Herr Weiler, an welchen Eigenschaften erkennt man ein Pubertier?

Nun, die haben eine gewisse Größe und Form. Aber: Das Verhalten ist entscheidend. Man erkennt es daran, dass die Badezimmer-Tür abgeschlossen ist - was sie früher nie war. Die Poster werden gewechselt: Pferde verschwinden bei den Mädchen. Die Jungs treten einen geordneten Rückzug an den Computer an. Da merkt man, dass sich etwas verändert. Und: Die Diskussionen werden lauter, das ist wichtig. Und sinnloser.

Wie kann man mit einem Pubertier kommunizieren?

Sehr wechselhaft. Die Kommunikation ist anstrengend. Vor allen Dingen ist das Pubertier ja nicht nur ein Pubertier, sondern es kann sich verwandeln. In ein Kommentier, in ein Diskutier, in ein Lamentier, in ein Boykottier. Und das verändert dann auch die Kommunikation.

Man weiß also nie vorher, mit wem man gerade spricht?

Eben! Vorher weiß man's nicht. Doch man kriegt es dann schon raus.

Ihr Buch "Im Reich der Pubertiere" handelt von der Pubertät Ihrer Kinder. Haben die beiden Ihnen das übel genommen?

Nein. Es sind ja auch nicht meine Kinder, sondern verallgemeinerte Kinder. Meine Kinder kommen in dem Buch nicht vor, deshalb haben sie auch kein Problem damit. Ich muss mir die Pubertier-Geschichten immer zusammensuchen, bei Freunden, bei uns, bei Nachbarn und so. Meine Kinder sind das nicht. Ich würde nie ernsthaft etwas aus ihrer Pubertät verraten. Natürlich kommen auch Dinge von unseren Kindern in den Geschichten vor, das ist ja klar, aber es gibt eine Grenze: Alles, was beschrieben wird, muss verallgemeinerbar sein und auf die Jugend als solche zutreffen. Wenn also mein Sohn in eine Handy-Abo-Falle tappt und dann ganz verschähmt ankommt, weil er sich da irgendwas eingefangen hat und wir plötzlich 17 Euro im Monat dafür bezahlen müssen, dann ist das verallgemeinerbar. Das betrifft ganz viele Jugendliche. Es passiert jedem Jungen irgendwann, dass er auf ein Foto klickt und plötzlich hat er so ein bescheuertes Abo abgeschlossen. So etwas kann man in der Kolumne aufgreifen, das ist kein Problem. Wenn er aber jetzt, sagen wir mal, Rheuma hätte oder Neurodermitis, also etwas, was Kinder auch stark stigmatisiert und was wirklich nicht verallgemeinerbar ist, weil es nur für einen winzigen Teil zutrifft oder sogar nur für ihn, dann ist es sofort nicht für die Kolumne. Weil: Dann würde ich von ihm etwas erzählen, was ich von anderen nicht erzählen könnte. Diese Frage nach der Verallgemeinerbarkeit der Themen stellt sich öfter. Und oft sage ich dann einfach: Nee, das ist nichts für die Kolumne, das mache ich nicht. Deswegen haben sich meine Kinder auch noch nie beschwert.

Lachen Ihre Kinder über die Geschichten?

Ja. Die können drüber lachen. Die Große war eben wieder mit ein paar Freunden im Volkstheater in München und hat sich mein Programm angesehen. Die fanden das lustig, es hat ihnen gefallen. Unser Sohn ist eher ein Snowboard-Typ, der kaum liest. Den interessiert das gar nicht groß. Auch die Vorstellung, dass sie in der Schule deswegen irgendwie Probleme bekommen könnten - das ist alles nicht der Fall. Die meisten ihrer Freunde gehen hier ein und aus, und die Geschichten sind nie ein Thema.

Hat sich durch Ihre Kolumnen und Bücher im Familienleben etwas verändert? Werden Kinder, Frau und die italienische Verwandtschaft vorsichtiger?

