Kunst und Kultur Kollektives Ausrasten an allen Fronten

Alina Juravel

In der rappelvollen Arena in Nürnberg beweisen die Broilers, warum sie zu den besten Live-Acts Deutschlands zählen. Da stört auch kein "Echo".

 
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Nürnberg - Eigentlich hätten die Broilers an diesem Abend ganz woanders sein müssen. Genauer gesagt gute 500 Kilometer weiter weg, im Palais am Funkturm in Berlin. Dort wurde am Donnerstagabend der "Echo" verliehen. Und die Broilers, nominiert in der Kategorie "Rock National", haben den Musikpreis auch tatsächlich gewonnen. "Trotzdem ist es uns lieber, heute hier zu sein", sagt Sammy Amara, Frontmann der Düsseldorfer Punk-Band.

Dass man die Band, trotz Chartplatzierungen, "Echo"-Preisen und ausverkauften Hallen, weiterhin als Punk bezeichnen kann, das ist Amara und seiner Crew wichtig. Vor 6000 Leuten in der Nürnberger Arena zieht die Combo das ab, was sie seit 1992 macht: einen druckvollen, energiegeladenen Streetpunk mit Ska- und Oi!-Einflüssen. Und auch wenn ihre Auftritte in großen Hallen nicht mehr den Hexenkesseln früherer Club-Konzerte gleichen, schaffen es die Broilers mit Leichtigkeit, authentisch zu bleiben.

Auf einer recht spartanisch eingerichteten Bühne und mit einer dezenten, aber effektiv eingesetzten Lichtshow, zeigt die Düsseldorfer Band, dass ihre Musik immer noch im Vordergrund steht. Keine Rockstar-Allüren, keine Spielchen und kein Schnickschnack. Souverän und mit sichtbarer Freude balancieren die Broilers zwischen Punk, Pogo und Pathos. Auf Liebessongs folgen hemmungslose Sauflieder, dann kommen engagierte Polit-Statements. Was die Broilers von Fremdenhass halten, macht Amara, Sohn eines Irakers, in seinen Ansagen schnell klar: "Ich will diese Scheiße hier nicht haben." Seine Aufforderung: "Lasst uns Menschen nach Taten bewerten, nicht nach ihrem Aussehen!"

Das Publikum - gemischt aus Punks, Rockabillys, alteingesessenen Rockern und Mädchen, die gut halb so alt sind wie die vor 25 Jahren gegründete Band - ist in seiner Begeisterung ebenso ekstatisch wie die Musiker auf der Bühne. Vor allem die vorderen Reihen verschmelzen miteinander zum kollektiven Ausrasten.

Nach mehr als zwei Stunden Vollgas ist Schluss. "Wir sehen uns bei 'Rock im Park', Nürnberg", verabschiedet sich Amara von der Bühne.