Einen Jux will er sich machen" - Der Titel seines, neben dem "Bösen Geist Lumpazivagabundus", bekanntesten Bühnenstückes kann auch als Beschreibung für Johann Nestroy selbst genommen werden. Ganz ernst hat der Sänger, Schauspieler, Dichter und Theaterleiter das Dasein wohl nicht genommen; davon zeugen nicht zuletzt Affären über Affären, die ihm, der als Geschiedener seine jahrzehntelange Lebensgefährtin und Managerin nicht heiraten durfte, nachgesagt werden. Von "schenkelklopfendem Humor" kann in seinen Stücken voll Witz und Tempo allerdings nicht die Rede sein; gemeint ist eher schon jener Spaß, der das Lachen im Hals stecken bleiben lässt. So wie Nestroy in seinen Possen - für die er wie kein anderer Bühnenautor steht - ohnehin Lächerliches noch ins Absurde steigert, vollzog er auch in seinem Schaffen mit zunehmendem Alter die Wandlung weg von schrillen Karikaturen hin zu die jeweilige politische Lage mit bissiger Satire entlarvenden Volksstücken. Damit und durch seine Fähigkeit, mit Worten scharfsinnig zu spielen, war er beim Publikum überaus beliebt und erfolgreich. Das probate Transportmittel seiner Kritik an Scheinmoral und Heuchelei von bürgerlicher Gesellschaft und Regierung, mit dem er die Zensur umging, waren Couplets. Deren Strophen improvisierte er, je nach Bedarf: ein Stand-up-Comedian, der seiner Zeit weit voraus war. Seine Biografen beschreiben den am 7. Dezember 1801 geborenen Wiener, der heute vor 150 Jahren in Graz nach einem Schlaganfall starb, als obsessiv-besessen; als einen der seine inneren Widersprüche nur auf der Bühne ausleben konnte. Dies tat der Spross einer wohlhabenden Familie, die ihn lieber als Jurist gesehen hätte, zunächst als Opernsänger in Wien, Amsterdam und Graz. Bald wandte er sich immer mehr dem Sprechgesang und dem Schauspiel zu; von 1826 an schrieb er sich seine Paraderollen selbst. Nestroy verfasste 83 Stücke, sein Repertoire umfasste 850 Rollen, und noch in den Monaten vor seinem Tod stand er auf der Bühne. Einer seiner Geniestreiche ist demnächst auch bei uns zu genießen: Die Spielzeit des Theaters Hof endet mit seiner Parodie "Tannhäuser und die Keilerei auf der Wartburg" (Premiere am 29. Juni im Studio).