Nein, überhaupt nicht. Niemand ist vorsichtig. Weil ich eben alles, was ich mache, auch so weit von mir wegfiktionalisiere, dass es gar nicht rückführbar ist auf bestimmte Personen. Das juckt keinen hier. Und meine Kinder kennen es auch gar nicht anders: Die Kolmne gibt es jetzt neun Jahre. Als ich damit angefangen habe, war mein Sohn vier. Er hat mich in beruflichen Zusammenhängen bewusst nie anders erlebt. Nee, es gehört einfach zu unserem Alltagsleben, dass ich an einem der Arbeitstage meiner Arbeitswoche eine Kolumne schreibe - die ja auch nicht immer mit Pubertät zu tun hat. Sie heißt ja "Mein Leben als Mensch" und erscheint in der "Welt am Sonntag" und in "Bayern 2". Und in dem Rahmen gibt es auch andere Themen. Pubertät kommt da alle zwei, drei Wochen mal vor. Mal öfter, mal weniger oft. Schon alleine deswegen spielt das bei uns keine so übergeordnete Rolle, wie man vielleicht denkt. Aber ich kann mir schon vorstellen, wie das rüberkommt: Der Alte plündert sein Familienleben, erzählt einfach alles, was zu Hause passiert - und die Kinder müssen damit klarkommen, sonst gehen sie traumatisiert durch den Rest ihres Lebens. So ist es nicht.

Haben Sie sich in einigen der Geschichten selbst wiedergefunden?

Na klar. Das kommt öfter vor. Das ist auch ein sehr angenehmer Nebeneffekt. Durch diese Beschäftigung kommt die eigene Pubertät wieder zurück. Man erinnert sich an vieles, auch an viele Dinge, die mit Kümmernissen verbunden waren und mit Niederlagen. Man kann dann die Kinder eigentlich besser verstehen.

Was bedeutet für Sie das Familienleben? Täglicher Wahnsinn - den Sie aber mit Humor nehmen?

Muss man ja. Aber ich nehme auch nicht alles mit Humor. Der Erzähler in diesen Kolumnen ist viel abgeklärter, viel cooler, hat eine viel größere Distanz als ich. Ich bin kein Super-Vater, ganz im Gegenteil. Ich bin inkonsequent, auch mal genervt und ungerecht. Ganz normal. Wir nehmen den Wahnsinn mit genausoviel Humor wie andere Menschen. Oder besser: Wir nehmen ihn erst mal nicht mit Humor, und später sitze ich in meinem Arbeitszimmer und mir fällt dazu was ein. Dann wird es doch wieder Humor. Das funktioniert nicht von Anfang an. Es ist in unser Familienleben nicht automatisch eingebaut. Das ist ein Trugschluss. Es gibt auch Kinder - und Mütter, was ich immer sehr süß finde - im Publikum, die mich für den 1-A-Vater halten (lacht). Das ist aber nicht so. Die muss ich leider enttäuschen.

Müssen Ihre Kinder Ihnen oftmals die Welt erklären - und nicht umgekehrt?

Allerdings. Ja, das nimmt zu. In praktisch allen Schulfächern. Es ist bestürzend. Entweder ich habe es damals nicht richtig gelernt in der Schule oder es war nie Bestandteil meiner Schullaufbahn. Jedenfalls gibt es leider wahnsinnig viele Dinge, die ich ganz offensichtlich nie richtig kapiert habe. Furchtbar! Da stehe ich wirklich davor wie ein Schwein, das ins Uhrwerk glotzt. Ich habe keine Ahnnung, wovon die reden. Gerade naturwissenschaftlich bin ich - und war ich immer - eine totale Pflaume. Da kann es durchaus sein, dass mein Sohn oder meine Tochter mir erstaunliche Dinge nahebringen.

Auch in puncto Jugendsprache?

Bei Jugendsprache muss man vorsichtig sein. Ich verwende sie nie. Weil sie vielleicht in irgendeiner Region schon durch ist und die vielleicht schon längst was anderes sagen. Es ist einfach unbeschreiblich anbiedernd, wenn man das verwendet. Das können Jugendliche nicht ausstehen. Die Verwendung von Jugendsprache ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Ansonsten, klar, kriegt man natürlich mit, welche Youtube-Kanäle gerade schwer en vogue sind und welche Klamotten. Aber das ist - komischerweise - eigentlich langweilig. Wenn man sich diese Youtube-Channels dann ansieht, ist man ganz schnell draußen. Man sagt sich: Lustig ist es nicht, originell auch nicht; der Typ ist zwar irgendwie sympatisch, aber das gucken die sich dann zwei Stunden an? Nee, da bin ich ganz schnell raus.

Wenn Sie Ihre Kindheit betrachten und die Ihrer Kinder - was hat sich geändert?

