"Sind das alles echte Mörder?", fragten immer mal wieder die Kamerateams, die sich in der "Bundesjustizvollzugsmedienanstalt" die Klinke in die Hand gaben. Bauschs Antwort: "Andere haben wir gerade nicht da." Und: "Haben Sie", wollten die Redakteure wissen, "nicht auch ’nen Netten hier?" Na ja. Die "Netten", das sind die smarten Betrüger, auch die Junkies, die dem Knast ihr Leben verdanken. Zu den weniger Gutmütigen gehörte etwa Sigi, ein Dauer-Stänkerer und Ekel; einen Hammer beantragte er, "zum Totschlagen der Zeit", bis er einen hohen zweistelligen Millionenbetrag erbte: Neben viel anderem Luxus-Krimskrams erwarb er einen roten 250 000-Euro-Ferrari, in dem er sich Fahrstunden geben ließ. Bausch: "Wir dachten: Hoffentlich haut er ab." Gar nicht nett fanden die Gefangenen ihren Mithäftling Udo W., der sie brutal zu schikanieren liebte ("Das Schlimmste im Knast sind nicht Gitter und Schlösser, das Schlimmste ist der andere"). Zudem vertickte Udo Hardcorepornos, für die Handys der Zellennachbarn, gedreht mit einer Elfjährigen. Im Kraftraum hat eine Hantel, von unbekannter Hand geschwungen, Udos intimste Teile für immer zermalmt. Wer war’s? Wer weiß. Im Gefängnis, sagt Bausch, wird eisern geschwiegen. Und nirgends gibt es so viele Experten fürs Böse wie hier.
Solche Koryphäen sitzen auch schon mal vorm Fernseher zusammen und schauen "XY - ungelöst", fachsimpelnd: "Klar, wenn du den Zeugen leben lässt, hast du die Arschkarte gezogen." In solchen Anekdoten vermengt sich Bauschs grotesker Witz untrennbar mit dem grausig Abgründigen der Bluttat, die unter den Knackis mal als Heldenstück gefeiert, mal abgetan wird als "banal" und nicht der Rede wert. Gerade diese Spannung spiegelten die zwei spannenden Stunden in der Buchhandlung wider: vergnüglich wie eine pfiffige TV-Komödie, fesselnd wie ein "Tatort"-Krimi. Mindestens.
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Am 29. April ist Kritiker Denis Scheck in der Buchhandlung Rupprecht zu Gast." target="_blank">