Bayreuth - "Liebe ist nur Fantasie." Diesen wenig hoffnungsvollen Satz haben der Autor und Regisseur Uwe Hoppe und der Komponist Hans Martin Gräbner ihrer Semi-Oper "Wilhelmine" als Untertitel beigegeben. Einem Leitmotiv gleich durchziehen die Worte das Musikdrama über das Leben der Markgräfin. Die versuchte, in Bayreuth ein "zweites Arkadien" zu schaffen. Doch die Opfer, die sie dafür brachte, waren groß.

Die Produktion der Studiobühne Bayreuth, die nun ihre Uraufführung im Markgräflichen Opernhaus erlebte, zeigt das Leben der Markgräfin in einem Rückblick. Blass erscheint die sterbende Wilhelmine (Johanna Rönsch) auf der Bühne und lässt die Personen, an denen ihr Leben und ihre Liebe hingen, an sich vorüberziehen: den cholerischen, diktatorischen Vater Friedrich Wilhelm I. (Martin Betz), ihre ehrgeizige Mutter Sophie Dorothea (Alexandra Ackermann), die davon träumt ihre Tochter durch Hochzeit auf den Thron von "Engelland" zu heben, ihren Bruder Fritz (Arkadij Dell), Kronprinz von Preußen und späteren König Friedrich II. In der Rückschau erlebt sich die Markgräfin als junge Prinzessin von Preußen (Kristine Walther), die für ihre grenzenlose Liebe zum Bruder die Demütigungen des Vaters hinnimmt. Um den Bruder zu retten, akzeptiert sie die väterliche Wahl ihres künftigen Ehemannes Friedrich, Erbprinz und späterer Markgraf von Bayreuth (Waldemar Zimmermann). Entgegen allen Erwartungen liebt sie ihn und meint, in ihm die Erfüllung ihrer Sehnsüchte gefunden zu haben. Doch wie schnell vergeht die Liebe, als sie nach Bayreuth kommt, in die "verlotterte fränkische Provinz". Das Schloss ist marod, Schwiegervater Georg Friedrich Karl (Hermann Seifert) ein beschränkter Geist. Ihre Hofdame und anfängliche Vertraute Wilhelmine von Marwitz (Ute Zink) missbraucht ihre Zuneigung - und wird die Mätresse ihres Mannes. Einzig ihre Amme Frau von Sonsfeld (Elisabeth Mügge) steht ihr bei und enttäuscht sie nicht.

In Voltaire (Hartmut Thurner) schließlich findet sie geistige Verwandtschaft. Während ihr Gatte sich mit seiner Geliebten vergnügt, streift Wilhelmine mit dem französischen Philosophen durch den Hain von Sanspareil und träumt vom Einswerden mit der Natur. Eremitage, Sanspareil, Neues Schloss und Opernhaus werden für die Markgräfin zu Rückzugsorten, wo sie einsam ihre Wünsche realisieren kann.

Die Episoden werden auch durch die üppigen Kostüme von Heike Betz, das fantasievolle Bühnenbild von Daniel Reim lebendig. Eine "Semi-", also halbe Oper: Den Schauspielern stehen Rebecca Broberg (Sopran), Stefanie Golisch (Mezzosopran), Georg Schießl (Tenor) und Hartwig Adler (Bariton), der Zamirchor und das Orchester "Les Solists sans pareils" unter Hans Martin Gräbner zur Seite. Kommentierend illustrieren die Sängerinnen und Sänger das Geschehen und schlüpfen in verschiedene Rollen.

Immer wieder erklingt "Liebe ist nur Fantasie" als das prägende Lebensmotiv der Markgräfin. Gräbner schlägt in seiner Komposition durch Anklänge an die barocke Oper, an Richard Wagner und an die Neue Musik den Bogen vom 18. Jahrhundert bis in die heutige Zeit.

Ein paar Längen schleichen sich in die Hommage ein. Doch gelang sie der Studiobühne insgesamt so glanzvoll, dass sich darüber hinwegsehen lässt.

Weitere Aufführungen: 30. April, 1., 2. und 3. Mai, jeweils um 19 Uhr.