An der Pubertät selber ändert sich gar nichts. Das ist weitgehend ein biologischer Vorgang. Aber das Drumherum ändert sich - und zwar dramatisch. Die Kinder haben es heute zwanzigmal so schwer wie wir. Ich bin Jahrgang 1967. Als ich Jugendlicher war, also etwa Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger, war das Weltbild ganz simpel. Es gab den Ost-West-Konflikt und darüber hinaus keine großen Themen. Es gab ein bisschen Umwelt, sauren Regen, Nachrüstung - und das war's. Dann gab es, im Grunde genommen, drei Parteien. Die Welt war einfach. Durch die Globalisierung und das Internet ist die Welt derart zusammengerückt, dass man jetzt jeden innenpolitischen Konflikt in Bolivien hier bei uns betrachten kann. Das setzt die Kinder unter einen wahnsinnigen Druck. Dadurch, dass alles so nah an uns heranrückt, sind auch Konflikte und Themen, die uns früher nicht so beschäftigten, heute riesengroß, wenn man das will. Jeden Konflikt, jedes Problem, jedes Thema können Sie durchs Internet vom Kleinsten ins Allergrößte verwandeln, innerhalb von Sekunden. Dann sind die Möglichkeiten zur sogenannten Prokrastination riesengroß, also zur Aufschieberitis. Wie konnten wir denn früher irgendetwas aufschieben? Wenn wir Mathe machen mussten, dann mussten wir Mathe machen. Wir haben dann vielleicht lieber eine Platte gehört und uns aufs Bett gelegt. Aber das war es dann auch schon. Das war schnell langweilig. Heute können Sie unter fünf Spielkonsolen und einer unendlichen Anzahl von Internet-Vergnügungen wählen. Vom Fernsehen mal zu schweigen, das interessiert die gar nicht mehr so. Da ist es viel schwerer, Prioritäten zu setzen. Viel schwerer als für uns. Es wird auch dauernd Mobilität verlangt. Es wird ihnen heute schon erklärt: Wenn ihr mal studiert, dann müsst ihr aber bereit sein, hierhin zu ziehen und dorthin zu ziehen und das und das dafür zu tun. Das war bei uns nicht so. Wir konnten uns das aussuchen. Das sind alles so Sachen. Oder: Die Kinder müssen heute 400 Millionen Praktika machen, bei denen sie ausgebeutet werden. Das war früher nicht so. Da hat man studiert oder eine Lehre gemacht. Und ein Praktikum hat man absolviert, um zu gucken, ob das was für einen ist. Und dann ging es rein ins Berufsleben. Ich bin ja auch bei der Deutschen Journalistenschule und habe da mit jungen Leuten zu tun. Da sitzen bei der Aufnahmeprüfung manche vor einem, die sind 28, aber die kommen einem vor, als hätten die schon zwei Leben durch. Mit Auslandspraktikum und hier gearbeitet und dort gearbeitet und diesen Master und jenes Diplom. Die tun mir eigentlich leid. Bei unseren Kindern wird es genauso sein. Die Chance, mal zu sagen "Ich mache eine Weltreise" oder "Ich mache so ein Dingsbums-Jahr irgendwo", die haben die gar nicht. Das ist gar nicht mehr gut angesehen, komischerweise. Weil die Leute so ein Turbo-Tempo vorlegen, dabei ist ihnen gar nicht klar, warum. Das hätte ja nur dann Sinn, wenn das Leben heute kürzer wäre als früher (lacht).

Und dann mit dreißig Burn-out.

Ja. Die haben schon Burn-out mit siebzehn.

Also war Ihre eigene Jugend einfacher?

Ja. Einfacher ja. Besser würde ich nicht sagen. Es gibt ja auch klare Dinge, die für eine Jugendlichkeit heute sprechen. Zum Beispiel in der Sexualität. Das ist ja bei Weitem nicht mehr so verklemmt, wie es bei uns noch war. Auch dank des Internets. Das ist mal das eine. Aber auch ganz praktische Dinge. Da, wo ich herkam, fuhr um 23.08 Uhr der letzte Bus. Und dann war bis zum nächsten Morgen um sieben Feierabend. Da fuhr gar nichts mehr. Heute gibt es in jeder Kleinstadt Nachtlinien. Die Infrastruktur, in der sich Kinder und Jugendliche heute bewegen, ist viel besser als früher. Und auch viel mehr auf Kinder und Jugendliche zugeschnitten. Wenn heute die Kinder nachts von München mit der S-Bahn nach Hause fahren, dann ist die ganze S-Bahn voll mit Jugendlichen. Das ist lustig. Fahren Sie mal nachts um zwei mit der S-7 von München raus Richtung Wolfratshausen: Da sitzen die alle drin. Das ist richtig witzig. Früher mussten die alle per Anhalter fahren oder irgendwie gucken, wie sie nach Hause kommen.

Am Land hat sich aber noch nicht viel geändert.

