Amberg - Als ehrlich und authentisch bezeichnet er selbst seine Kunst. Denn immer, sagt Günter Dollhopf, habe er "gemalt, was mit mir los war". Verletzungen sind seit jeher ein zentrales Thema des 1937 in Nürnberg geborenen Künstlers, der ein Vierteljahrhundert lang an der dortigen Kunstakademie als Professor tätig war. Sein Wohnort aber liegt schon seit 1960 im oberpfälzischen Amberg. Im Atelier neben dem Wohnhaus wurden früher Nutztiere gehalten. "Wir mussten 150 Hühner essen, damit ich Platz darin hatte", erzählt Dollhopf schmunzelnd. Heute stapeln sich Gemälde und Grafiken aus fünf Jahrzehnten in den Räumen, in denen der Künstler noch immer fast täglich an die Arbeit geht. Obwohl es ihm schwerfällt: Rückenprobleme machen ihm zu schaffen, die Kurbel seiner aus dem Jahr 1860 stammenden Lithopresse hat der Wirbelsäule Schaden zugefügt.

Spielerisch fand Dollhopf, dessen Vater Hobbymaler war, zum Thema seiner Bilder. Als Schüler machte er mit seiner Clique die Schwimmbäder unsicher: In Menschentrauben verklammert sprang man als "Mehrfachbombe" vom Sprungbrett ins Wasser. Der Junge hielt dies in seinem Skizzenbuch fest. Später ließ er sich von Höllensturz-Motiven der alten Meister Dürer und Cranach inspirieren. Aber fast alles, was vor 1968 entstand, wurde vom Künstler später verworfen. Ein Zufall half dann bei der Ausformung der typischen Dollhopf-Figur: In der Zeitung sah er ein Foto zweier Catcher, die so ineinander verschlungen waren, dass die Köpfe unsichtbar blieben. Dies brachte Dollhopf auf seine Weise zu Papier.

Eine "Mitschuld" daran, dass bald mehr daraus wurde, trifft Herbert Burger, einen Schwandorfer Kollegen. Der riet dem damals als Kunsterzieher an Gymnasien tätigen Freund: "Du musst reinhauen und was Tolles machen." Dollhopf weitete das Volumen seiner Figuren aus und färbte sie poppig mit knalligen Farben ein. 1971 feierte er mit den Body-Bildern erste spektakuläre Erfolge. Seine Arbeiten wurden als gesellschaftskritisch interpretiert. Die Süddeutsche Zeitung schrieb, dieser Maler zeige den Kampf als Grundform unserer Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft. Die Nürnberger Nachrichten entdeckten "Phantome und Monstren, die irdisches Spiel- und Sexzeug brutal zerstampfen".

Auch Hersteller von Sportartikeln interessierten sich für den Amberger. Er erhielt ein Angebot, als Zeichner zu Olympia nach Mexiko zu reisen; die Firma Berg, die Boxhandschuhe verkauft, erwarb einen Lithografie-Zyklus. Zu missverständlichen Deutungen trug Dollhopf selbst durch Bildtitel wie "Es lebe der Sport" oder "Der Große über den Kleinen" bei. Tatsächlich hatte er mit Botschaften nichts im Sinn. Er malte aus Lust, die Arbeit, bei der es ihm vorrangig um die Lösung von Formproblemen ging, bereitete ihm körperliches und geistiges Vergnügen. Heute sagt er, in jener Zeit habe er die Akademie-Ausbildung - von 1961 bis 1964 in München - hinter sich gelassen. Doch die Akademie holte ihn zurück. In Nürnberg bewarb er sich um eine frei gewordene Stelle und wurde angenommen. Von 1973 bis 1996 lehrte er als Professor für Freie Kunst und Kunsterziehung.

Als Künstler suchte er ab Mitte der 1970er-Jahre neue Herausforderungen. Nun malte er Wesen, die wie gewaltige Raumschiffe über Städten auftauchten, und kopflose Männer, die Haut mit leprösen Geschwüren bedeckt, auf altmodischen Sofas. 1980, nachdem er sich einer Krebsoperation hatte unterziehen müssen, hörte Dollhopf auf den Zeichner Horst Janssen ("Wenn du gesund werden willst, musst du in die Natur gehen") und kaufte sich ein Haus am Meer in Italien. Krankheitsbilder entstanden - Fensterbilder als Ausdruck stark eingeschränkter Mobilität und Rückenbilder, mit denen er die malträtierte Wirbelsäule thematisierte. Für einen Zyklus sogenannter Hackstücke schlug der Künstler auf großformatige Papiere ein, die er plastisch ausformte, verletzte und deformierte. Die Arbeiten wirken abstrakt und sind doch kenntlich als Abbilder des Menschen.

Im Spätwerk des Künstlers dominieren Malplastiken, oft als großformatige Triptychen, in denen sich Motive früherer Werkgruppen verbinden. Als Grafiker greift Dollhopf auf die pralle Formenwelt seiner "Body-Bilder" zurück. Weil er die Lithopresse nicht mehr bedienen kann, nutzt er die Möglichkeiten des Computers und des Digitaldruckverfahrens. Die Drucke überarbeitet er mit Kreiden, Farben, Grafit und Schmirgelpapier. Michaela Grammer, Autorin eines Katalogs der aktuellen Grafik, merkt dazu an: "Ein Alterswerk ist das nicht. Der Forscher Dollhopf ist einmal mehr Entdecker und Pionier."

Aus der Werkstatt


Ein Alterswerk ist das nicht.

Michaela Grammer, Autorin des

Ausstellungskatalogs


Ich habe immer gemalt, was mit mir los war.

Günter Dollhopf