Der vornehme Rathaussaal war Hauptschauplatz der "tage für neue literatur in hof", die in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre von dem einheimischen Schriftsteller Claus Henneberg veranstaltet wurden. Aber einmal, 1968, wechselten die teils prominenten Dichter mit ihren Lesungen in eine Maschinenfabrik. Das passte in eine Zeit, in der heftig diskutiert wurde über die Funktion der Künste in einem sich wandelnden gesellschaftlichen Umfeld. Hans Magnus Enzensbergers "Kursbuch" verkündete damals den "Tod der Literatur", deren Folgenlosigkeit beklagt und deren Politisierung gefordert wurde. Um ihrem elitären Charakter entgegenzuwirken, vor allem aber um die Arbeit und ihre sozialen Probleme zu thematisieren, war bereits 1961 - genau heute vor 50 Jahren - in Dortmund ein "Arbeitskreis für künstlerische Auseinandersetzung mit der industriellen Arbeitswelt" gegründet worden, der sich später in Gruppe 61 umbenannte. Eines ihrer bekanntesten Mitglieder war Max von der Grün (1926 bis 2005), ein gebürtiger Bayreuther, der im Ruhrgebiet als Maurer, Hauer und Grubenlokführer arbeitete, ehe er mit sozialkritischen Romanen wie "Irrlicht und Feuer" und "Stellenweise Glatteis" sensationellen Erfolg hatte. Auch Günter Wallraff gehörte dazu; er lieferte in "unerwünschten Reportagen" authentische Einblicke in die industrielle Arbeitswelt. Aus der Gruppe ging in den 70er-Jahren der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt hervor, der noch heute Werkstätten in mehren deutschen Großstädten unterhält. Bis 1988 erschienen im Taschenbuchverlag S. Fischer 60 Titel des Werkkreises, die insgesamt mehr als eine Million Mal verkauft wurden. Ein Pendant zu dem Werkkreis gab es in der DDR. Von seinem Betrieb in Sachsen, in dem er als Montage-Arbeiter und Heizer tätig war, wurde beispielsweise 1967 der spätere Büchner-Preisträger Wolfgang Hilbig in einen "Zirkel schreibender Arbeiter" delegiert. Allerdings schloss man ihn bald wieder aus, weil seine Gedichte auf Unverständnis stießen.