In den einschlägigen Lexika findet sich sein Name nicht; dennoch hat auch dieser Autor so etwas wie Weltliteratur geschaffen - in einer Gattung, die kaum die Aufmerksamkeit der Literaturhistoriker erregt: Eric Carle, heute vor achtzig Jahren geboren, errang mit Bilderbüchern internationale Bewunderung; seine wohl populärste Heldin, die "Kleine Raupe Nimmersatt" schlängelt sich seit vierzig Jahren durch unzählige Kinderzimmer. Über zwölf Millionen Mal verkaufte sich die Geschichte über den Kriecher, dessen Tagesration sich binnen einer Woche von einem Apfel zu einer schier unverdaulichen Speisefolge steigert: Durch "ein Stück Schokoladenkuchen, eine Eiswaffel, eine saure Gurke, eine Scheibe Käse, ein Stück Wurst, einen Lolli, ein Stück Früchtebrot, ein Würstchen, ein Törtchen und ein Stück Melone" knabbert sich die Raupe - und kriegt erwartungsgemäß schlimmes Bauchweh. Klüger geworden, lässt sie's tags darauf bei einem grünen Blatt bewenden, verpuppt sich - und erwacht wenig später zu neuem, prächtigem Schmetterlingsleben. In allen Farben schillern auch die Collagen, mit denen Eric Carle die Geschichte fantasievoll illustriert, Spaß und Belehrung wie beiläufig verknüpfend. Ähnliches unternahm er mit etlichen anderen Tierchen: Von einer Spinne über Fuchs, Käfer und Chamäleon bis hin zur Gummi-Ente tummelt sich mancherlei Viehzeug in seinen Büchern, wenn wohl auch keiner der possierlichen Helden sich bei den jüngsten Bücherfreunden so großer Beliebtheit erfreut wie die Raupe mit ihrem unstillbaren Appetit. Zum Grafiker ausgebildet wurde Carle in Stuttgart, wo er auch das Gymnasium besuchte. Als Sohn deutscher Eltern, doch als Amerikaner, war er in Syracuse zur Welt gekommen; 1952 kehrte er in die USA zurück. Dort, in Amherst, richtete er 2002 ein Museum ein: Denn auch Bilderbücher werden gelegentlich zu Kunst.