Bayreuth/Hof - Wenn Jacqueline Lochmüller durch das Gelände der Landesgartenschau in Bayreuth spaziert, bewundert sie die Blumenpracht, die schönen Anlagen - wie andere Besucher auch. Keiner sieht der grazilen Frau an, dass sie nebenher auch Mordgedanken hegt. Die gehören praktisch zu ihrem Alltag. Die Bayreutherin, die viele Jahre in Hof gelebt hat, ist Krimi-Autorin. Kürzlich ist ihr Roman "Fränkische Vergeltung" im Emons-Verlag erschienen. Die Landesgartenschau spielt darin eine ganz besondere Rolle.

Regionale Krimis sind derzeit sehr beliebt. Jacqueline Lochmüller lässt Kommissarin Benita Luengo in der Wagner-Stadt ermitteln. In ihrem ersten Buch "Die fränkische Verführung", das vor einem Jahr herausgekommen ist, hatte die quirlige Kommissarin den Mord an einem skrupellosen Unternehmer aufzuklären. Die Leiche war mit verbrannten Händen im Wald nahe dem Grünen Hügel gefunden worden.

Mordverdächtige gab es viele, auch die Kommissarin selbst war in den Fall verwickelt. Die Ermittlerin hat nämlich einen dunklen Punkt in ihrer Persönlichkeit, der sie manchmal in die Bredouille bringt: Sie ist Nymphomanin. Auch in ihrem neuen Fall kann sie ihre Leidenschaft nicht immer zügeln. Aber wenn es darum geht, dem Mörder auf die Spur zu kommen, entwickelt Benita Luengo ein besonderes Gespür. Unterstützt von ihrem Assistenten Julius lässt sie nicht locker, bis der wahre Täter gefasst ist.

So auch im neuen Roman: Da geht es um Stalking, Erpressung und um Immobilien. Einem alten Muttchen wird übel mitgespielt. Und dann ist auch noch der Stadtrat Dennis Meyer, zuständig für die Landesgartenschau, verschwunden. Mehr sei - der Spannung wegen - nicht verraten. Nicht nur Bayreuther werden in diesem Krimi auf vertrauten Wegen wandeln und so manche fränkische Eigenart an den Figuren entdecken.

"Was die Themenwahl betrifft, so verlasse ich mich ganz auf mein Bauchgefühl", sagt die 51 Jahre alte Autorin. Um Einfälle, die ihr oft blitzartig kommen, baut sie eine Handlung auf, lässt ihre Figuren agieren. Die entwickeln dann durchaus ein Eigenleben. "Julius zum Beispiel ist im zweiten Buch liebenswerter geworden", findet Jacqueline Lochmüller. "Anfangs war er der typische Assistent, ein wenig langweilig vielleicht. Jetzt tritt seine Persönlichkeit stärker zutage."

Warum aber ist Benita Luengo ausgerechnet eine Nymphomanin? "Ich mag zwiespältige Charaktere", sagt die Autorin. "Ihr Problem setzt die Kommissarin zusätzlich unter Druck. Das führt zu zwischenmenschlichen Verwicklungen." Außerdem hat Benita Schwierigkeiten, ihre Vergangenheit zu bewältigen. Ihre Familie geht ihr auf die Nerven. Nein - wirklich nett ist die Kommissarin nicht. Deshalb fühlt sie sich auch ihrer Schwester unterlegen, die stets perfekt ist und so handelt, wie man es von ihr erwartet. "Wenn alle nett wären, gäbe es keinen Krimi - schon gar keinen mit ausreichend Zündstoff", argumentiert Lochmüller. Das hört sich ganz danach an, als müsse da unbedingt ein drittes Buch folgen. "Ja, die Figur der Kommissarin ist noch ausbaufähig", stimmt die Autorin zu.

