Sie wurde nur fünfzehn Jahre alt und starb Anfang März 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen, vermutlich an Entkräftung nach mehreren schlimmen Krankheiten. Von ihrer Familie überlebte nur ihr Vater Otto Frank. Noch bevor 2015, siebzig Jahre nach ihrem Tod, die Urheberrechte an ihrem einzigen Buch erlöschen, streiten sich die maßgeblichen Hüter ihres Erbes schon heute, wer es wie nutzen darf. Da ist einmal seit 1957 die Anne-Frank-Stiftung in Amsterdam, die sich um das Hinterhaus in der Prinsengracht kümmert, wo sich die Familie Frank zwei Jahre vor den Nazis versteckte. Dorthin pilgern jährlich über eine Million Besucher und wollen die dunklen Kämmerchen sehen, wo das weltberühmte Tagebuch entstand. Gegründet wurde das Museum unter anderem von Otto Frank, um "den Kontakt und die Kommunikation zwischen jungen Menschen mit verschiedenen Kulturen, Religionen oder ethnischen Hintergründen" zu fördern und um "Intoleranz oder rassistischer Diskriminierung entgegenzuwirken". Mit den gleichen hehren Absichten gründete Annes Vater 1963 in Basel den Anne-Frank-Fonds als Wohltätigkeitsstiftung. Der Fonds hat das Urheberrecht inne, finanziert die medizinische Behandlung der "Gerechten unter den Völkern" und kümmert sich um die Erziehung der Jugend gegen Rassismus. Der Fonds war es auch, der das Theaterstück "Anne" in Auftrag gab, das erstmals Originalzitate aus dem Tagebuch auf die Bühne bringt. Das Stück, das in Amsterdam uraufgeführt wurde, soll nun um die Welt gehen. "Reinen Kommerz", befürchten die Gegner, und auch die Stiftung wetterte gegen die Vermarktung der Geschichte mit Prosecco und Snacks. Ob der erwachsenen Anne diese Verwendung ihres Tagesbuchs recht gewesen wäre? Vielleicht. Für die jugendliche war das rot-weiß-karierte Buch etwas Intimes: ein überaus wichtiger "Gesprächspartner" im Hinterhaus-Exil. "Kitty", wie sie es nannte, war ihr ein Trost, ja die Freundin, die sie nicht haben konnte; in ihr schrieb sie nieder, was sie umtrieb. Die Welt wäre ärmer, hätte die kluge, starke, lebenslustige Anne der "lieben Kitty" nicht ihre Gedanken anvertraut.