Okay, das kann sein. Das kann ich nicht beurteilen. Aber hier hat es sich geändert. So etwas gab es hier früher überhaupt nicht. Die Nachtlinien in München sind irgendwann in den Neunzigerjahren eingeführt worden. Davor gab es gar nichts. Da war nachts einfach Funkstille. Oder, zum Beispiel, auch der ganze Umgang mit Jugendschutz. Wenn die ausgehen wollten - meine Tochter wird jetzt schon bald 18, da hat sich das dann eh erledigt - dann gibt es sogenannte Mama-Zettel mit der Erlaubnis, bis dann und dann in einen Club gehen zu können. So etwas gab es früher überhaupt nicht. Da sagten die Eltern: "Du bist um neun zuhause!" Und dann war Ende. Heute können die schon richtig ausgehen - und sich dabei auch ausprobieren. Ich finde das super. Oder Sport. Früher gab's den örtlichen Sportverein, und dem war man dann auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Man konnte nur die Sportarten machen, die es in diesem Sportverein gab. Und dann war Sense. Heute gibt es so wahnsinnig viele Möglichkeiten. Auch dadurch, dass ja viele Sportarten in den vergangenen zwanzig Jahren überhaupt erst erfunden wurden. Das ist doch toll. Also: Es war nicht besser früher. Es war nur einfacher.

Haben Sie manchmal Mühe, ein Thema für Ihre Kolumnen zu finden?

Ja, aber das ist normal. Es gibt natürlich diese Zettelkästen, in denen man seine Ideen sammelt. Aber die verwerfe ich immer alle. Ich schmeiße so einen Zettel da rein - und finde die Idee sofort doof. Aber es gibt schon Mittel und Wege, zu Themen zu kommen. Das ist eigentlich kein Problem. Am Dienstagabend um 18 Uhr ist die Kolumne immer fertig.

Sie waren Chefredakteur beim SZ-Magazin, haben gekündigt, um freiberuflich zu arbeiten. Haben Sie diesen Schritt schon mal bereut?

Nee. Noch nie. Dieses Rumgesitze in Konferenzen, dieses Administrative, das man ja hat in diesem Job. Erst mal muss man die blöden Konferenzen leiten, auch wenn man echt keine Lust dazu hat. Und dann muss man vom Personalgespräch über das Budgetgespräch und den Jour fixe mit der Anzeigenabteilung diesen ganzen Kram machen. Für das Konzeptionelle und Kreative bleibt gar nicht so viel Zeit in dem Job. Es hat zwar unheimlich viel Spaß gemacht und es hat ein hohes Sozialprestige, aber diese Aufgabe ist auch von endlicher Schönheit. Jedenfalls für mich. Nein, ich habe es nicht bereut. Besonders nicht die Nicht-mehr-Teilnahme an Konferenzen. Man weiß ja immer schon, was jeder gleich sagt. Jeder Redakteur und Bildredakteur hat da ja eine Rolle, eine bestimmte Funktion. Und man weiß immer schon, wie der und der zu dem Thema steht. Und man weiß: Jetzt geht das Gemecker da und da drüber wieder los. Was mich dann am meisten aufgeregt hat, war, dass in den Konferenzen gegessen wurde. Das habe ich dann verboten. Ich bin ja kein sehr autoritärer Mensch, aber das habe ich irgendwann verboten. Die Vorstellung, dass da irgendeiner seine Tupperdose rausholt und anfängt, vorher zugeschnittene Möhrchen zu futtern, das hat mich wahnsinnig gemacht. Oder das Geraschel mit den blöden Bäckerei-Tüten. Davon werde ich irre. Irgendwann habe ich gesagt, dass ich das nicht will, dass ich das in Konferenzen ekelhaft finde. Ich sagte: "Esst vorher, und nachher ist sowieso Mittagspause, aber während der Konferenz wird nicht mehr gegessen. So!" Dann kam der Betriebsrat an: Kollegen hätten sich beschwert. Die Konferenzen seien manchmal doch sehr lange und deswegen würden sie vorschlagen, zwischendurch eine Pause zu machen. Und ich sagte: "Es gibt Leute, die sitzen da drin und machen die ganze Zeit Pause. Weil sie nichts beitragen." Solche Diskussionen musste man da führen. Da habe ich keinen Bock drauf. Ich bin ein kreativer Mensch, ich habe keine Lust, mich mit Leuten über die Beleuchtungsstärke ihres Arbeitsplatzes zu unterhalten. Oder über die Sitzhöhe oder die nicht vorhandenen Armlehnen auf irgendeinem Praktikanten-Platz. Da habe ich keinen Bock drauf gehabt.

Sie machen dann schon lieber Familien-Konferenzen?

Nein, auch nicht. Selten.

