie mir, laut Biller, nach dieser Lektüre „ernste Sachen“ vorkommen müssen: gekünstelt. Aber gespannt warte ich auf Allens neuesten Film.

Woody Allen: Pure Anarchie. Kein & Aber, gebunden, 191 Seiten, 17,90 Euro.

Den Schriftsteller Botho Strauß habe ich, wie Woody Allen, seit den 70er Jahren gemocht. Wegen seiner Theaterstücke („Trilogie des Wiedersehens“, „Groß und klein“). Auch wegen seiner Novellen. Jetzt legt er eine neue vor, eine „Bewusstseinsnovelle“ mit dem Titel „Die Unbeholfenen“. Wiederum ist der Spiegel des Lobes voll: Volker Hage bejubelt ein Gedankenspiel um „eine hochgeistige Gesprächsrunde mit überraschendem Ausgang“.

Ein Mann besucht seine neue Freundin und findet bei dieser drei Geschwister und einen Ex-Liebhaber vor. Alle reden viel, wobei der Erzähler wunderliche Reflexionen und poetische Verflechtungen registriert. Hage entdeckt in dieser Prosa „eigenwillige Formulierungen für unsere unfassbare Gegenwart“. Doch mehr noch als eigenwillig mag sie dem Leser gekünstelt vorkommen, schlicht langweilig auch. Dialog-Zitat: „Die schönsten Frauen sind die mit Verachtung begabten. Ihr Körper ist die bewehrteste Grenze der Erde. An ihr zerschellen der niedere Geschmack, der billige Geist und die ruchlose Zeit.“

Der niedere Geschmack. Der billige Geist. Zu Anhängern von diesen beiden, wahrscheinlich, muss man sich zählen lassen, wenn man aufhört, Botho Strauß zu mögen.

Botho Strauß: Die Unbeholfenen. Hanser, 123 Seiten, gebunden, 12,90 Euro.