Seine Aufgabe als Bühnenbildner sei es, sagt Jürgen Rose, den Darstellern Spielräume zu schaffen. Das - und viel mehr - ist ihm immer wieder auf großartige Weise gelungen. Sir Peter Jonas, ehemaliger Intendant der Bayerischen Staatsoper, lobt ihn als "den Einzigen, der in allen Fächern - Oper, Schauspiel, Ballett - nicht nur qualifiziert, sondern genial ist". Jetzt wird das Schaffen des bedeutenden Theatermannes, der an rund 300 Produktionen mitwirkte, in einem großformatigen, drei Kilo schweren Prachtband gewürdigt.

Rose, 1937 in Bernburg/Saale geboren, habe den Stil ganzer Bühnenpochen geprägt, schreibt die Journalistin Sibylle Zehle als Autorin des Buches. Ihr in sieben Kapitel - von "Im Garten" bis "Wagner" - gegliederter Text entstand auf der Grundlage langer Gespräche mit dem Künstler und seinen Weggefährten. Zu denen gehörten, gleich am Anfang, 1959 in Ulm, Berühmtheiten wie Peter Zadek, Peter Palitzsch und Johannes Schaaf.

Schauspieler wollte Rose damals eigentlich sein, aber weil er an der Berliner Hochschule der Künste ein Studium begonnen hatte, kam er auch als Bühnen- und Kostümbildner zum Einsatz, später führte er sogar Regie. Zusammen mit Hans Lietzau entwickelte er ab 1961 an den Münchner Kammerspielen eine eigene neue Ästhetik. Und 1968 nutzte Rose, der für jede Inszenierung Metaphern, Chiffren und Assoziationen zu sammeln pflegte, erstmals die offene leere Bühne als Theaterraum - ein Beispiel, das Schule machte. Zur Ausbildung des Bühnenbildner-Nachwuchses trug er dann von 1973 bis 2000 als Professor an der Stuttgarter Kunstakademie bei. Rose-Schüler, heißt es im Buch, treffe man heute überall auf großen Bühnen und Festspielen wie Salzburg und Bayreuth.

Er selbst gehörte nur zwei Mal zum Team der Wagner-Festspiele. Aber beide Male wurden es Theaterabende, die unvergesslich bleiben. Der "Tannhäuser" 1972 mit dem aus Ost-Berlin engagierten Regisseur Götz Friedrich machte Schlagzeilen als politischer Skandal - Franz Josef Strauß war empört -, um dann jahrelang zu laufen und zum Kult zu werden. Ebenfalls zunächst umstritten war 18 Jahre später der von Dieter Dorn inszenierte "Fliegende Holländer"; wenig später galt er, vor allem dank Roses sensationellem Bühnenbild, als Meilenstein des Musiktheaters.

All das lebt nun in der grandios illustrierten Biografie wieder auf. Im Anhang dankt Autorin Zehle dem Verleger Karl Gerhard Schmidt. "Die Liebe zu Wagner", schreibt sie, "verbindet uns seit Jahren; ein Buch über Jürgen Rose hätte schwerlich ein stimmigeres Haus als den Verlag für moderne Kunst finden können."

Ralf Sziegoleit

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Sibylle Zehle: Jürgen Rose. Verlag für moderne Kunst, 480 Seiten, gebunden, Großformat, 78 Euro.