Oberfranken - Shall I compare thee to a summer's day? Thou art more lovely and more temperate." Ein wenig ratlos, aber gebannt lauschen die Schülerinnen und Schüler der Q11 am Hofer Jean-Paul-Gymnasium den Worten von Maniana Füg. Die Oberstudienrätin und Fachbetreuerin für Englisch sitzt auf dem Pult und rezitiert mit fester Stimme William Shakespeares Sonett XVIII. Fast so, als wär's ein Lied, folgt sie dem melodiösen Sprachfluss des Dichters - und fragt, natürlich auf Englisch, nachdem das letzte Wort verklungen ist, fast flüsternd,: "Hat das schon mal jemand von euch gehört?" - "Das ist von Shakespeare", weiß Raphael Gruber. Stimmt. Und sofort übernimmt die engagierte Lehrerin wieder: Nun heißt es, den einzelnen Gedichtversen moderne Paraphrasen zuzuordnen, bevor der gesamte Kurs - im Kreis sitzend - das Sonett Wort für Wort reihum laut vorliest. Was sich eben noch angehört hat wie Roboter-Gestammel, verbindet sich langsam zu fließender Sprache. Endlich ist es an der Zeit, dass sich der Englischkurs in zwei langen Reihen aufstellt - Jungs und Mädchen einander gegenüber - und jeder mit der shakespearschen Liebeslyrik direkt sein Gegenüber anspricht.

"Für mich ist es unverzichtbar, Shakespeare im Englischunterricht kennenzulernen - aber man muss ihn für die jungen Leute erlebbar machen", erklärt Maniana Füg. Das bezieht die Pädagogin nicht nur auf den Englischunterricht im Shakespeare-Jubiläumsjahr. Und damit steht sie nicht allein, wie sich auf Nachfrage bei den Englisch-Fachbetreuern an etlichen Gymnasien im gesamten Verbreitungsgebiet der Frankenpost herausstellt. Immerhin steht Shakespeare in der Q-Stufe (Qualifizierungsphase, wie die Oberstufe im G8 heißt) sowieso auf dem Lehrplan und wird an den meisten der befragten Schule in der Q11 behandelt. Zwar ist eine Erarbeitung von Einzelszenen oder Ausschnitten aus verschiedenen Dramen möglich; in der Regel aber wird ein vollständiges Stück gelesen, wobei "Macbeth", "Hamlet" und "Romeo und Julia" führen.

Dabei wird überall viel Wert gelegt auf die Einführung in das Welt- und Theaterbild des Elisabethanischen Zeitalters. "Dennoch ist zu beobachten, dass den Oberstufenschülern des G8 oft zwar nicht die Bereitschaft zur Beschäftigung mit Shakespeare, aber doch - zum Beispiel bei 'Macbeth' - das politische Bewusstsein fehlt, um die Bedeutung der Dramen einordnen zu können und ihre Themen auf heute zu übertragen", so Bernd Lippold vom Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium in Kulmbach. "Man muss Jugendlichen heute von vornherein vor allem klar machen, dass sie sich nicht an Äußerlichkeiten wie veralteter Sprache, Feudalgesellschaft, Schwertkampf, Hexenglaube, Giftmord stören dürfen. Dann können sie verstehen, dass Shakespeare seine teils genialen Analysen der Gesellschaft und seine Einsichten in die menschliche Natur für die Menschen seiner Zeit eben nur mit den Mitteln seiner Zeit vermitteln konnte", sagt Manuela Borkowski vom Luisenburg-Gymnasium in Wunsiedel.

Auch darin, dass sich die Schüler auf dem sprachlichen Niveau des G8 schwerer tun mit der Shakespeare-Lektüre als im G9, ist man sich weitgehend einig. Doch "wenn Schüler den Text verstehen, sind sie oft überrascht bis entsetzt von der Derbheit des Witzes und der Wortwahl", so die Erfahrung von Andrea Gläseke vom Hochfranken-Gymnasium in Naila. Um den Schülern die Aktualität des Dichters näherzubringen, besuchen alle Schulen, soweit möglich, Theateraufführungen shakespearscher Dramen, oder sie nutzen moderne Verfilmungen und Adaptionen. "Da es sehr gute Materialien gibt, kommen die Schüler mit den Stücken meist gut zurecht, weil sie entdecken, dass das Thema, das zum Tragen kommt, keineswegs verstaubt, sondern entweder sehr aktuell oder überhaupt zeitlos ist", bemerkt Evelin Fritsch vom Selber Walter-Gropius-Gymnasium.

Tatsächlich sind auch viele Schüler des Hofer Jean-Paul-Gymnasiums nach ihrer ersten Begegnung mit Shakespeare angetan von dem 450 Jahre alten Dichter - so etwa Thomas Göbbel: "Die Sprache ist zwar alt, aber ich mag seine Bilder und Vergleiche und empfinde ihn als zeitlos - er gibt einem auch heute noch was." Umso besser, denn für die Q11 geht es im Jubiläumsjahr direkt weiter mit der Lektüre des "Sommernachtstraums", begleitet von einem Workshop zur Produktion des Stücks am Theater Hof, wo die Komödie am 17. Mai Premiere feiert.

Aus der Werkstatt


Er gibt einem auch heute noch was.

Schüler Thomas Göbbel