Sie machen jetzt auch Radio. Sie stellen nicht nur in "Bayern 2" Ihre neue Kolumne vor, sondern lassen die Hörer auch an Ihrer Musikwelt teilhaben.

Ja, genau. Ob die wollen oder nicht.

Macht Ihnen das Spaß?

Oh ja, das macht großen Spaß. Erst einmal gibt es einem die Möglichkeit, tief in seine Plattenkiste reinzutauchen und nach Schätzen zu graben. Sich mal einen ganzen Tag mit seinen Platten beschäftigen, das ist das eine, das viel Spaß macht. Das zweite sind die Texte. Die sind immer aktuell zur Nachrichtenlage. Ich versuche dann, für diese Nachricht das richtige Lied herauszusuchen. Und das macht schon sehr viel Bock. Auch das Produzieren macht viel Spaß. Dann wird es eben rausgetutet - und es hören ja doch viele Menschen. Und von denen gibt es dann Post, Zuspruch und Ablehnung. Komischerweise gibt es auf die Radiosendung mehr Post als auf die Kolumne. Die Kolumne gibt es ja schon ewig lange, aber Leserbriefe ... Es kommen schon jede Woche welche, aber häufig auch mit Fragen der Leser zu den Inhalten. Aber auf die Radiosendungen kommen viel intensivere Reaktionen. Da gibt es Leute, die das nicht mögen. Oder denen das zu politisch ist. Oder zu links. Keine Ahnung. Und die regen sich dann auf.

Aber grundsätzlich ist es doch gut, wenn man Reaktionen bekommt.

Ja, ja. Aber häufig sind negative Leserbriefe wenig inspirierend. Mich ärgert das manchmal. Wenn Leuten etwas gefällt, dann melden die sich eher weniger. Die Leute klatschen ja auch nicht, wenn sie aus dem Bus aussteigen. Wenn ihnen die Fahrt gefallen hat, dann nehmen die das für selbstverständlich. Sie haben die Fahrt bezahlt, steigen aus, der Busfahrer fährt weiter. Die Leute melden sich immer nur, wenn etwas an der Fahrt nicht so war, wie sie es erwartet hätten. Und bei Zeitungen und Zeitschriften ist das ganz ähnlich. Es kommt selten vor, das jemand schreibt: "Ich wollte Ihnen nur mal sagen, ich fand Ihre heutige Zeitung wieder sehr schön." Sondern die schreiben immer: "Ich bin seit 41 Jahren Abonnent dieser Zeitung, aber so eine Sauerei ..." Das ist immer so. Manchmal ist man überrascht über die Banalität der Beobachtung oder über die Einfachheit des Problems. Na ja.

Welche Musik gibt es in Ihrer Sendung zu hören?

Das ist sehr unterschiedlich. Es kann Elektro sein, es kann House sein, es kann Easy Listening sein. Oder irgendwelche alten Akkordeon-Nummern aus den Fünfzigerjahren. Es kann Punkrock sein, Independent, alte Schlagermusik aus den Sechzigern. Eben alles, was mir gefällt. Das ist die Bedingung. Würde ich etwas auflegen, was ich nicht mag, wäre das Zeitverschwendung. Was ich nicht mag, das ist volkstümlicher Schlager oder so etwas. Das würde ich nicht spielen. Das interessiert mich halt nicht.

Haben Sie "Die Toten Hosen" schon mal gespielt?

Die habe ich in der letzten Sendung gespielt. Mit einer alten Nummer, einem Spottgedicht über die Nazis aus den Zwanzigerjahren, das sie mal vertont haben. Das habe ich gespielt.

Was hat Jan Weiler mit den "Toten Hosen" zu tun?

Tiefe alte Freundschaft. Wir sind ja alle aus Düsseldorf. Man kennt sich ewig. Also wirklich: ewig. Und irgendwann hatten wir dann auch beruflich miteinander zu tun. Die kommen zu meinen Vorstellungen, wenn ich in Düsseldorf bin. Und ich gehe zur ihren Shows in der Münchner Olympiahalle. Wir kommen immer gegenseitig gucken (lacht). Und anschließend trinken wir ein Bierchen.

Das Gespräch führte Andrea Herdegen

Gut zu wissen

Jan Weilers lang ersehnte Fortsetzung des Bestsellers "Das Pubertier" erzählt, wie der Wahnsinn in der Familie weitergeht. Inzwischen hat es der Vater nicht mehr nur mit einem weiblichen, sondern auch mit einem männlichen Exemplar der Gattung Pubertier zu tun.

Jan Weiler liest am 14. April um 20 Uhr in Hof in der Bürgergesellschaft. Es gibt noch Restkarten.