Fünfzig: eine runde Summe. Kann sie stimmen? Sollte es in der Literatur nicht viel mehr "Schlüsselideen" geben und die Menschheit insgesamt unzählig viele ersonnen haben?

Nicht dass sich der Spektrum-Verlag auf die griffige Zahl festlegen will. Er wählt sie der Übersicht über ein Wissensfeld zuliebe und nicht, um es erschöpfend abzugrasen. Denn die Texte der Buchreihe über jeweils "50 Schlüsselideen" wenden sich an den interessierten, für die Welt der Gegenwart und ihre Bezüge zur Vergangenheit aufgeschlossenen Zeitgenossen, nicht an den Fachwissenschaftler. Freilich haben Experten sie verfasst. So beschreibt der in England und den USA lehrende Philologe John Sutherland die Literatur nicht durch Werke und Autoren, sondern schließt ihr inneres Wesen fünfzigfältig auf; nach der Einführung in die "Grundlagen" (Klassiker, Das Übersetzungsparadox) setzt er die "Mechanismen" der Dichtung (Milieu, Kritik, Stil) mit deren "Werkzeugen" (Ironie, Verfremdung) und "Neuen Ideen" (Dekonstruktion, Sexus und Herrschaft) in Beziehung.

Vielleicht aber stammt ja das heimliche Basiswerk der Serie - zu der auch Titel etwa über Psychologie, Mathematik und Astronomie gehören - von Ben Dupré, der ihr bereits einen Band über die Philosophie beitrug. Von ihr - mit Begriffen wie Freiheit, Vernunft, Strafe - geht er nun neuerlich aus, um den Blick erst ins Transzendente zu versenken (Seele, Atheismus). Dann wendet er sich der Politik zu (Krieg, Demokratie, Feminismus), benennt mit Kapitalismus und Globalisierung zwei Hauptantriebs- und Zerstörungskräfte der Wirtschaft, berichtet über die Kunst, aber auch über deren Zensur und reist mit der Wissenschaft bis zum Urknall, dem letzten Abschnitt, zurück. Da hat man, irgendwie, alles in einem: faszinierend.

Aber staunen lässt nicht allein die Breite des Spektrums, in das die Autoren oft Überraschendes sinnvoll vereinnahmen. In gleicher Weise überzeugen ihre Erläuterungen der "Schlüsselideen" selbst. Auf jeweils vier Seiten, einem einheitlichen Layout folgend, handeln sie die Begriffe in gut durchschaubaren Gedankengängen ab und fügen in Kästen, durch Zitate und Zeitleisten schlaglichtartig Nebeninformationen hinzu.

Ein gewisser Optimismus durchweht die "Ideen"-Bände. Idealisieren wollen sie die Welt gleichwohl nicht. Auch "das Böse" kommt vor in ihnen, Faschismus und Rassismus, "literarische Lügen" und das Plagiat - Dinge, die man nicht tun sollte, Schnapsideen und noch weit Schlimmeres: Eingebungen, die besser nie gedacht worden wären. Michael Thumser

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John Sutherland: 50 Schlüsselideen Literatur; Ben Dupré: 50 Schlüsselideen der Menschheit. Spektrum Akademischer Verlag, jeweils 208 Seiten, gebunden, 24,95 Euro.