Leipzig - Es ist heiß, laut und stickig. Es wird geschoben, geschubst und gedrängelt. Und doch ist es wundervoll, einzigartig und kaum in Worte zu fassen: Ja, die Leipziger Buchmesse ist überwältigend. Egal, ob man hier zum ersten oder zum zehnten Mal ist. Ob man als einfacher Besucher, Verleger, Autor oder als verkleideter Comic-Fan herkommt - jeder wird hier von der geballten Energie mitgerissen. Anders als bei der großen Schwester in Frankfurt dreht sich in Leipzig alles weniger ums Geschäft und mehr um die Lesekultur. Die Leipziger Buchmesse hat mehr mit Festival als mit Messe zu tun. Alles ist in Bewegung. Die Besucher lesen nicht nur, sondern sie tanzen, malen und singen auch. Alles ist ein riesiges, literarisches Volksfest.

Unentdeckte Perlen

"Die Leipziger Buchmesse ist definitiv einzigartig", sagt Roland Spranger, Hofer Krimi-Autor und Glauser-Preisträger. Spranger ist zum dritten Mal als Autor auf der Buchmesse dabei und hat hier viele Termine. "Man ist hier ständig unter Strom", sagt er. Am Freitagmittag las er aus seinem aktuellen Werk "Elementarschaden". Anstrengend war es, weil man "extrem auf seine Stimme achten muss, weil es hier so laut ist", aber auch schön: "Es ist eine Ehre für mich, als Autor hier sein zu dürfen." Spranger hat einen kleinen, schlichten Stand in Halle 4. Im Vergleich zu Messeständen großer Verlagsgruppen, wirkt sein Auftritt winzig und man muss aufpassen, um ihn zu finden. Doch die Besucher finden ihn, sie strömen genauso zu den kleinen Ständen wie zu den großen, bunten. Viele Besucher kommen sogar extra wegen der kleinen Verlage und deren unbekannten Autoren zur Leipziger Buchmesse. Wie die 34-jährige Katja Richter aus Hof. "Es gibt viele unentdeckte Perlen unter Autoren und Büchern, die man erst hier wahrnimmt", sagt Richter. Die 34-Jährige fährt jedes Jahr zur Leipziger Buchmesse. "Mich interessieren große Verlage gar nicht, ich will lieber junge Independent-Verlage unterstützen", sagt die Hoferin. Wie die meisten Besucher fühlt sie sich ein bisschen überfordert mit den Veranstaltungen: "So viel passiert gleichzeitig, am liebsten würde ich mich vierteilen." An einem einzigen Tag finden mehrere Hundert Lesungen und Gespräche statt.

Eine eigene Subkultur

Banales Geplauder um neue Liebesratgeber buhlt neben einem politischen Gespräch zur Lage in Syrien. Nicht zu vergessen die vielzählig versammelte Prominenz, die zeitgleich ihre Bücher vorstellt. Während der ehemalige Skispringer Sven Hannawald beim Vorlesen seines Buches von Hunderten von jungen Frauen angehimmelt wird, pfeifen andere Besucher den Ex-Politiker Thilo Sarrazin aus. "Wir wollen dich hier nicht haben", schreien ein paar Männer, während der vorurteilspflegende Migrationskritiker aus seinem Buch zitiert.

Von all dem kriegt der Großteil der Besucher gar nichts mit. Die sogenannten Cosplayer kommen zur Buchmesse, um mit ihren aufwendingen Kostümen zu prahlen. Der Trend, sich wie die Figuren aus Manga-Comics, Zeichentrickserien oder Computer-Spielen zu verkleiden, kommt aus Japan. Zum ersten Mal hat sich die Leipziger Buchmesse in diesem Jahr dafür entschieden, den Manga-Fans eine eigene Halle zu geben. Mehr als 15 000 Quadratmeter stehen dort exklusiv dem Comic zur Verfügung. Die Manga-Halle wirkt wie ein Parallel-Universum. Da hüpfen barfüßige Feen und blutrünstige Monster. Da wird Bogenschießen geübt und Japanisch gelernt. Die Cosplayer scheuen kein Geld für ihre Outfits und ihre Anreise, so wie die 16-jährige Cecily Constantin und die 18-jährige Aline Kieslich. Die beiden sind extra aus Selb angereist. Und zwar stilecht in den Kostümen ihrer Lieblingshelden. "Hier taucht man in eine andere Welt ein", sagen beide Mädchen und weiter: "Man will gar nicht, dass der Tag aufhört."