Hof Bayerns einziger Oppositioneller

Isabel Wilfert
Das Gegenteil von Markus Söder: der bekennende Anarchist Hans Söllner. Foto: Wilfert

Der gesellschaftskritische Liedermacher Hans Söllner spielt in der Bürgergesellschaft. Es wird deutlich: Er hat noch lange nicht ausgegrantelt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Hof - Wenn der bayerische Liedermacher Hans Söllner in gewohnt systemkritischer Manier in der Hofer Bürgergesellschaft spielt, ist der Saal mit seinen 420 Plätzen - natürlich - ausverkauft. In seinem zweistündigen "Konzert und Seminar" gibt es neben Denkanstößen zum Konsumverhalten auch viel Platz für Lustiges, Amüsantes und Wissenswertes: zum Liebesleben von Hühnern etwa oder zu den Vorzügen des Schottenrocks.

"So nah an der Grenze hab ich lang nicht mehr gespielt", witzelt Söllner zum Einstieg. "Ich habe eine Auflage vom Bundesdrogenkartell bekommen, das Publikum darauf hinzuweisen, dass ich immer zu Konzertbeginn unter Drogen stehe", warnt der bekennende Marihuana-Konsument noch, bevor er mit dem Lied "I schrei" einen musikalischen Aufruf gegen Pelztierfarmen startet.

Zwischen seinen Beiträgen an Gitarre und Mundharmonika spricht sich Söllner - als der Rebell und kritische Zeitgenosse, der er ist - immer wieder gegen jegliche Form des Machtmissbrauchs aus, egal, ob dieser sich gegen Mensch oder Tier richtet. So wirbt der gelernte Koch und Kfz-Mechaniker in seinem breiten Baierisch etwa für seine Spendenaktion "Büxn für Büxn" gegen Genitalverstümmelungen bei jungen Frauen in Afrika.

Natürlich greift der Anarchist auch das Thema CSU auf, deren Spitzenkandidat er als Typen bezeichnet, mit dem er nicht mehr warm werde. "Markus Söder kümmert sich jetzt um die AfD. Er will, dass sie verschwindet - damit die CSU wieder die radikalste Partei wird", glaubt Söllner zu wissen. Als "Bayerns einziger Oppositioneller" sieht er einen Zusammenhang zwischen Massentierhaltung und der CSU. Beides werde es gleich lange geben, denn "die fressen das Zeug". Der 62-jährige "kleine Sänger aus Reichenhall" sei jetzt Hühnerbeauftragter, weil die Menschheit nicht mehr zu retten sei, aber die Hühner vielleicht doch noch, indem man sie nicht mehr esse. Das sei leichter, als aufzuhören, seine Frau zu schlagen oder zu rauchen.

Söllner bezeichnete sich einmal als Mann, dem nichts ferner liege, als für irgendjemanden das zu sein, was er gerne hätte. Passend dazu singt er in Hof "Schamts eich ihr ruhig für mi (I scham mi a so für euch)". Dass er diese Botschaft seinen Kindern und Enkeln ebenfalls mit auf den Weg gibt, kommt zum Beispiel in Söllners Lied "Für meine Buam" zum Ausdruck. "Eigentlich wollte ich für jedes meiner Kinder ein eigenes Lied schreiben, aber dann sind es irgendwann zu viele geworden", gibt der Liedermacher augenzwinkernd zu. Ob die spätere Aussage "Manche Dinge braucht man halt, obwohl sie ein G'lump sind - Kondome zum Beispiel" damit zu tun hat, bleibt dem Zuhörer überlassen.

Fast alle Texte Söllners sind in bairischem Dialekt geschrieben. Dennoch singt er auch auf Hochdeutsch - an diesem Abend zum Beispiel gegen Unterdrückung oder gegen Terrorismus: "Damit es die richtigen Leute verstehen." In "Genug! Genug, es ist genug!" heißt es dann etwa: "Euer Gott ist eine Schaufel, eure Dummheit euer Grab.

Und wie lautet die zentrale Botschaft Söllners ans Publikum? "Befreit euch! Befreit euch von Hühnerfleisch! Befreit euch von Unterhosen! Macht irgendwas anders als bisher, probiert etwas Neues, seid kreativ und schaut, dass ihr vor euch selbst gut dasteht - nicht vor den anderen!"

Bilder