Mit dem Schreiben hat sie sehr früh angefangen. Schon in der Schule hatte sie den Kopf voller Geschichten. Bürokauffrau hat Jacqueline Lochmüller gelernt, dann heiratete sie und zog mit ihrem Mann nach Hof, wo er als Kaminkehrermeister tätig war. Zwei Töchter kamen zur Welt - sie sind heute 17 und 21 Jahre alt. Jacqueline Lochmüller spricht von einem ganz normalen Leben mit Familie, Kindern, Schule, Haushalt. Trotzdem schrieb sie damals schon Kurzgeschichten. Unter Pseudonym verfasste sie Heft-Romane.

Aber so richtig ging es mit dem Schreiben erst los, als sie nach der Trennung von ihrem Mann mit den Töchtern nach Bayreuth zurückkehrte. "Mein Ziel war immer das Buch", erzählt sie. Die Idee, es mit einem Regional-Krimi zu versuchen, kam vom Emons-Verlag. Aber auch in anderen Sparten hat sich Lochmüller schon versucht, meist unter Pseudonym. Von einem Irland-Thriller berichtet sie - "nichts für schwache Nerven" -, auch von erotischen Romanen. Drei Bücher von ihr sind in diesem Jahr auf den Markt gekommen. Das lässt auf viel Arbeit schließen.

"Ich stehe morgens um sieben Uhr auf, wenn meine Tochter aus dem Haus ist, und setze mich an den PC", beschreibt die Autorin ihren Tagesablauf im Reihenhaus einer neuen Wohnsiedlung nahe der Universität. Sie geht die Post durch, koordiniert die Terminwünsche, versucht, möglich zu machen, was irgendwie geht.

Dann steht Hintergrundarbeit auf dem Plan. Für einen Krimi recherchiert sie bei der Pressestelle der Polizei oder in medizinischen Instituten. "Das ist oft zeitaufwendig, aber nötig, um dem Roman Substanz zu geben." Schließlich will sie ihre Leser gut und spannend unterhalten. Den Plan der Landesgartenschau hat sie sich vorher genau angesehen und sich über den Immobilienmarkt informiert. Aber auch im ganz normalen Alltag findet Lochmüller viele Anregungen.

"Die Schriftstellerei ist ein hartes Brot", bekennt sie. "Drei Buchverlage und mehrere Zeitschriftenverlage zu bedienen - ein Knochenjob." Trotzdem auch ihr Traumberuf. Auch wenn sie oft arbeiten muss, wenn andere Feierabend haben, weil ihr Termine im Nacken sitzen. Auch wenn sie von einem langen, ungestörten Urlaub nur träumen kann. Auch wenn sie vom vielen Sitzen am PC Rückenschmerzen plagen. Auch wenn sie als Freiberuflerin zusätzlich noch jede Menge Büroarbeit erledigen muss.

Der Beruf ist ihr Hobby - für andere Dinge bleibt wenig Zeit. Nur ihre fünf Zwergpudel dürfen Jacqueline Lochmüller ablenken - und natürlich ihre Töchter. Entspannung findet sie auch beim Kochen oder Backen. Früher ist sie gern tanzen gegangen, doch dafür bleibt ihr kaum noch Zeit. "Ich möchte noch viele Romane schreiben und fände es besonders cool, wenn mal einer verfilmt würde", sagt sie.

Ihr Buch würde sie gern in Lesungen vorstellen - auch in Hof, wo sie noch viele Bekannte hat. Sicher wird man nächstes Jahr Neues hören vom Tatort Bayreuth. Und dann wird Jacqueline Lochmüller mit noch größerem Genuss durch die Mainaue streifen - mit ihren Pudeln: Die müssen wegen der Landesgartenschau derzeit nämlich draußen bleiben.

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Jacqueline Lochmüller: Fränkische Vergeltung. Emons-Verlag, 223 Seiten, 10,90 Euro, ISBN 978-3-95451-811-1

Ich mag zwiespältige Charaktere.

Die Schriftstellerei ist ein Knochenjob.

Krimi-Autorin Jacqueline Lochmüller