Bayreuth

Wolfram Benda ist, was man einen Intellektuellen nennt: ein Bücherwurm und ein Büchermacher dazu. Schon als Junge war er fasziniert von Texten, jede Woche hat er fünf, sechs Bücher gelesen. Nach dem Abitur studierte er Anglistik, Germanistik und Philosophie, zum Dr. phil. promovierte er 1982 mit einer Arbeit über den britischen Politiker, Philosophen und Schriftsteller Lord Shaftesbury (1671 bis 1713), dessen Werke und Briefe er seit 1979 herausgibt. Die Sache ist langwierig, weil alte Handschriften mit Texten in vier Sprachen - lateinisch, griechisch, englisch und französisch - studiert, entschlüsselt und übersetzt werden müssen.

Ebenfalls 1979 hat Benda, der zum Lehrpersonal des Instituts für Anglistik und Amerikanistik der Universität Erlangen-Nürnberg gehört, einen Verlag für sogenannte bibliophile Bücher gegründet. Den ersten "Versuchsballon" startete er mit Jean Pauls "Luftschiffer Gianozzo". Der Roman, illustriert mit vier Kaltnadelradierungen des von Benda sehr geschätzten fantastischen Realisten Caspar Walter Rauh, der 1983 in Kulmbach gestorben ist, war in Schafhalbleder gebunden, die Auflage betrug 50 Exemplare und war bald vergriffen.

Sein Verlag heißt "The Bear Press", weil der Verleger anglophil und der Bär sein Lieblingstier ist. Kontinuierlich und ohne je kommerziell zu denken hat er das Unternehmen aufgebaut. Zunächst produzierte er jedes Jahr ein Buch, ab 1985/86 kamen Einblatt-drucke und später Sonderdrucke, die auch schon mal höhere Auflagen (bis zu 950 Exemplare) haben, hinzu. In jedem Fall ist Benda bemüht, Gesamtkunstwerke herzustellen: Alle Einzelteile - Text, Typografie, Originalgrafik und Einband - müssen so harmonieren, dass sie ein Ganzes werden. Handsatz ist bei der Bear Press selbstverständlich, und soweit es sich um fremdsprachige Texte handelt, werden sie - oft und gern von Benda selbst - möglichst werkgetreu neu übersetzt. Ins Deutsche übertrug der Verleger unter anderem Sachen von Flaubert, Balzac, Wilde und Borges.

Gesunder Menschenverstand

Auch das gute und kluge Nachwort ist ihm wichtig. Ohne germanistisches Brimborium und überdrehte Terminologie will er die Leser über den Autor und sein Werk informieren. "Ich bin ein Vertreter des common sense", sagt er, und das heißt auf Deutsch: des gesunden Menschenverstands.

Grundsätzlich druckt Benda, der sich einen "Puristen in jeder Beziehung" nennt, nur Texte, die ihm am Herzen liegen. Schiller zum Beispiel mag er nicht, und gar nichts hat er mit dem Mainstream im Sinn. Am liebsten sind ihm literarische Arbeiten, die noch nie veröffentlicht wurden, und weil er allen Dingen, die ihn interessieren, intensiv nachforscht, ist er immer wieder fündig geworden. Die Bear Press konnte mit Erstdrucken so bekannter Schriftsteller wie Friedrich Rückert, H.C. Artmann und sogar Jean Paul ("Bilder der Hölle") aufwarten.

Alle deutschen Gegenwartsautoren, die Benda liebt, sind in seinem Verlag mit mindestens einem Buch vertreten. Das gilt für Hans Henny Jahnn ("Nacht aus Blei") ebenso wie für Arno Schmidt ("Pocahontas"), für Wolfgang Hildesheimer wie für Günter Eich und Ror Wolf. Und was die Bilder zu den Büchern betrifft, wählt Benda ebenfalls nach Vorlieben aus, die zum Teil auf langen Freundschaften beruhen: Mehrfach vertreten sind die Künstler Eberhard Schlotter, Karl-Georg Hirsch, Klaus Böttger, C.W. Rauh und dessen in Neudrossenfeld lebender Schüler Stephan Klenner-Otto.

Genügend Interessenten für die Bücher der Bear Press gibt es durchaus. Die Kunst besteht darin, sie zu erreichen. Benda, der seit vielen Jahren einen Stand auf der Frankfurter Buchmesse und der Berliner Antiquariatsmesse bucht, hat sich eine Kundenkartei aufgebaut. Und obwohl er kein Freund der neuen Medien ist, findet er als Forum für die Präsentation das Internet toll.

Rock'n'Roll und Heimkino

"Ich bin ein monomanischer Sammler", sagt der Verleger. Nicht nur viele tausend Bücher sind in seinen Regalen geordnet. Auch der Bestand an Grafiken und anspruchsvollen Filmen auf DVD - darunter viele japanische und französische Klassiker - kann sich sehen lassen. Eher überraschend sind seine Teddybären-Sammlung ("Alles Bear-Press-Leute, meine Mitarbeiter") und die Musik-Kollektion: Benda liebt Rock'n'Roll und Country aus den 50er Jahren. Im Raum, der sein Heimkino beherbergt, lässt er die Besucher gern einen Song von Jerry Lee Lewis in voller Lautstärke hören. Wie gesagt, der Mann - ein Familienmensch, der seit dem Scheitern seiner Ehe das Alleinleben ausprobiert - will Spaß. Und dazu braucht er Dinge, von denen sich, wie von der "Bear Press", sagen lässt: "Davon leben kann man nicht, aber damit richtig gut."

- Vor der Haustür steht ein Fahrrad. Dr. Wolfram Benda benutzt es täglich. "Bei jedem Wetter", sagt er, "sogar wenn Schnee liegt." Fußball spielt er auch, seit 30 Jahren samstags auf dem Hartplatz neben dem städtischen Stadion in Bayreuth. Mit dabei sind Kumpels, die er zum Teil schon seit seiner Schulzeit kennt. Gespielt wird vier gegen vier oder fünf gegen fünf. In einem Fußballverein war Benda nie. "Ich will Spaß haben", sagt der 56-Jährige. "Training find ich stupide."