Nach Oberfranken kam der spätere Schriftsteller erstmals, als die Familie 1943 daheim ausgebombt worden war. Coburg nahm die Timms auf - "ein bemerkenswerter Ortswechsel" aus dem "in Trümmern liegenden Hamburg". Obwohl Uwe Timm damals erst drei war, blieben ihm doch "sehr deutliche Erinnerungen" an die "kleine Stadt mit ihren unzerstörten Häusern"; auch leicht getrübte Erinnerungen an "dieses harte Fränkisch", dessen Wesen doch in Wirklichkeit darin besteht, jeden harten Mitlaut aufzuweichen. "Umgepolt" erlebte sich der Junge in Coburg: "Da den Kindern der Vorname Uwe nicht geläufig war, wurde die Mutter gefragt: Kommt die Uwe raus?" 2005 kehrte er nach Oberfranken zurück, für eine Poetikdozentur an der Universität Bamberg. Zu Hause aber ist der Autor, der in Hamburg heute vor siebzig Jahren zur Welt kam, in Berlin und München. Hier - und später in Paris - studierte er Germanistik und Philosophie. Stark sozialistisch politisiert, beteiligte er sich heftig an der Studentenrevolte. Schon 1971 machte er sich als Schriftsteller frei, im Jahr seiner Promotion, die er mit einer Arbeit über "Das Problem der Absurdität bei Albert Camus" erwarb. Das Absurde des Kriegs reflektierte er, teils vom Standpunkt des Kindes aus, 2003 in dem sehr persönlichen Buch "Am Beispiel meines Bruders": Der, sechzehn Jahre älter, trat 1942 freiwillig der SS-Totenkopfdivision bei und starb im Jahr darauf in einem Lazarett in der Ukraine. Zurück an die Orte einer Hamburger Kindheit führt auch die Rahmenerzählung zu Timms bekanntestem, in zwanzig Sprachen übersetztem, mittlerweile verfilmtem Buch "Die Entdeckung der Currywurst". Überhaupt gehören Erinnern und Kindheit zwingend zur "Buchstaben-Kosmogonie", zur literarischen Welterschaffung des Autors; was Wunder, dass er auch Geschichten für junge Leser ersann, "Rennschwein Rudi Rüssel" zum Beispiel, vier insgesamt - für jedes seiner Kinder eine.